lebwohl, neue lisa

heute habe ich die neue lisa eine woche früher als geplant zur bushaltestelle auf dem berg begleitet. nach einer woche war sie so schön in fahrt gekommen und wir hatten erst die letzten tage die gelegenheit, die bandbreite unserer beziehung auszubauen. ich freue mich schon auf unser wiedersehen.

die bilder hat pia aufgenommen.

shop in shop

inzwischen haben „die männer“ früher als erwartet den omnibus mit hilfe eines feuerwehr-unimog & einer schleppstange in die werkstatt bugsiert und mit der diagnose begonnen. ich sitze also jetzt wie gewöhnlich auf der rückbank, umgeben von der dunklen werkstatt mit ihren crittern & gruben.

ein gewitter wurde von der auߟenhaut auf zimmerlautstärke gemildert. ich hoffe sehr, daߟ ich auf unbestimmte zeit im omnibus bleiben kann – ich kann & will mein zuhause nicht allein lassen.

salto rückwärts

ins loch von garzweiler 2: eine kundige amazone hat mich nachts an den rand geführt, weit hinter die absperrung. wir haben mit vergnügen den hausfrieden der technokratischen monster gestört.

nach der zeche zollverein ein weiteres beispiel der blindwütigen maߟlosigkeit von groߟtechnologie – das gegenteil von „small is beautiful“. offensichtlich krachend gescheitert – ich staune und falle tief in gedanken – wenn ich religiös wäre, würde ich beten. ganz schön schräg, solche kranken auswüxe der technologie als heilige oasen zu nutzen und nach spuren verschütteter schönheit & lebendigkeit zu suchen.

meine fantasie geht mit mir durch und ich bin ganz kontemplativ gesonnen.

an solche orte sollten die kinder geführt und um rat gefragt werden …

vielleicht sind auf der seite der aktivistinnen deshalb so viele stofftiere zu finden …

geisterfahrt

hier sitze ich bei sechzig stundenkilometer vollkommen hilflos auf der seitenbank und erwarte bang enge kurven & kreisverkehre. manchmal rappelt es heftig und wirft das ganze cockpit durcheinander. ich ermahne mich, den beiden klasse tüpen zu vertrauen, die am vormittag mit ihrem mächtigen bergefahrzeug gekommen sind und in aller ruhe den omnibus fürs abschleppen vorbereiten …

… was ein kompliziertes unterfangen ist, denn teile der hinterachse müssen ausgebaut werden und wegen seiner höhe kann der omnibus nur minimal angehoben werden. während der arbeit neckten sie sich wie heranwaxende. in der gegenwart der gutartigen riesen, die sich um nutzfahrzeuge kümmern, fühle ich mich tatsächlich „geborgen“. ich bewundere die unerschütterliche ruhe & geduld, mit der sie probleme ergründen und mit ihren zum teil gewaltigen werkzeugen hantieren. ich kann mich immer besser mit ihnen verschwistern und versuche, möglichst viel von ihnen zu lernen.

der monster truck hat beeindruckende fähigkeiten – am ende machte sich dieses gespann auf den weg. lisa durfte vorn in der kabine auf dem bett sitzen und hatte eine lustige zeit mit diesen freundlichen männern, während ich mich hinten im omnibus vollkommen abgeschnitten fühlte und alles nur noch passiv mit mir geschehen und lassenskraft üben konnte.

jetzt stehe ich ziemlich weit vorn neben der heimatwerkstatt mit einem untüchtigen omnibus und habe null ahnung, was auf mich zukommt und vor allem, wie lange der omnibus für die arbeit ausfällt. das abschleppen allein kostet rund dreitausend euro – was die reparatur kosten wird, steht in den sternen …

und ich war so glücklich wieder in meinem element heimisch geworden.

immer schön lokker bleiben !

prinzessinnen

zwei leibhaftige prinzessinnen, die auf ihre vielen vornamen & adelstitel keinen wert legen, haben uns durch ein zauberhaftes wochenende und ihr verwunschenes reich geführt:

philomena & yolanda – frisch & hellwach & praktisch veranlagt wie ihre gräflichen eltern. solchem adel kann ich viel abgewinnen. beide brennen darauf, im omnibus mitzufahren und sind bei mir jederzeit willkommen.

die frau auf dem bild ist ihre urgroߟmutter.

wir hatten viel freude aneinander …

dieses schöne bild hab ich verwirrt auf meinem eifohn gefunden, denn ich konnte mich nicht daran erinnern – später hat mir pia, die wir heute wehmütig verabschiedet haben, am telefon erzählt, daߟ sie es ganz selbständig aufgenommen haben. überraschung.

auch dieses bild hat mir pia geschenkt.

das wochenende war so heilig & unvergeߟlich wie die mahnwache in lützerath … und selig erfüllt sind wir da weggefahren.

interruptio

auf halber strecke zwischen schloߟ türnich und wuppertal hat aus heiterem himmel das schicksal zugeschlagen:

der motor fiel in der leistung ab und machte unheilverkündende klopfgeräusche. ich habe alle instrumente abgelesen und weil von da keine alarmsignale kamen, habe ich uns erst mal knapp von der autobahn gerettet und einen platz gesucht, auf dem wir die nacht verbringen können.

unsere lady abzuschleppen ist ein wahnsinnsakt. ein teil der hinterachse muߟ ausgebaut werden – er wird dann von einer zugmaschine mit einer stange abgeschleppt und von einem extra fahrzeug mit zwei mitarbeitern begleitet. glück im unglück ist, daߟ wir nur 40 km von unserer heimatwerkstatt entfernt sind – dort kann ich im omnibus wohnen bleiben. es ist sonntag und da gelten preisaufschläge von 150 %. also habe ich entschieden, den omnibus morgen für 2.500 euro netto nach hattingen schleppen zu lassen.

vielleicht hört mich ja jemand: es besteht immer die möglichkeit, eine spontane spende jeglicher höhe von der steuer abzusetzen – eine win win situation für alle beteiligten.

dabei hatte sich unsere neue lisa – mit der ich jetzt alleine bin – gerade so schön eingearbeitet. wir waren schwanger mit vorfreude auf die arbeit und regine, die seit jahren zum ersten mal wieder mitfährt, wartet in wuppertal auf uns.

katastrophe.

immer schön lokker bleiben.

so sieht es womöglich im inneren des motors aus. früher hätte ich auf solche situationen mit panischer hektik reagiert und mir die schlimmsten szenarien ausgemalt. heute bleibe ich ziemlich gelassen und beherzige das motto „zeige deine wunde“, wie ich es von joseph beuys gelernt habe. ich besorge mir unverdrossen & geduldig die nötigen informationen und finde freundliche hilfe.

lisa hat noch ein lekkeres abendessen herbeigezaubert und ich finde die muߟe, hier zu schreiben und an meinen bildern zu arbeiten …

alle dörfer bleiben

diesen schönen slogan habe ich mir gleich einverleibt – der schwingt jetzt immer mit. ich hab mir einen button an das revers meines rosa mantels geheftet und einen weiteren meinem cockpit hinzugefügt. ich wurde mit einer fahne beschenkt, die ich womöglich am omnibus zeigen werde …

die aktivistinnen waren mir sympathisch und zum ersten konnte ich klar empfinden, was meine freundinnen von der oya mit „gemeinschaffen“ meinen. ich bin kein freund immer wieder neuer terminologien – da fällt mir gleich der turmbau zu babel ein …

ich finde, wir sollten uns lieber auf die praktische arbeit konzentrieren. ich bemühe mich um gleichberechtigte verständigung mit möglichst vielen menschen und möglichst wenigen worten. und weiߟ immer mehr zu schätzen, daߟ ich kein akademiker bin.

nachts hatte ich ein freundliches gespräch mit den ausländischen wachleuten, die rund um die uhr an allen ecken & enden postiert sind und von regelmäߟigen patrouillen kontrolliert werden. ich konnte ihre zwangslage gut mitempfinden und mich solidarisch mit ihnen verbinden. ich frage mich oft, ob ich mich in einem erzwungenen exil so gut assimilieren könnte.

glücklich & zufrieden

sind wir abends nach einem heiligen tag im park von schloߟ türnich eingelaufen – ein gröߟerer kontrast zu unserem heutigen standort (blauer punkt) ist kaum noch vorstellbar:

winzig klein standen wir am rand dieser monströsen wunde – und ich habe an diesem denk mal einen meiner schönsten & produktivsten arbeitstage erlebt. mitten drin im leben. ich habe mich mit wunderbaren menschen verschwistert, die ganz begeistert von unserer arbeit waren & sofort bereit, auf irgendeine weise mitzuwirken an unserer aufgabe, heilend auf das gesamtgeschehen einzuwirken und friedlich miteinander umzugehen. ich bin sehr glücklich, wieder arbeiten zu können und voll in meinem element.

jetzt sitze ich bei froschkonzert & glühwürmchen im schloߟpark und bin noch zu sehr mit der verdauung dieses prallvollen tages und den dabei entstandenen bildern beschäftigt, als daߟ ich hier viel schreiben könnte …

immer schön lokker bleiben!

urbanologie

gelsenkirchen kommt mir vor wie das detroit der alten bundesrepublik – da konnte ich interessante exkursionen unternehmen …

zum beispiel: das hans sachs haus, das mich schon bei meinem letzten besuch vor vier (?) jahren fasziniert hat. ich habe gelernt, daߟ dieser baustil „backstein-expressionismus“ genannt wird und vor etwa 100 jahren, als am horizont schon die nazis auftauchten und die waffenproduktion für den zweiten weltkrieg die stadt zum erblühen brachte, „modernste“ avantgarde der architekturentwicklung war – ähnlich wie die zeche zollverein.

nach schrittweisen umbauten und reparaturen wurde es anfang der nuller jahre entkernt und intelligent um einige flexibel einsetzbare funktionen erweitert. obwohl mir das gebäude insgesamt zu groߟ & wuchtig ist, kann ich dieser form der denkmalpflege in einer der ärmsten städte deutschlands etwas abgewinnen.

durch meine wunderfitzigen ausflüge habe ich ein tiefes mitgefühl für diese stadt entwickelt und begriffen, daߟ mir arme & unspektakuläre groߟstädte sympathisch sind und die arbeit dort sinnvoll & erfolgreich …

wir waren jedenfalls in zwei tagen gelsenkirchen erfolgreicher als in drei tagen essen. freunde haben uns besucht und wir haben bemerkenswerte menschen kennengelernt. erstaunlich viele haben meinen fernsehbeitrag im essener lokalfernsehen gesehen. und die band ist traumhaft gut.