opi allein im bus

lisa hat mich zum schloߟ freudenberg begleitet – sie war noch nie hier. für eine seiltänzerin sehe ich viele anknüpfungspunkte – sie hat sich einen ersten überblick verschaffen können und ist am mittwoch mittags abgereist. ich hab sie in die stadt begleitet und alle möglichen besorgungen gemacht.

jetzt stehe ich allein an unserer offiziellen haltestelle und die zeit verschwimmt.

die herbstfarben leuchten vom regen lackiert. verwundert beobachte ich die mechanik des infodrills, der gerade wieder verschärft wird und die massen in formation zwingt. die zahlen könnten willkürlich aus der luft gegriffen sein. kadavergehorsam funktioniert wie vor hundert jahren – diesmal ohne blutvergieߟen.

ich kann in das ziemlich leere schloߟ und mich an den gongs entladen.

mir fällt auf, wieviel spielraum mir meine bands verschaffen und ich will mich hier noch mal ausdrücklich bei allen bedanken …

ganz schnell weg aus der hauptstadt

ich habe ein paar heftige raum/zeit kapriolen – dem himmel sei dank – hinter mir.

auf einem pflasterstein habe ich eine versteinerte flechte (?) gefunden.

das wochenende habe ich in einer meiner lieblingskarawansereien verbracht: auf dem gelände der klinik havelhöhe – dieses mal allerdings wegen corona (was sonst?) ohne toilette und stromversorgung. vor allem konnte ich nachts nicht wie bisher im eurhythmiesaal klavier spielen.

am morgen habe ich meine tasche in einen rucksack verwandelt, mich auf mein faltrad geschwungen und war im nu bei egon in alt kladow, der uns liebevoll betreut hat, obwohl er wegen eines todesfalls in der familie total eingespannt war. ich habe ihn schon lange in die riege meiner klansgeschwister aufgenommen. samstag abend hat er mich zu „unserem“ italiener eingeladen und wir hatten zeit & ruhe für ein inniges gespräch über gemeinsame möglichkeiten, das wir am sonntagnachmittag resümiert haben.

am sonntagmorgen hatte ich noch die gelegenheit, ausführlich mit jan zu sprechen, dessen rapide reifung ich staunend bewundere. wir hören uns mit reziprok ausgespannter aufmerksamkeit zu.

dann kam berlin und es war furchtbar: alle, die sich für bedeutsam hielten, haben sich freiwillig mit masken verstümmelt und den ellbogenstoߟ zelebriert. die parteifuzzis haben automatischen flachsinn verzapft. die architektur rundum wie ein eiskalter hochsicherheitsknast. wegen corona durften nur wenige menschen rein und der omnibus war das selbstorganisierte public viewing, denn unter einem pavillon war ein groߟer bildschirm installiert, der von uns mit strom versorgt wurde.

einziger lichtblick war susanne, die wie immer ehrlich & klar & tief begründet ihr anliegen vorgebracht hat – sowas sollte als erstes in jeder tagesschau gesendet werden! sie hat keinen zweifel daran gelassen, daߟ sie die auftraggeberin aller politikerinnen ist und sie fürstlich entlohnt. ich hoffe sehr, daߟ es eine aufzeichnung des events gibt, die blütenstaubmäߟig freigesetzt werden kann.

der omnibus stand als tote dekoration dabei und niemand hat sich auch nur im geringsten für seine arbeit oder meine unmaskierte person interessiert. „me too“ kann ich da nur anmerken.

diesem ungesunden ambiente wollte ich so schnell wie möglich entkommen, wobei ich das fahren in berlin jedesmal wie ein städtebauliches seminar empfinde …

es endete – wie bei lucky luke mit einem ritt in den sonnenuntergang.

zauberhaft

unsere abschiedsvorstellung war wie eine oper. omnibus jedenfalls eine wahre diva auf grenzenloser bühne.

lisa & ich sind ein eingespieltes trio und die arbeit geht uns leicht von der hand. mit den menschen, die kommen, haben wir fruchtbare gespräche. direkt & ehrlich & mitfühlend.

von einer wärmenden sonne beschienen. der regen hat sogar gewartet, bis wir losgefahren waren. mehr kann ich mir nicht wünschen.

zum abschied diese blumen, die mich auf meiner fahrt durch den osten inspirierend begleitet haben …

finale in pink

für unsere letzten beiden tage sind wir beide (lisa & ich) gestern abend im dunkeln an einem seltsamen ort gestranded …

unter den huldvollen augen von henriette – irgend sone herzogin – stehen wir auf einem riesigen gepflasterten platz vor einem wahrhaft monströsen schloߟ an der havel …

mitten in einer völlig zerfledderten stadt, die nach ihrer zerstörung im zweiten weltkrieg keinerlei urbanen flair mehr entwickeln konnte. schlafstadt für die pendler nach berlin. auf meinem ersten erkundungsgang habe ich kein städtisches leben gefunden.

templin

das alte rathaus beherbergt heute nur noch die touristen information und einen seniorinnenclub – auߟerhalb der stadtmauer gibt es einen sehr nüchternen verwaltungsbau. innerhalb der stadtmauer sind leuchtreklamen verboten und die traufhöhen tendieren zu zwei geschossen. in dehdeherr-zeiten war dies das einzige „moderne“ warenhaus in der stadt:

und das die einzige tankstelle:

zwischen plattenbauten die keimzelle des arbeiter- & bauernstaats:

ich bin ganz gerührt von soviel nüchternheit und gutem willen – sie haben geglaubt, auf der basis der kleinfamilie alles ausrechnen zu können und sich in den zahlen verirrt.

die altstadt hat das alles ziemlich ungerührt überstanden und schickt meine fantasie auf reisen. ich danke dem himmel & meinen engeln für diesen schönen ausklang der tournee, unbehelligt von konsumterror & informationskrieg.

das schönste ist, daߟ wir dabei auch quantitav ziemlich erfolgreich sind und uns auch durch nieselregen nicht die laune verderben lassen.

zeige meine wunde

alter weiߟer mann – mit weiߟen haaren.

mir geht’s prima in diesen kleinen abgelegenen städtchen – ein sanftmütiges paralleluniversum mit lauter freundlichen menschen .

mit lisa & enoch bin ich in einem lässigen ungeraden rhythmus voll eingespielt und habe deshalb viel freiraum für wunderfitzige archäologie, dem strom des alltags voll hingegeben. besser gehts nicht.

es ist kalt und wird erschreckend früh dunkel. nix für nackte füߟe. wie gut wir frieren können ist ein beweis für unsere virtuosität – bravissimo!

enoch ist abgereist und wir haben vereinbart, seiner lieben mutter dieses gemeinschaftswerk zu schenken …

neustrelitz

das „neu-“ liegt hier 250 jahre zurück: da wurde diese retortenstadt als herzogliche landeshauptstadt neben ein monströses schloߟ am zierker see aus dem boden gestampftwie wolfsburg von den nazis – und später die plattenbau-riegel in der ddr.

das monsterschloߟ ist weg, aber eine elegante neugotische schloߟkirche und ein englischer garten mit kleinen tempelchen sind erhalten geblieben. es gibt einen stadthafen, wo wir das wochenende auf einem wohnmobil stellplatz verbracht haben.

ein stilles kleines städtchen, wo einen nichts anschreit und die straߟen gepflastert sind. obwohl es am ersten tag trostlos geregnet hat, waren die atmosfäre entspannend und die menschen freundlich & gelassen.

schräg gegenüber war ein „familiencafe anna & otto“ mit einer fünf-sterne-toilette: neben der „erwachsenen“-toilette gab es noch eine kinder-toilette. ein birkenstamm ging vom boden bis zur decke und an den wänden zwitscherten hübsche meisen. auch im cafe hatten die kinder genauso viel raum wie die erwachsenen. für junge familien ist das leben hier schön erschwinglich.

lisa & enoch nutzen mit vergnügen das omnibus faltrad …

neues von meister peh emm

in der oya habe ich erfahren, daߟ mein anonymer meister peh emm ein neues buch geschrieben hat – im hirnkost verlag. ich hab mir das begeistert gleich in neubrandenburg dreimal besorgt. ein wunderschönes kleines büchlein mit rotem lesebändchen. labsal für meine kriegsversehrte seele. unverblümt & praktisch.

am liebsten würde ich das in der welt verteilen wie die „blütenstaubwirtschaft“ meines freundes georg hasler – der könnte dem hirnkost verlag von meinen bestäubungskünsten erzählen.

von allen schreiberlingen ist mir hans widmer der liebste – ich vertraue ihm blind und trinke dankbar seine worte. bolo bolo liegt immer hinter meinem fahrersitz und ich preise es allen mitfahrerinnen an.

dieses mal ist die welt in fünf modulen vernetzt:

16 millionen nachbarschaften (glomo 1)

400.000 quartiere/kleine städte (glomo 2)

4.000 groߟe städte/regionen (glomo 3)

800 territorien (glomo 4)

1 welt (glomo 5)

also: unbedingt lesen – das stiftet inneren frieden.

kulturfinger

so nennt der volksmund den „ddr-wolkenkratzer“, neben dem winzig klein der omnibus steht. „HAUS DER KULTUR UND BILDUNG“ so nennt sich das ensemble aus den sechziger jahren, das eine frau als bebauung der nordseite des groߟen quadratischen marktplatzes entworfen hat. dreiߟig jahre nach dem ende der ddr ist das daraus geworden:

der platz ist inzwischen voll dem konsum geweiht und für den weihnachtsmarkt optimiert. das wetter ist scheuߟlich kalt & naߟ.

der historische stadtkern wurde im april 1945 von der roten armee niedergebrannt – dieses schicksal hat einige mecklenburgische städte ereilt, deren einwohnerinnen in die wälder geflohen waren. dabei blieb eine urtümliche stadtmauer mit vier ausdrucksvollen backsteingotischen toren fast vollständig erhalten, umgeben von wassergräben und alten bäumen.

der denkbar gröߟte kontrast zur neuen mitte. ich reise gern in diese zeit zurück und schau mich um …