wo waren wir ?

ach ja: güsen – da haben johannes & ich unser filmfestival begonnen …

sonntag mittag sind wir sauber & aufgeräumt runter nach thüringen gefahren. wir haben auf der a 4 die stelle gestreift, an der ich mich zum ersten mal hinter das lenkrad des omnibus gesetzt habe. vor 21 jahren war die a 4 noch eine holprige zweispurige autobahn mit viel auf & ab – jetzt ist sie dreispurig, glatt & eben. ungeheure erdmassen müssen da bewegt worden sein.

bevor wir auf unseren platz in creuzburg gefahren sind, habe ich den jungs noch das baumkreuz gezeigt und wir haben auf dem rückweg an der tankstelle getankt, an der ich oft vor der baumpflanzung schnatternd die nacht verbracht habe.

ein tag creuzburg war die perfekte einstimmung auf unsere thüringen-tour. zum einstieg sind wir auf die creuzburg gestiegen und haben stilvoll getafelt – ich hatte wildgulasch. nachher sind wir auf mäandernden trampelpfaden um die burg herum zum omnibus gelaufen.

am morgen nahm der tag dann ganz sanft fahrt auf und carl hatte endlich gelegenheit, sich in gesprächen mit fremden menschen zu üben und sein neues wissen praktisch anzuwenden.

bernd burkhard hat uns mit einer üppigen käseplatte bewirtet und den jungs von der „wendezeit“ erzählt, die beide bisher noch keines der neuen bundesländer „befahren“ haben und wunderfitzig lauschten. auf unseren fahrten habe ich ihnen von meiner dankbaren verneigung vor dem osten erzählt und wie ich es liebe, der ddr nachzuspüren.

die uralte werra brücke soll jetzt als überleitung nach eisenach dienen …

demnächst in diesem theater.

gong

mit einem schlag auf „meinen“ gong läute ich die lükkenfüllerei ein, denn seit klein jasedow habe ich den faden verloren – allein über die zeit dort gäbe es noch viel zu erzählen.

keno & die mädels waren eine echte all star band – unisono bienenfleiߟig & zufrieden.

simone hat mich nach kalbe (milde) gelotst. unterwegs haben wir in stendal am bahnhof carl aufgelesen und zwei junge menschen abgesetzt, die wir von klein jasedow mitgenommen hatten. so konnte simone carl noch eine blitzausbildung angedeihen lassen. es macht mir jedes mal viel freude, die entfaltung ihrer persönlichkeit mitzuerleben.

in kalbe war es dann wieder verwunschen wie im auenland und die uhrzeit machte ferien. wie vor drei jahren beim „potenziale festival“ standen wir vor dem pfarrhaus und ich hatte ausgiebig gelegenheit, meine freundschaft mit dieter borchert zu vertiefen, der als pfarrer 21 dörfer seelsorgerisch betreut und mit ganzem herzen bei der sache ist. er hat sich nie etwas anderes gewünscht & keinerlei hierarchische ambitionen. auch die jungs haben gespannt seinen geschichten gelauscht, denn er ist ein weltläufiger dorfpfarrer & eingefleischter bücherwurm. zum abschied hat er mir die hand aufgelegt und mich gesegnet, was ich als nichtkrist wie ein heiliges sakrament annehmen konnte – es war eine labsal in dieser irren razizeit.

die entschleunigung hielt dann auf eine andere weise auch in güsen an, wo wir auf dem ehemaligen bahnhofsgelände standen. in güsen ist frank jansky als anwalt niedergelassen. ich kenne ihn seit fast zwanzig jahren. er hat in sachsen-anhalt den urstromtaler als regiogeld ins leben gerufen und jahrelang den dachverband der regiogeld-initiativen in ganz deutschland geleitet. regionalentwicklung ist seine herzensangelegenheit und er hat damit begonnen, den „bahnhof 17“ in ein kulturzentrum zu verwandeln – während wir da waren, lief eine ausstellung namens „glänzende aussichten“ mit „99 karikaturen zu klima, konsum und anderen katastrophen“. die wurde tagsüber von der ganzen beträchtlich angewachsenen familie (eltern & 5 kindern, die gerade sommerferien hatten) betreut. wir wurden liebevoll bekocht und haben abends alle zusammen im freien gegessen. die kinder haben sich gleich in den omnibus verliebt und wir in die kinder – und obwohl wir wenig publikum hatten, herrschte ein wundervoller trubel.

mit katy, einem pflegekind, das frank unter seine obhut genommen hat, habe ich mich besonders gut verstanden. carl ist mit einem sohn zum einkaufen nach magdeburg gefahren und johannes, der fuߟballprofessor, hat einem anderen sohn zu seinem ersten stadionbesuch verholfen. der hat sich übrigens schon für eine mitfahrt im nächsten jahr beworben.

genug für heute – ich geh ins bett!

weit klaffende lücken

in der kronologie habe ich der neuen band zuliebe lükken entstehen und sich anstauen lassen …

links im bild ist carl mit zeh, der so mutig war, sich aus dem stand für fast zwei monate zum dienst zu melden. das traut sich kaum einer. er hat die praktischen abläufe sofort begriffen und in güsen mit affenartiger geschwindigkeit den goldenen gürtel auf hochglanz poliert …

inzwischen hat er die volle bandbreite unserer arbeit erlebt und fügt sich beflissen & brüderlich in das geschehen ein und stellt wunderfitzige fragen, an denen ich mich laben kann – nicht von ungefähr trägt der omnibus auf der stirn das goldene fragezeichen.

und johannes, den wir gestern schon wieder verabschiedet haben, ist ein ganz besonderer solitär, den ich von anfang an wunderfitzig bestaunt habe. ich habe ihn als busenfreund von enoch vor fünf oder sechs jahren kennengelernt. obwohl wir uns sehr selten sehen, fühlen wir uns ständig friedlich verbunden. manchmal überrascht er mich mit handgeschriebenen briefen, die ich wie kostbarkeiten hüte. er hat gerade sein erstes staatsexamen der jurisprudenz hinter sich und ist mein professor der fuߟballsoziologie. als er mir erzählt hat, daߟ er sich kontrapunktisch zum sturen büffeln bei filmen entspannt, haben wir einmütig beschlossen, ein intimes filmfestival zu veranstalten: ich habe ein dutzend meiner lieblingsfilme herausgesucht und wir haben an neun abenden jeweils einen film angeschaut. weil wir sein meckbuck mit meiner vasenförmigen zauberbox verbunden haben, gab es keinen kabelsalat und keine umständlichen auf & abbauten.

alle filme und auch die reihenfolge waren volltreffer und wir saߟen bis in die nacht hinein bei anregenden gesprächen zusammen. ich habe die zeit mit ihm voll ausgekosten und freue mich schon auf das nächste mal.

hier verspeise ich gerade eine sowjetische köstlichkeit, die seine oma zubereitet hat.

ich hatte keine zeit, ausführlich über diese prallvollen tage zu berichten und werde mich wohl demnächst mit einem bilderbogen bescheiden …

error

400 kilometer später zeigte sich, daߟ der verbrauch wieder „normal“ bei 37 litern lag. und ich habe bei etwa 3.000 km bereits zweimal öl nachgefüllt. an mir kann das nicht liegen, denn ich bin so zart & einfühlsam gefahren wie möglich. bin ich etwa zu vertrauensselig?

da geht meine fantasie in der falschen richtung mit mir durch und ich spreche beschwörend auf mich ein:

immer schön lokker bleiben!

27,79 liter !!!

der niedrigste verbrauch aller zeiten – ich dachte erst, das sei ein rechenfehler oder die anzeige in der säule sei kaputt.

ich bin mit dem neuen motor jetzt etwa 2.500 kilometer gefahren und hab ihm gleich meinen besten willen gezeigt, indem ich ihn möglichst frei hab laufen lassen, bis er zufrieden brummte. ich hab brav öl & kühlwasser vermessen und dem neuen klang gelauscht: etwas rohrender – wie eine harley davidson, aber durchaus sympathisch.

er scheint mich auch zu mögen und ist als treibende kraft in unsere band eingestiegen.

halleluja

festlicher abschied

die rasselbande auf der ladefläche und mein bruder matthias sind mit mir im omnibus durch die rumpelige kleine allee und einmal links bis zur hauptstraߟe gefahren. meine liebe namensvetterin beate hat uns mit dem fahrrad begleitet und mein bruder johannes, der übrigens der erste war, für den ich diese verwandtschaftliche metapher verwendet habe, ist mit dem alten fendt hinter uns her getukkert und hat alle wieder heimgefahren.

ich habe mich während meines aufenthalts ohne viele worte ganz daheim gefühlt und ausgiebige heilbäder in dem urwüchsigen klang „meines“ gongs genossen – direkt mit meinem körper moduliert …

ich bin dann vom äuߟersten nordosten 400 kilometer um berlin herum in den westen des ostens gefahren, habe in stendal am bahnhof carl aufgelesen, den bruder von brigid (die mich vor zwei jahren als „gute-laune-sammlerin für das „bienen-volksbegehren in brandenburg begeistert hat) und bin bei einbruch der dunkelheit in kalbe (milde) gelandet, auch so ein „dorf“, auf das ich mich gefreut habe.

da beginnt ein neues kapitel mit einer neuen band und ich muߟ einige lükken lassen.

tausend dank, keno

keno ist im omnibus mein jüngster bruder geworden. sein wesen stimmt mich zuversichtlich und offen für alles. er hat unsere band mit gewitzter spielfreude bereichert und alle mit fragen gelöchert. seine praktische auffassungsgabe war fänomenal. ich habe ihm meinen alltag & meine arbeit & meine vorlieben erklärt. und zwei klavierkonzerte gegeben – was ich sehr selten mache, weil ich so selten die gelegenheit habe, klavier zu spielen.

er hat das wunderfitzig auf sich wirken lassen und mich nachher verblüfft gefragt: „hast du dir das alles gerade ausgedacht?“

ich war froh, daߟ er bis klein jasedow durchgehalten hat, weil ich ihm so „meinen“ gong zeigen und ihm vorspielen konnte. seine augen leuchteten, als ich ihn fragte, ob er auch mal spielen wolle. ich habe ihm meine gongjacke angezogen und er hat sich mit sensibler aufmerksamkeit in dieses gewaltige instrument hineingespürt und aus dem stegreif ein wohltuendes gongkonzert improvisiert.

inzwischen ist er wohlbehalten bei seiner wunderbaren mama gelandet: am freitag mittag ist lilith mit ihm zusammen von anklam nach berlin gefahren und hat ihn dort in den zug nach osnabrück gesetzt, wo julia ihn abgeholt hat – ihr wiߟt schon: die getrennt aufgewachsene zwillingsschwester meiner lieblingsbäuerin.

auch dieses bild ist eine koproduktion – ich habe mit groߟer freude gemerkt, daߟ ich mit keno künstlerisch zusammenarbeiten kann, weil er auf alle meine fragen mit mir einleuchtender gewiߟheit antwortet.

die arbeit am omnibus erfordert ständige geistesgegenwart, auch wenn es scheinbar langweilig ist oder sich die ereignisse überschlagen. von früh bis spät. bei jedem wetter & mit allen leuten. insofern ist das eine heftige herausforderung – auch für „erwachsene“. deshalb will ich gern keno in den höchsten tönen loben für die ernsthaftigkeit seiner mitarbeit. er hat mein herz erfrischt und ist mir immer willkommen.

auch die mädels haben keno geliebt & so gut wie möglich bemuttert – das ist eine koproduktion mit simone.

gute nacht von ganz woanders …

fortsetzung lüchow

am dritten tag habe ich dann den autor von „artgerecht leben“ und urheber dieses wachgeküߟten dorfes kennengelernt und mich spontan mit ihm angefreundet.

er hat mich in sein haus eingeladen und mir von einem jahrelangen administrativen drama erzählt: 2009 wurde die schule von der landesregierung geschlossen und das frisch entstandene dorf war total verschuldet, weil alle fördermittel mit dem betrieb der schule verknüpft waren. es folgte ein siebenjähriger rechtsstreit, der mit einer neuen genehmigung der schule einschlieߟlich sekundarstufe endete. jetzt ist sie eine „waldorfschule im aufbau“. gelobt sei die beharrlichkeit & kreative intelligenz, mit der johannes dieses drama überstanden hat.

und das schönste kommt noch: es ist ihm tatsächlich gelungen, drei brüdern, die 10.000 hektar land industriell bewirtschaften, 60 hektar für den aufbau eines biologisch-dynamischen betriebs abzuluchsen, der direkt an das dorf angeschlossen ist.

wir sind herzlich eingeladen, diese heilige oase als wallfahrtsort & omnibushaltestelle zu nutzen und uns gegenseitig auf dem neuesten stand zu halten.

efemena hat uns gefragt, ob sie mit uns fahren und unsere arbeit kennenlernen kann und hat unsere band bis gestern erweitert.

lüchow

ein doppelter salto rückwärts: „alle dörfer bleiben“ hat sich in lüchow, wo wir vor greifswald für einige tage waren, aufs schönste bewahrheitet.

vor mehr als zehn jahren habe ich ein buch gelesen, das mich sehr berührt hat: „artgerecht leben“ von johannes liess. die geschichte eines winzigen dorfs in mecklenburg vorpommern, in dem nur noch zwei menschen lebten. johannes lebte mit seiner familie in der groߟstadt und hatte dort ein haus geerbt, das er als wochenendhaus nutzte … fern von allem rummel …

die lebensbedingungen & entwicklungsmöglichkeiten seiner kinder waren ihm so wichtig, daߟ er sich vorgenommen hat, lüchow zu neuem leben zu verhelfen und dort eine freie schule zu bauen – das buch war eine herzerfrischende erfolgsgeschichte, die zeigte, was alles praktisch möglich ist – und ist mir nicht mehr aus dem kopf gegangen. an ein zitat von gerald hüther erinnere ich mich besonders gern:

„ein kind braucht zum aufwachsen ein dorf“

völlig unverhofft sind wir mitten in diesem dorf gelandet – im wendehammer für die (schul)busse. ich wuߟte nur, daߟ wir zu einer kleinen schule fuhren, in der eine alte freundin lehrerin ist. ich war hin & weg & voll begeistert. wir sind herzlich aufgenommen & wunderfitzig bestaunt worden. nach & nach haben wir die ganze dorfgemeinschaft kennengelernt. selma hat uns überall herumgeführt …

kindergarten, schule, senioren wohnheim, gärten, esel, wilde hühner & allerlei kleingetier.

und himmlische ruhe.

gegenüber von uns dorfladen & cafß©, wo es frische backwaren & preiswerte lebensmittel gibt, weil das hauptinteresse nicht profit war, sondern die einwohnerinnen im dorf mit günstigen & hochwertigen lebensmitteln zu versorgen.

es ist spät – fortsetzung folgt …

runde sache

auch der dritte tag unseres auftritts in greifswald war wieder vielfältig & lebendig. wir konnten uns bei herrn müller bedanken und ihm liebe grüߟe von brigitte ausrichten. menschen, die gutmütig & entspannt ihre spielräume nutzen, können den alltag so viel schöner machen. wir hatten bis zur letzten minute gut zu tun und haben interessante kontakte verknüpft.

inzwischen haben wir uns im „heimatlichen“ klein jasedow angedockt und werden nach & nach von allen begrüߟt & willkommen geheiߟen.

es klafft noch eine groߟe lükke in der kronologie – ich hoffe, die morgen füllen zu können. gute nacht.