dritter tag hamm

heute war endlich der artikel über uns in der zeitung und wir hätten noch einige hilfe gebrauchen können. abends essen wir noch fein zusammen – und um neun uhr fühlt es sich am wie mitternacht (es wird um halb acht dunkel). dann werkelt noch jede an eigenen sachen herum – und mitten in meiner letzten beschäftigung schlafe ich ein, mit der brille auf der nase.

das ist das hauptquartier, wo ich jetzt sitze  – unsere quote war meistinnenhaft. und die methode ist neu – eine hybride form. da wir von mehr demokratie für dieses kampfsammeln kein geld bekommen, nutzen wir das geceta als andockpunkt für unsere wirkliche arbeit. wir kommen an menschen heran, die sich ohne ceta und schweinchen dick nie für den omnibus inter-essieren würden … und die, wenn sie zuhören können, am ende sehr dankbar für unsere arbeit sind.

nach der arbeit sind wir vor das „heinrich von kleist forum“ gegenüber vom hauptbahnhof gefahren und ich erinnere mich vage, daߟ ich hier schon einmal für mindestens eine nacht gestanden habe. morgen sollen wir auf einem kongreߟ über unsere erfahrungen beim volksbegehren gegen massentierhaltung in brandenburg referieren. brigitte & michael werden auch kommen. dann werden wir weiter sehen …

ungemütlich

über nacht hat sich unsere rose noch einmal prächtig erholt. wir stehen hier im schatten & im windkanal  – manchmal läߟt eine vorwitzige bö unter den steinen heraus ein paar flugblätter fliegen – da tobt die lebendigkeit selbst sich aus. das holt mich aus den schönsten träumen in die volle gegenwart.

der himmel war heute wild & vielfältig gestaffelt blauweiߟ, mit hingehauchten federn und lauter geballe & gebausche in unterschiedlichen geschwindigkeiten. drama – und im schatten war es deutlich kälter als zuvor. der herbst zeigt sich erst hier & da – gelbbraun und nicht von der sonne geküߟt. ich muߟ die dicke schwarze lederjacke anziehen und die ist schon ein wenig sperrig und quietscht. schon wieder eine neue taschenallokation.

zur aufheiterung schreibe ich in den letzten tagen vorwiegend mit meinem zartrosa stift von paul smith. das hilft. derweil liegt der goldene stift gut behütet in dem schönen etui von enoch.

an diesem zugigen ort kommt die arbeit nicht richtig in gang. im vorfeld habe ich darüber nachgedacht, ob ich hier auch ohne weiteres meine lieblingsmetapher „hammelherde“ einsetzen könnte, wo die stadt hamm heiߟt und das autokennzeichen ham. sie erwies sich dann als genauso wirkungsvoll wie überall. 

mich ekelt wirklich die besinnungslosigkeit, mit der alle nur gleich loscetarn wollen, ohne sich im geringsten mühe zu geben und mal wenigstens kurz innezuhalten in dem ganzen irrsinn & der hetzerei.

durch einen bürokratenfehler haben wir den platz wechseln müssen und stehen jetzt sogar etwas besser als vorher, allerdings auch mit frechen böen.

das ergebnis ist so lala, aber das trio geht richtig ab und summa summarum haben wir schöne tage … und lekkeres wo lang essen.

kino

in ahlen habe ich mit enoch das remake von „die glorreichen sieben“ angeschaut und mir vorgenommen, noch einmal das original anzuschauen, das mich als junggesellen begeistert hat. wieso gibt es gerade jetzt diese westernmanie? das ist eine mit viel blut & schweiߟ aufgeladene romantische form, die auf mich heutzutage seltsam entrückt wirkt.

„hateful 8“ von quentin tarantino, auf dessen erfolg die glorreichen sieben gerade reiten, war eine groߟe enttäuschung. die neuen „glorreichen sieben“ waren um klassen besser und technisch aus dem vollen geschöpft.

heute gab es dann ein double feature für das ganze trio:

„tschick“ von fatih akin, eine handwerklich hervorragende verfilmung eines überaus erfolgreichen jugendbuchs in der tradition von „nordsee ist mordsee“. da kann ich nur zufrieden applaudieren.

und dann, voll komplementär „der schamane und die schlange“, den ich schon einmal genossen hatte und den sofia & enoch noch nicht kannten. in wohltuendem schwarzweiߟ, voll konzentriert auf die protagonisten. frauen spielten in dem film keine rolle. nur wild überschäumende natur & gesichter. für mich eine willkommene vergegenwärtigung von „im bann der sinnlichen natur“, wie ein sinnendes blättern in dem buch. in nachdenklicher stimmung sind wir zum omnibus gelaufen, und die beiden sind ziemlich bald nach oben verschwunden.

 

wir sind übrigens inzwischen in hamm, neben einem sehr wuchtigen kirchturm, weit & breit keine steckdose.

ahlen in westfalen

mit enoch zusammen sind wir mit der untergehenden sonne im rücken nach ahlen gefahren. ich stellte fest, daߟ ich noch nie dort war (ich hatte das mit ahaus verwechselt und da war ich schon mehrfach). auf den ersten blick sah unser standort ganz malerisch aus – besonders mit dem frisch polierten goldenen gürtel.

bei unserem ersten erkundungsbummel trafen wir allerdings knapp hundert meter entfernt auf den für diese stadt einzig geeigneten platz vor der marienkirche – mittendrin im geschehen. wir haben sofort überlegt, ob wir uns doof stellen und einfach dort hinstellen sollen und leider beschlossen, auf dem vorgeschriebenen platz die nacht zu verbringen und am morgen ganz freundlich zu fragen, ob wir nicht auf diesen platz wechseln dürfen.

sie haben enoch, der am ende sogar persönlich ins rathaus gegangen ist, auf allen ebenen vertröstet und ohne wirkliches ergebnis zurückgeschickt, um uns dann am frühen nachmittag telefonisch mit völlig fadenscheinigen begründungen eine absage zu erteilen.

da paߟt dieses bescheuerte stadtwappen sehr schön: das soll wohl ein geflügelter aal sein. ha ha. da fällt mir gleich der hase von haߟfurt ein. 

aber dieses wundertrio ist immun gegen strukturelle gewalt. wir haben mühelos das beste rausgeholt und brigitte gebeten, uns nie wieder an diesen platz zu schicken.

und ich hatte gelegenheit, das wesen der westfälinnen zu erforschen. wir standen zwischen zwei gründerzeitmonstren, dem alten rathaus, in dem jetzt die volkshochschule untergebracht ist, und einem bis zum zerfall heruntergekommenen ehemaligen warenhaus mit diesem haupteingang:

darüber steht: „temporäres institut für erinnerungen“. das wetter war prima, auch als wir meist im schatten standen. die menschen waren freundlich und wir hatten schöne gespräche … und redakteurinnen beider tageszeitungen waren da. „coole hose“, sagte die eine zu mir.

alle haben uns bemitleidet und auf die stadtverwaltung geschimpft: „wieso stehen sie denn hier? – hier ist doch niemand.“ „die wollen das nicht, ist mal wieder typisch.“ wir haben unser sprüchebuch wieder angefangen und notieren die lustigsten blüten.

das neue trio

ich liebe trios – alle müssen voll da sein. am sonntag nachmittag ist enoch gekommen. wir sehen uns viel seltener als wir wollen, aber wir können uns jederzeit umstandslos kurzschlieߟen und sind sofort in einem hochinter-essanten austausch mit möglichst wenig überflüssigen worten. wow !!!

dieses mit den händen gemachte etui hat enoch mir aus florenz mitgebracht und damit voll mein herz berührt. mein goldener stift hat sehnsüchtig darauf gewartet. das nenne ich verbindung ohne physikalische begrenzungen – richtige feinarbeit.

und sofia & enoch gehen miteinander um, als würden sie sich schon immer kennen.

was besseres kann ich mir nicht ausdenken.

die fleiߟige sofia

sofia ist die fleiߟigste persona, die ich kenne und inspiriert mich ungemein: unter traumhaft schönen äuߟeren umständen sind wir beide am sonntag morgen aufgestanden, haben geruhsam & zufrieden gefrühstückt – und uns zu einem voll synchronisierten duo kurzgeschlossen.

und sie hat unvermittelt begonnen, den omnibus einmal wirklich gründlich zu pflegen. elektrisiert habe ich registriert, daߟ sie wirklich alles freigeräumt hat, selbst kleinkram & kinkerlitzchen, die wochenlang irgendwo rumstehen und zusammenklumpen. und sogar den ständer, an dem eine beuys-postkarte hängt: in der handschrift von joseph beuys steht da: „jeder griff muߟ sitzen“

das hat mir soviel freude gemacht, daߟ ich mich volle kanne in eine ballett-improvisation mit dem titel „reinigung“ gestürzt habe – sofia ist eine echte ballerina. als ich sie kennenlernte, ist mir als erste beschreibung „gazelle“ eingefallen. jetzt kenne ich sie viel besser und weiߟ, daߟ sie eine künstlerin ist. so schön graziös. wir waren in einem einklang, der umfassender war als wir beide. für mich endete der tanz damit, daߟ ich mit den fingernägeln kleine schwarze wachsreste zwischen den tränen des blechs herausgeporkelt habe. 

wir lachen viel und amüsieren uns köstlich. wir experimentieren mit telefühlie & gedankenübertragung, solange wir die gelegenheit haben. das kitzelt unsere fühlinnen & antennen.

wir können völlig entspannen & loslassen. für mich fühlt sich das an wie der siebte himmel ! danke, sofia – und wenn ich dir arbeit abnehmen kann, stehe ich stets bereit, voll zu diensten.

weithin strahlend

stand der omnibus vor der uni witten wie auf einer perfekt ausgeleuchteten bühne. wir waren mit allen verbindungen an die veranstaltung angenabelt und es war immer was los bei uns. 

am freitag abend habe ich mit freya stundenlang einen gefangenenchor von verdi, der so eine art inoffizielle nationalhymne von italien ist, mit einem gefangenenchor von schostakowitsch verglichen, mit dem dieser josef stalin lebensgefährlich gereizt hat. obwohl ich mit opern nichts anfangen kann, hat diese musikphänomenologische expedition die schönsten blüten getrieben und ein prächtiges gedankenfeuerwerk entfesselt.

nach dem vortrag von johannes haben wir im omnibus den zwanzigsten geburtstag von meinem lieblingsburschen mathias gefeiert. das „lieblingsbursche“ ist „hochachtungsvoll“ gemeint, ein wort, das ich niemals als floskel verwenden würde. ein freund von ihm war extra vom bodensee hochgekommen. freya & brigitte hatten lekkere torten gebacken und eine kiste mit geschirr & kuchengäbelchen angeschleppt. milch & honig flossen. sofia & ich haben ihm otl aicher’s grundlegende zwillinge angedeihen lassen, deren gemeinsamer lektüre wir so vieles verdanken.

das wetter war traumhaft schön und die gegenwart perlte sprudelnd & wohlgefällig dahin. das  pralle leben!

eddy merckx & koga miata

kilian & leon bildeten mit ihren überaus eleganten rennrädern unsere tänzelnde eskorte vom berliner platz zur uni witten, wo die anthroposophinnen sich versammelten …

links poliert jule den goldenen gürtel !!!

lebe wohl & machs gut, jule

jule ist jetzt offiziell „heldin der arbeit“, denn sie hat unter den blicken der anthroposophinnen den goldenen gürtel poliert und ihren audiovisuellen begabungen ein praktisches fundament geschaffen. das gefällt mir.

sie ist voll eingetaucht in die prickelnd lebendige atmosfäre zwischen den vielen junggesellinnen, die in den letzten tagen im omnibus schwärmten …

wir haben produktiv zusammen gesessen und um poesie gerungen und darum, wie die aktion mit den zugeklebten mündern unter dem goldenen fragezeichen viral in den alltag implementiert werden kann – losgelöst von zeit & raum. ich bin regelrecht hingerissen von dem potential, das sich in meinen sinnen entfaltet.

das nenne ich produktiv. ich bin voll dabei – allweilig.

jederzeit herzlich willkommen in der band, liebe jule