trio infernale




der dritte tag in düsseldorf begann mit einer naturkatastrophe: meine meistin kam kleinlaut, aber fest entschlossen die treppe herunter und verkündete, daߟ sie krank sei und nach hause müsse. und es herrschte erst mal totenstille.

dabei hatte ich schon von ihrem in wo lang geäuߟerten vorsatz, dieses mal mit ihren kräften zu haushalten, profitiert und nur mit ihrer hilfe die beiden sehr eigenartigen tage in düsseldorf überstanden. und ich wuߟte, wie sehr sie sich auf lüneburg & sofia & enoch & den richthof freute, und wie wohl sie sich in unserer band fühlte. ich muߟte akzeptieren, daߟ ich ihr nicht helfen konnte und habe mein maul gehalten.




und ihr buch, an dem sie gerade arbeitete, hat sie im omnibus liegen gelassen …

jetzt sind wir ein trio mit dem frischen moritz und der alten häsin gabriele, müssen oft an freya denken und hätten ihr so sehr gewünscht, den unglaublich lebhaften & intensiven dritten tag in düsseldorf miterleben zu können, der dieses trio (die drei tage) wirklich zu einer schönen runden sache gemacht hat.

düsseldorf: das war früher immer ein heimspiel gewesen: es wimmelte von alten freundinnen & bekannten & omnibus-protagonistinnen bis hin zu eva beuys und ihrem sohn wenzel. unter diesen umständen hätte ich mir aus einem groߟen angebot eine möglichkeit, zu duschen und mich zu rasieren, auswählen können.

ich war stoppelig wie räuber hotzenplotz und hatte, weil ich immer wieder barfuߟ lief, sehr schmutzige füߟe. weil die liebe freya aber sagte, sie fände meine bartstoppeln schön und ich sähe irgendwie weicher aus, habe ich ihr zuliebe alle pläne fahren gelassen und mir vorgenommen, die bartstoppeln als zusätzliche sinnesorgane zu benutzen, damit ich unter den seltsamen umständen besser meine arbeit machen kann.

ich war so geschockt & sprachlos von freya’s abgang, daߟ ich die anderen beiden um eine halbe stunde gebeten, die heizung im omnibus-bad angeworfen, mich ausgezogen, meine fuߟmassagematte in den putzeimer gelegt, diesen mit heiߟem wasser gefüllt und mich in diesem eimer stehend genüߟlich rasiert habe. tabula rasa.





und es begann ein unglaublich intensiver, reichhaltiger tag. mindestens drei menschen (noch ein trio) kamen wieder zum omnibus, weil ihre gespräche mit freya sie so tief berührt hatten, daߟ sie jetzt ganz offen und wissensdurstig hören wollten, was wir zu sagen hatten.

und lauter freundinnen & freunde kamen: z.b. menschen, die wir beim ringgespräch am donnerstag gesehen hatten und vor allen dingen johannes, der sich ganz viel zeit genommen hat, um einen gründlichen eindruck von unserer arbeit zu gewinnen und moritz & gabriele besser kennenzulernen.




alle hatten intensive gespräche und die zeit verging wie im fluge. auch ein prominenter streiter für die demokratie, hans-heribert von arnim, den ich mit dem omnibus schon einmal an der verwaltungshochschule in speyer besucht hatte, kam mit seiner gattin vorbei (das war allerdings am donnerstag und freya ist noch im hintergrund zu sehen). er hat sich für ein volk-foto in pose gesetzt und wir haben uns einvernehmlich für das lustigste bild entschieden.




er war gegenüber im hotel favor untergebracht, dessen fünf-sterne-toiletten wir während der tage alle benutzen durften – einmal kam eine asiatisch anmutende junge frau vom empfang extra zum omnibus herüber und sagte, daߟ es für sie eine selbstverständlichkeit sei, uns auf die toiletten zu lassen, auch wenn ihr chef das eigentlich verboten habe. und dann bat sie mich ganz freundlich, doch bitte schuhe anzuziehen, weil die überwachungskameras eben diesen seltsamen barfüߟigen mann aufgenommen hatten und dadurch die verwaltung überhaupt auf uns aufmerksam geworden war. ab da hab ich dann immer meine neuen leguanos angezogen. wir haben uns mit honig & einer schönen postkarte bedankt und uns wohl aufgehoben gefühlt …

am späten nachmittag haben wir geschmeidig unsere pläne über den haufen geworfen und uns entschlossen, die nacht zum samstag einfach auf diesem platz zu verbringen, statt im dunkeln 400 kilometer ins wendland zu fahren, wo freya uns einen wochenendplatz organisiert hatte.

nachdem wir dann wohlig geplättet die türen geschlossen haben, ist noch unser guter freund & groߟzügiger förderer norbert olah mit seiner portugiesischen freundin zelia gekommen, den ich seit jahren nicht gesehen hatte und haben bei einem feinen italiener in der altstadt fürstlich & lebhaft getafelt. norbert hat uns alle eingeladen.

so war es am ende wirklich ein schön abgerundeter aufenthalt in der landeshauptstadt, obwohl das quantitative ergebnis in düren besser war.

wunderbar – das trio infernale


groߟstadt

das sind die vorteile der groߟstadt: ich kann hier nachschub für meine erlesenen werkzeuge und kleidungsstücke finden:




und in erinnerungen an meine modezeit schwelgen …



(das sind die schaufenster von chanel auf der kö)


düdü



absurdes szenario: düren & düsseldorf sind totale antipoden, ohne dabei den dürenerinnen zu nahe treten zu wollen. das hier ist konsumwüste. wir stehen vor DER konsumkathedrale in der landeshauptstadt und alle analogen leitungen sind tot & gleichgültig.  so weit haben wir es getrieben:




unser quantitatives ergebnis war erbärmlich und viel schlechter als in düren, aber ich glaube, das sollte ich lieber nicht vergleichen, denn ich hatte – einfach, weil es hier viel mehr menschen gibt – einige vollkontaktperlen, die wirklich lebendig waren, auch wenn sie – um mal eine fuߟball-metapher zu verwenden – nicht ins tor getroffen haben.




die band ist eine traumbesatzung mit einem herzlich aufgenommenen neuling: moritz, der in wiesbaden zugestiegen ist. was freya bei wo lang über haushalten geschrieben hat, hat auch angenehm auf mich abgefärbt, denn ich habe mich gern durch den lebhaften & reichhaltigen austausch mit ihm vom schreiben abhalten lassen. 




die band hat einen ruhigen & kraftvollen groove, ich bin im vollbesitz meiner kräfte und völlig gelassen, weil wir im vollen vertrauen improvisieren und das beste herausholen können.  alle sind intrinsisch motiviert und wir sind in einem lebendigen, kurzweiligen und oft lustigen austausch und lernen viel voneinander.




um noch einmal auf die konsumkathedrale zurückzukommen: ich bekomme melancholische anwandlungen, wenn ich daran denke, wie viele dieser unglaublich leistungsfähigen smartphones unterwegs sind (also schon dinglich in der welt sind) und was wir bisher damit zustande gebracht haben und wie sie vorwiegend genutzt werden. was für eine sinnlose vernichtung von lebendigkeit und direkter sinnlicher erfahrung.

gleichzeitig haben meine digitalen kommunikationsgeräte eine qualität, die ich bei weitem nicht ausschöpfen kann, wenn ich sie verwende, wie sie angepriesen werden – das führt in die totale verblödung. bei allem, was mich im umgang mit ihnen weiter bringt, ist eine art zweckentfremdung im spiel, ich schleiche mich als unverwechselbares subjekt ein in die welt der nullen & einsen.



wahlhelfer

eine zerbrechliche alte dame kam zweimal zum omnibus … beim zweiten mal hat sie freya erklärt, daߟ sie ihre schreibhand gebrochen hatte und deshalb nicht die briefwahlunterlagen ausfüllen könne. freya hat ihr dann alles ausgefüllt und ich habe den zettel für sie ins bürgeramt gebracht …

da haben sich zwei gefunden

johannes & ich haben ein gemeinsames sternzeichen und sind im gleichen dorf aufgewachsen – deshalb wuߟte ich schon am abend, bevor sie sich kennengelernt haben, daߟ er & der graf ein tolles gespann ergeben würden. 

und so war dann auch ihr podiumsgespräch ein sehr gelungenes rheinisches duett mit einer schön ausgewogenen gliederung. beide hatten soviel freude aneinander, daߟ sie gleich beschlossen haben, weiter miteinander zu arbeiten. ich kann mir auch gut vorstellen, daߟ die gräfin & der graf bald mal bei den ringgesprächen auftauchen werden und werde johannes bitten, die beiden noch einmal ausdrücklich persönlich dazu einzuladen.

die biogartenmesse war für mich sehr inter-essant, weil ich zum beispiel erfahren habe, daߟ es jetzt auch eine  „regionalwert ag rheinland“ gibt. von der ersten „regionalwert ag“, die in der gegend vom kaiserstuhl entstanden ist, habe ich von jonathan erfahren, der sie in seiner masterarbeit untersucht und mir ein buch darüber empfohlen hat. jetzt denke ich darüber nach, für 600 euro eine aktie der „regionalwert ag rheinland“ zu erwerben, denn ich finde diesen ansatz sehr gut und die landwirtschaft ist eine meiner schlüsselfragen.

und dann gab es noch einen rheinländer: valentin thurn, dokumentarfilmer, journalist & autor aus köln, dessen filme „taste the waste“ und „10 milliarden – wie werden wir alle satt“ ich mit groߟer anteilnahme im kino gesehen hatte. im vorlauf zu seinem vortrag hatte ich mich bei ihm als der „omnibus-fahrer“ vorgestellt und wieder mal ist dieses miߟverständnis entstanden: als wir am späten nachmittag noch einmal in ruhe miteinander geredet haben, hat er erzählt, daߟ er statt „fahrer“ „pfarrer“ verstanden hat (ich hatte schwarze sachen an und nackte füߟe). er war leicht verwirrt bei dem versuch, den pfarrer mit meiner erscheinung in einklang zu bringen. wir hatten ein sehr lustiges gespräch. er hat in der stadt köln in einer konzertierten aktion den „ernährungsrat“ ins leben gerufen – noch so ein projekt mit groߟem potential.

last not least habe ich mir dann auch noch hirschsalami & wildschweinschinken besorgen können.

die biogartenmesse war also eine richtig schöne runde sache.



rheinisch-westfälischer adel

als anarchist empört mich spontan allein die vorstellung von „adel“. in schloߟ türnich bin aufs schönste weise eines besseren belehrt worden: ich habe wundervolle menschen kennengelernt, wirkliche aristokraten – feinsinnig & handfest & vornehm: die gräfin ist das westfälische element und der graf ist ein waschechter rheinländer, mit dem ich sofort ein herz und eine seele war. ihn habe ich unter ganz abenteuerlichen umständen getroffen, nämlich als wir im dunkeln mit endlosen winzigen rangiermanövern versucht haben, auf den schloߟhof zu fahren, ohne daߟ irgendwer wuߟte, ob wir überhaupt über eine alte steinerne brücke und durch ein enges und vielleicht zu niedriges tor passen würden.

inmitten einer aufgebauten & abgedeckt-schlafenden biogartenmesse – wir hätten zum beispiel mit unseren manövern wertvolle keramik zerdeppern können. 

es stellte sich dann heraus, daߟ die brücke beschädigt war und wir alle manöver rückwärts im dunkeln noch einmal machen muߟten, um auf einen improvisierten neuen platz zu fahren. als der graf mir bei meinen barfüߟigen lenkmanövern zugeschaut hat, hat er beruhigt gelacht & gestaunt und mir damit sehr geholfen, gleichmütig zu bleiben. als alles gelungen war, hat mir der rheinische klang seiner stimme den rest gegeben und wir haben uns prächtig verstanden.

bevor wir ins bett gegangen sind, hat sich noch der junge graf, der sich ganz unprätentiös als „severin“ vorgestellt hat, für einen tee zu uns gesellt, obwohl er bis über beide ohren mit einem abwasserproblem im keller des schlosses beschäftigt war und überhaupt der hauptverantwortliche für das ganze geschehen dort. er hat uns von dem ungeheuren millionenprojekt erzählt, das er begonnen hat, ohne genau zu wissen, wo die millionen herkommen können. ich habe ihn gleich bewundert. und er hatte das gleiche rheinische temperament wie sein vater, bei dem mein herz weit aufgeht. 

leider gibt es von ihm kein volkfoto: ich habe es nicht übers herz gebracht, ihn damit zu behelligen.



die gräfin habe ich erst am sonntag kennengelernt – und mit ihr habe ich mich nicht weniger gut verstanden – eine wunderschöne donna, vor der ich mich jederzeit verneigen würde.

morgen mehr, denn das war noch lange nicht alles.



wie ein säugetier im wasser



zurück im heimischen element fühle ich mich nach diesem ersten „normalen“ arbeitstag – und mein aufenthalt an der luft hat mich mächtig in schwung gebracht – jetzt fahre ich freudig alle tentakel & antennen aus. mitten im leben. 




und sitze zum ersten mal in der vertrauten weise mit einer kanne tee & kerzenlicht hinten auf der rückbank und schreibe – nach meinem abendspaziergang durch die häߟliche bundesrepublikanische wirklichkeit, der ich soviel schönheit & frieden angedeihen lassen will, wie ich kann. mit nackten füߟen & in bester laune.

in der zwischenzeit ist so viel an- & aufregendes passiert, daߟ ich hier noch viel aufzuholen habe.

aber: ich beherzige mein motto „immer schön lokker bleiben und mache mir keinen streߟ.

deshalb häppchenweise:


 

ich hatte völlig unverhofft ganz lieben & prominenten besuch: 




johanna, meine jüngste praktikantin. angetreten ist sie im stolzen alter von acht wochen … und bevor sie laufen konnte, war sie schon mal eine woche dabei. neben ihr steht ihr „kleiner“ bruder theo, ein ganz gewitztes kerlchen, hellwach & lustig.

wie alle kinder sind das meine enkelinnen. ohne die kinder würde ich nicht leben wollen und auch keinen sinn in meiner arbeit finden.