bolo ‚bolo

auf irrwitzig vertrackten wegen ist mir ein buch in die hände gefallen, das ich vor über zehn jahren im buchladen des zegg gekauft habe. das wurde aus dem omnibus gestohlen (ich hatte es noch nicht gelesen, obwohl ich mich ganz spontan hingezogen fühlte). ich kann nur sehr hoffen, daߟ die diebin das buch auch gelesen hat. es ist von einem schweizer und wurde 1983 veröffentlicht. jetzt gibt es eine wunderschöne neuausgabe:

  

  
das unsichtbare komitee hat mich auf die spur dieses wunderschönen buches gebracht: ein anarchistischer märchentraum über kugelförmige hierarchien. die erde ist vielfältig & freilassend überzogen mit möglichst autonomen bolos, die sich nach einfachen regeln bis auf die planetarische ebene abstimmen. jedes ibu kann nur ein taku sein eigen nennen und ein nugo, mit dem es sich jederzeit umstandslos das leben nehmen kann. alles hat zeit.

als autor ist nur p.m. angegeben. zürcher postdadaismus, frühe achtziger. kalter krieg in vollem gange. keine personal computer, kein internet, keine smartphones. alle unsere heutigen probleme bereits deutlich sichtbar. und das ist vor über 30 jahren geschrieben. in die dort geschilderten regeln würde ich sofort einwilligen.

  
   
 

leb wohl & machs gut

heute haben wir gegen eins auf dem bahnsteig des eigenartigen sackbahnhofs abschied genommen von maike, mit einem riesigen rucksack:

   
 
ich freue mich schon jetzt auf das nächste wiedersehen.

quartett

heute war der letzte arbeitstag des ultimativen trios:

   
 
es war strahlendes wetter auf der rambla unter einem bewegten platanendach – viele kamen ganz gezielt wegen des artikels. enoch war phänomenal, an jedem ort hat er die medien geduldig bearbeitet, ganz verbindlich & freundlich und auf eine unaufgeregte weise selbstbewuߟt & stolz. ich würde ihn sofort zum professor erklären.

und die blitzgescheite kleine maike, die manchmal vor lauter inter-esse zappelt. am meisten begeistern mich ihre schnelligkeit und ihr lerneifer – sie ist erst siebzehn jahre alt. wir freunden uns immer mehr an und erforschen zusammen die welt. wir können auch herzhaft miteinander lachen, je besser wir uns kennenlernen. sie wird uns alle leichten fuߟes überholen, wenn sie so weitermacht. alle indizien deuten darauf hin.

  
das abschiedsfoto von enoch kommt noch.

und heute hat anna, auch siebzehn jahre alt, ganz beherzt & unbekümmert unser trio erweitert zu einem einzigartigen quartett, das mit voller kraft pulste, aber lässig und mühelos. mit intensiven einzelgesprächen kreuz & quer. das zusammenspiel war eine perfekte mixtur.

bravo bravissimo

  
und jetzt schaut mal, wie spät es ist. das zeigt, wie voll ich meine tage mit dieser band ausgekostet habe. es war wunderbar.

nach der arbeit

   
 
wollten wir alle zum wasser und haben eine groߟe runde gedreht über zwei brücken – bis zum deich und in weitem bogen zurück.

   
 
übrigens fahren die züge nicht im keller durch die konsumhölle, sondern wir haben hier einen um eine konsumhölle verlängerten sackbahnhof – hier ein blick in sein arschloch:

   
 

wilhelmshaven

unter dem wasserspiegel dem meer und der marsch abgetrotzt in kriegerischem gröߟenwahn – so wie einen weltkrieg später die nazis wolfsburg aus dem sumpf gestampft haben. 

   
 

das wetter ist wieder schön geworden – und der platz erweist sich als tauglich. schon gestern in heide ist anna aus witten zu uns gestoߟen, 17 jahre alt, waldorfschülerin & cellistin. sie macht ein betriebspraktikum und war schon ein paar tage bei brigitte im büro. so konnte sie gestern schon einmal eine längere fahrt erleben und uns „vor der arbeit“ kennenlernen. und erst einmal eine nacht im omnibus schlafen. sie ist ohne scheu in die arbeit hineingesprungen und hatte schon in den ersten stunden eine telefonnummer auf ihrer liste. ein volk-foto werde ich nachliefern …

   
 

enoch ist wieder erfolgreich auf medienhatz gegangen – er dreht den spieߟ einfach um und keiner kann ihm widerstehen. und ich habe einen mann kennengelernt, der mir ganz viel futter für meine demokratischen ausgrabungen gegeben hat, indem er mir von den „sieben friesischen seelanden“ erzählt hat, die sich ziemlich egalitär & gleichberechtigt organisiert haben und nach langen vergeblichen eroberungs- und missionierungsversuchen durch die franken von karl dem groߟen weitgehende autonomie erhalten haben, ihre angelegenheiten auf ihre weise zu regeln. diese sieben friesischen seelande erstreckten sich über den gesamten küstenstreifen bis zur insel texel in den niederlanden und reichten bis ins neunte jahrhundert zurück, lange vor der bauernrepublik dithmarschen.

und wieder gab es nur zwei dicke romanschwarten über diese zeit. einen roman muߟte ich einfach kaufen, denn er hieߟ „freyas land – historischer roman aus friesland“. und wenn ich ihn nur als  dekoration in meiner umgebung halte und oft genug an freya denke. wenn sie den roman haben will, werde ich ihn ihr natürlich schenken. 

  

und der andere, der noch voluminöser ist, liefert mir noch einmal eine andere perspektive – ich muߟ versuchen, die wie märchen zu lesen und sex, drugs & rock’n roll zu subtrahieren. ich habe jetzt schon einige hinweise darauf bekommen, wie fein ausgetüftelt das rechtssystem in den sieben seelanden gewesen sein muߟ, und das schönste wort, das mir dazu einfällt ist: palaver.

  

das schönste ist, das ich auf meinen weiteren stationen im gebiet der sieben seelande in den nächsten zwei wochen noch viele weitere informationen über diese zeit einholen kann – in aurich soll es sogar ein institut geben, das sich vorwiegend mit dieser zeit auseinandersetzt. und ich, der ich geschriebener geschichte zutiefst miߟtraue, will gern versuchen, mich näher an die historische wahrheit heranzutasten. ohne vorstellungen.

der mann,

den sie pferd nannten, ist heute nach der arbeit so ungefähr zweihunderfünfzig kilometer nach wilhelmshaven gefahren.

  

inmitten von atomkraftwerken in glückstadt mit der fähre über die kilometerbreite elbe – bis mitternacht fahren da zwei fähren emsig hin & her – und dann um den jadebusen herum.

   
   
ziemlich genau zu der zeit, die ich geschätzt hatte (um elf herum) sind wir dann nach anderthalb stunden in der dunkelheit auf unserem seltsamen platz in wilhelmshaven angekommen, parallel zu einer konsumhölle, in deren keller der hauptbahnhof ist. ich erinnere mich an meinen letzten aufenthalt und will morgen versuchen, ob wir nicht an die stirnseite dieses platanenbaldachins dürfen …

   
 

heide ausgelöffelt

jetzt hat es alle drei tage hier geregnet oder gesprüht. wir haben in unterhaltsamem einvernehmen alles ausgeschöpft, unsere durchschnittsquote lag über fünfzig prozent – gestern noch deutlich mehr.

  

und am ende bin ich auch noch zu sankt jürgen reingegangen. die lebensspanne der ersten kapelle entsprach genau der zeit der bauernrepublik dithmarschen, ihr war am rande des versammlungsplatzes ein proportional angemessener platz eingeräumt worden. 

nach der totalen militärischen zerstörung von heide und dem tod der republik wurde die jetzige kirche mit zum teil grobschlächtigen eingriffen in die spürbaren originalproportionen und schauderhaftem barockgeprotze, das schreiend der schönen schlichtheit des originals (der kirche der republik) widerspricht, stufenweise wieder aufgebaut. 

aber es sind auch teile der alten kirche erhalten, es gibt zwei „moderne“ farbige fenster und eine ziemlich gelungene „moderne“ orgel.

   
   

der grundriߟ ist asymmetrisch – es gibt einen wohl proportionierten seitenflügel:
   
    
 

mein gedankenspiel mit der bauernrepublik läuft jetzt parallel immer weiter. selbst ein hier ansässiger verlag hatte nur informationen über die zeit ab 1559 anzubieten. das einzige, was es gab, waren drei dicke, gebundene und entsprechend teure romane mit eingebauten liebesdramen gegnerischer protagonisten, so ß¡ la romeo & julia – das war mir zu teuer und zu unspezifisch … da träume ich lieber so noch weiter, bis sich ablagerungen bilden – dafür reichen meine informationen allemal.