endlich mal wieder

im osten – da bin ich besonders gern im alltag unterwegs und erkunde das feld. wir sind durch den thüringer wald in das gebiet der ehemaligen ddr hineingefahren – eine ihrer schönsten ecken und neben dem harz das einzige ernsthafte gebirge – wild und ursprünglich. die fahrt war atemberaubend und führte über in alle richtungen schlingernde kleine straߟen.

an einer vierzehnprozentigen steigung hat sich unser getriebe gründlich verschluckt. patrick hat mir später gestanden, zum ersten mal seit langem gebetet zu haben. wir sind zwar raufgekommen, aber sobald ich wieder aus dem stand anfahren wollte, heulte der motor wirkungslos auf und der omnibus bewegte sich nur zentimeterweise. beim rückwärtsgang das gleiche spiel. schock in der schönsten freien wildnis, kurz vor dem ziel …

das getriebe hat sich bei mir beschwert über diese geländezumutung. konnte ich nachvollziehen. demütig habe ich mich zu meiner hilflosigkeit bekannt und zurück gefragt: „was hätte ich denn machen sollen?“

mit vorsichtigen experimenten und viel gutem zureden habe ich mich an den kraftschluߟ herangetastet, an den moment, wenn das getriebe wieder greift und der omnibus sich normal bewegt.

während paranoide eskalationsfantasien auf mich einprasselten. immer schön lokker bleiben – das hört sich so leicht an.

es gab noch zweimal solche aussetzer, aber die letzten dreiߟig kilometer verliefen störungsfrei – das getriebe scheint mir verziehen zu haben.

wir sind jetzt für drei tage in saalfeld, in der kniekehle der republik. hier war ich auch auf meiner jungfernfahrt. seitdem hat sich hier viel verändert. ich bin gespannt.


etappe

die lebensgemeinschaft tempelhof ist ein etappenziel geworden, das ich immer gern in augenschein nehme: hier wird am vordersten rand des praktisch möglichen gearbeitet. gleichzeitig ist in der digitalen welt ein beachtlicher netzknoten entstanden – anziehungspunkt für die avantgarde, die von der neuen muse geküߟt wurde.




dieses noch ganz frische buch von hildegard kurt hatte ich gerade zuende gelesen, als ich sie in der bibliothek vorgefunden habe, wo sie ihre pause verbrachte. endlich haben wir uns mal persönlich kennengelernt und breitbandig ausgetauscht, obwohl wir nur minuten zur verfügung hatten.




zu allem überfluߟ stellte sich heraus, daߟ gestern abend, als wir ankamen, gerade ein vortrag von andreas weber lief. leider war er schon abgereist.




so ein zeitwirbel kitzelt meine fantasie und ich kann die schönsten fäden spinnen. überhaupt fällt die uhr hier aus der zeit heraus und die gegenwart wird ganz geräumig. ich kann mich in frieden auslassen und meinen wahrnehmungen hingeben.





mulimodus

erst allmählich komme ich vom mulimodus zur ruhe – wir haben jetzt zweimal jeden tag den platz gewechselt, zu kurz, um wahr zu werden. 

bei der suche nach der zufahrt zum markt in reutlingen haben wir uns in engen sträߟchen verfangen. dagegen war die fahrt von münsingen nach reutlingen ein genuߟvolles spiel.




das ist das einzige bild aus reutlingen. es beschreibt ganz anschaulich, wie unser tag gelaufen ist.

im anschluߟ bin ich dann fast vier stunden durch ein nasses sauwetter in die dunkelheit hinein bis zur omnibus haltestelle tempelhof gefahren und konnte mich kaum dazu bringen, diese zeilen zu schreiben …


blues

die fahrten durch die schwäbische alb sind wunderbar – achthundert meter höhenunterschied, rauf & runter in abwechslungsreichen variationen. serpentinen, felsen, weite ausblicke über talkessel hinweg, weil das wetter so schlecht geworden ist, sind wir heute sogar durch wolken hindurchgefahren.




heute haben wir für einen tag ziemlich versteckt im winzigen münsingen gestanden und es hat unablässig geregnet. bei gefühlten zehn grad hat mich die nasse kälte angesprungen wie ein wildes tier und ich habe meinen kaschmirpullover und den grauen anzug angezogen, den freya so mag. und vorsichtshalber sogar meine leguanos – ich will auf subtilste hinweise meines körpers eingehen und mir nicht die gute laune verderben lassen …




und versuche, dem sich einfindenden blues wärme abzugewinnen. das trio mit den jungs konnte sich unter widrigsten umständen ausprobieren & bewähren. von anfang an erreichen wir eine erfolgsquote von einem drittel unserer gespräche. das ist ziemlich gut – und das haben wir auch in münsingen geschafft – und zwar dadurch, daߟ die pressearbeit so gut gelaufen ist. kurz vor toresschluߟ kam noch ein paar aus dreiߟig kilometer entfernung und hat uns endgültig den tag gerettet.




das sind yunus & patrick am ersten tag in bad urach, als das wetter noch schöner war.




immer wieder gern

von meinem ersten besuch vor drei jahren hatte ich bad urach in bester erinnerung – besonders den wasserfall, den freya uns ans herz gelegt hatte.




wir stehen auf einem fünfhundert jahre alten marktplatz, mitten im gekröse der schwäbischen alb:




hier kann ich gut die schwäbinnen studieren. viele fragen: „was isch des?“ und ich versuche wohlwollend, dem verniedlichenden genuschel etwas abzugewinnen, denn die menschen sind freundlich & entspannt. wir dürfen umstandslos überall die toiletten benutzen und die administrative logistik läuft wie am schnürchen. wir hatten zwei zeitungsartikel, die sich heute bemerkbar gemacht haben. das ergebnis war – als note ausgedrückt – eine zwei minus, also mehr als befriedigend.





wegen eines kleinen markts muߟten wir den omnibus gestern abend umstellen – hinten ist die hälfte des fünfhundert jahre alten riesigen rathauses zu sehen (das winzige bad urach war mal hauptstadt von irgendwas – es gibt auch ein schloߟ und eine stiftskirche.

ich versuche, hochdeutsch zu reden, und lasse mein linksrheinisches temperament nur hin & wieder augenzwinkernd aufblitzen. ich könnte hier mit vergnügen eine woche verbringen.

dankbar werde ich mindestens diese beiden fliegenden teppiche „bad urach“ taufen:


finale

zur krönung ihres gastspiels im omnibus hat uns freya noch nach bad urach gelotst und zu einem gemeinsamen urerlebnis verholfen: nach einem kleinen imbiߟ sind wir kilometerweit zum wasserfall gelaufen – lange über spitzigen schotter – und haben bei rapide schwindendem licht unser ziel erreicht. es war ein sinnenschmaus …




das war auch die beste gelegenheit für die einstimmung mit yunus & patrick unter der kundigen aufmerksamkeit von freya. mit ihrer abschiedsvorstellung hat sie der neuen band starthilfe gegeben.



 


auf dem heimweg ging hell & klar der vollmond auf!




das habe ich in der neuen oya gefunden.

danke, meistin

für die schönen tage in raidwangen. ich bin so aufgeräumt & inspiriert. und heute haben wir soviel geschafft. die ganze wäsche gewaschen und in der sonne getrocknet, die weitere tour besprochen, die neuen jungs vom bahnhof abgeholt, tanks aufgefüllt & geleert usw.



dein zuhause tut mir gut und ist jetzt schon eine unvergeߟliche omnibus-haltestelle geworden …




am liebsten würde ich aus diesem mit schönen erinnerungen aufgeladenen motiv eine ganz besondere omnibus-postkarte machen.


stille tage

in raidwangen – ich hab das jetzt erst geschnallt, daߟ es nicht reitwangen heiߟt. wir paߟten zentimetergenau vor das haus von freya’s eltern. bis auf  die mutter waren alle ausgeflogen – sie hatte für uns eine lekkere quiche lorraine zubereitet, die wir gemütlich auf dem balkon verspeist haben …




der omnibus ist kaum zu sehen, höchstens vom souterrain aus:




am samstagmorgen sind freya & ihre mutter an die französische grenze gefahren, wo freya’s vater im groߟen familienkreis seinen sechzigsten geburtstag feiert. ich hatte einen hausschlüssel und war mit allem versorgt.




und ich habe zwei friedliche & aufschluߟreiche tage im zuhause meiner meistin verbracht – ein lebendig gepflasterter weg führt durch eine üppige vegetation um das haus herum  ins geborgene. auch hinter dem haus überall pflanzen …




weil ich allein war, konnte ich die zeit einfach laufen lassen und mich vertiefen, soviel ich wollte.




ich habe klar schiff gemacht: sinnlos herumliegende stapel & häufchen weggeräumt, pakete ausgepackt & eingeordnet, mein bett neu bezogen, betriebssystem updates für meine eier gemacht, alles synchronisiert und auf den neuesten stand gebracht, hundert emails verarbeitet und alle angestauten geschrieben. telefoniert.

diese erledigungen oszillierten ganz lässig mit den schönsten schmökerrunden & sekundenträumen. gestern ist zum beispiel die neue oya bei mir gelandet: die wird immer kunstvoller & nahrhafter – das freut mich als genossen & leser ungemein. 

schon wieder halb zwei – da wünsch ich lieber eine gute nacht.



schwäbischer albtraum

vorgestern früh um halb fünf wurden wir durch einen fürchterlichen krach aufgeschreckt und fanden auf dem fahrersitz einen sturzbetrunkenen kerl, der keine ahnung hatte, wo er sich befand – und wie er dorthin gelangt war. drauߟen kreischte eine frau: „komm da raus oder ich ruf die polizei.“




und auf dem boden lag – völlig unversehrt – die vordere türscheibe. mir fiel ein stein vom herzen – das war so ein unwahrscheinliches glück. alle mechaniker, mit denen ich gesprochen habe, haben sich sehr gewundert, daߟ die scheibe nicht kaputt gegangen ist.




während ich die polizei angerufen habe, hat freya den mann entwaffnet mit der einfachen frage: „warum machst du unseren omnibus kaputt?“ ziemlich sanft hat sie ihm begreiflich gemacht, was er angerichtet hat und wo er sich befindet. bruchlandung in der wirklichkeit. da wollte er uns dauernd die hände schütteln und sagen, wie leid es ihm täte. torkelnd hat er uns seine hilfe angeboten.

die polizisten haben seine identität aufgenommen und mir auch seinen namen und seine adresse gegeben. sie haben durchblicken lassen, welches bürokratische monster ich entfesseln würde, wenn ich den mann wegen sachbeschädigung anzeigen würde.

er jammerte nämlich, daߟ er kein geld habe und streckte theatralisch die armgelenke vor, um sich handschellen anlegen zu lassen. „nehmt mich gleich mit!“ rief er. 

es gab dann noch ein nervtötendes ewiges hin & her, bei dem die polizisten nach & nach alle register gezogen haben. vergebens, denn am ende muߟten sie ihn wirklich im polizeiauto wegtransportieren.




 


notdürftig haben wir die scheibe wieder eingesetzt und sind völlig benommen in unsere betten gestiegen. 

am vormittag habe ich herumtelefoniert und gegen mittag kam ein mechaniker von em a en balingen und hat die scheibe geschwind wieder eingebaut und mich darauf hingewiesen, daߟ die dichtungslippen ganz bröckelig & spröde sind. das sei wahrscheinlich mein glück gewesen – hat er gesagt.




also sind wir glimpflich aus diesem zwischenfall herausgekommen und konnten die ganze zeit unsere arbeit machen. ich staune, mit welcher seelenruhe wir das gemeistinnt haben.  kurz bevor ich durchdrehe, rettet freya meine haut mit ihrer engelsgeduld.

letztens, in überlingen, ist das schon einmal passiert: eine betonköpfige politesse mit russischem akzent wollte uns vom platz verweisen und überhaupt nicht mit sich reden lassen. ich hatte schon entnervt gesagt, sie solle doch die polizei rufen und mich zurückgezogen – da hat frau lintz übernommen und die frau aus ihrer erstarrung herausgelöst. anscheinend hatte sie panische angst um ihren job. am tag darauf hat sie noch einmal nach dem rechten gesehen und entschuldigend aus der wäsche geschaut.




wenn ich mit freya zusammenspiele, ahne ich, was charles eisenstein mit „heiliger wirtschaft“ meint.