purzelbäume

saxen hat mich schön ins schleudern gebracht. ich bin aus der kronologie herausgefallen und habe mich voll auf das leben konzentriert. auf das wesentliche & notwendige. totales inter esse. ich habe liebevoll & friedfertig ausschau gehalten nach schönheit & lebendigkeit …




gleichzeitig habe ich mich so gut es ging in die welt entäuߟert, unter der maߟgabe: immer schön lokker bleiben.




dazu gehört eben auch, hier nicht zwanghaft irgendwelche reihenfolgen einzuhalten, wenn das trio miraculoso gerade breitbandig analog mit dem leben improvisiert. omi & opi da lang & der prinz aus dem morgenland. einfach zauberhaft.





ali baba fällt mir da ein und die märchen aus tausendundeiner nacht. so zauberhaft kann also arbeit sein. in den wenigen stunden, die mir blieben, habe ich lieber an bildern gearbeitet & gelesen: „qualityland“ von marc uwe kling. über dessen „känguru chroniken“ im netz kriegen sich leute, die zu faul zum lesen sind, vor begeisterung nicht mehr ein. das buch kann ich denen allen wärmstens empfehlen – es ist geschrieben wie ein schneller comic und geht rein wie butter.



saxen knaxen

obwohl ich schon zwei tage in thüringen bin, habe ich noch schwer an den saxen zu knaxen, und ganz besonders an karl marx stadt. das war der krönende abschluߟ. diese stadt, die vor hundertfünfzig jahren explosionsartig gewachsen ist, führt mir im zeitraffer das rattenrennen von industrialisierung & massenkonsum und die menschlichen konsequenzen drastisch vor augen: bei der bundestagswahl hatte die cdu nur einen hauchdünnen vorsprung vor der afd. der säxische ministerpräsident ist zurückgetreten, weil er sich vor mutti fürchtet und sich nicht getraut hat, härter gegen die dunkelhäutigen horden, die die säxischen frauen anfallen, durchzugreifen.

im kontrast dazu die drei tausendjährigen städte, die wir vorher besucht haben, wo die afd überall stärkste partei ist. wenn ich es recht überlege, waren mir in görlitz die polinnen, in bautzen die sorbinnen, in freiberg die weltläufigen studentinnen und in chemnitz die marktfrauen am meisten sympathisch.




dabei waren die äuߟeren umstände traumhaft – goldener oktober bis zuletzt – und wir waren guter dinge. wir haben schätze entdeckt und uns auch nicht die laune verderben lassen, wenn schon unser nummernschild wüste schimpfkannonaden ausgelöst hat. viele einheimische scheinen unter einer bipolaren störung zu leiden – früher nannte sich das manisch depressiv – lebhaft oszillierend zwischen quengeliger resignation & gröߟenwahnsinnigem parolengebrabbel. in dieser intensität habe ich das noch nie erlebt: eine infektion des sozialen organismus. wie gut, daߟ ich überall ein fremder bin.




nur damit hier kein falscher eindruck entsteht: wir waren ganz friedlich & freundlich und haben unser bestes gegeben. die wenigen echten kontakte liefen ganz entspannt & ruhig ab und wir haben viel gelernt. 




die nacht von freitag auf samstag haben wir im regen auf einer raststätte in der nähe von chemnitz verbracht – und sind am sonntag nach thüringen gefahren.

ich hoffe das kapitel saxen ist damit abgeschlossen und unser traumtrio atmet aus.




ab ins reich der träume …


haus schocken

kurz bevor die nazis kamen, hat erich mendelsohn wie ein appetitliches stück sahnetorte das haus schocken als archetypisches kaufhaus in die stadt dekoriert – der massenkonsum hatte da schon richtig fahrt aufgenommen und DAStietz reichte nicht mehr aus.






heute ist es aufwendigst restauriert und als „staatliches museum der archäologie“ mit den weihen der kultur versehen wie „DAStietz“. diese stadt ist mir ein hoch inter-essantes rätsel. die tempel von produktion & konsum werden zweckentfremdet für kultur. „stadt der postmoderne“ klingt für mich stimmiger.




unersättlicher & besinnungsloser fortschritt – schneller höher weiter. angesichts der schicksalsschläge weht es mich kalt an.



luftlinienverkehr

enoch hält mich aus tokyo mit den schönsten dateien auf dem laufenden – in voller bandbreite. mit seinem eleganten schlenker über wo lang hat er nebenbei ein triadisches ballett mit yunus in gang gesetzt – durchaus nützlich für das eurhythmie praktikum am omnibus.




ein schneller blumengruߟ aus der westlichen hemisfäre. die marktfrau hat mir erzählt, daߟ diese blumen, die ich oft spontan auswähle, inkalilien heiߟen.




lieber enoch – ich bin dir unendlich dankbar, daߟ du mich japan durch deine augen sehen läߟt …




dieses haiku ist ein meisterwerk – japanischer gehts nicht.


ein neuer stern

in diesem hoch unter dem dach eines konsumtempels hängenden cinestar kino habe ich mir letzte woche genüߟlich „blade runner 2049“ zum zweiten mal angeschaut und mich noch mehr als auf den ersten blick in die weibliche hauptdarstellerin verliebt.




ana celia de armas casa alias ana de armas, eine kubanische schauspielerin, die über einen umweg über spanien jetzt nach hollywood vorgedrungen ist.

 der film ist – auch von ihr abgesehen – ein kompositorischer lekkerbissen,




und das in diesem kino – in dreideh.


stadt der moderne

das ist DAStietz von hinten – in der mittagspause babe ich mir das angesehen …




in dem lichtdurchfluteten atrium steht ein millionen jahre alter versteinerter wald. das atrium ist öffentlich zugänglich – es hat nischen & bänke – die unterschiedlichsten menschen scheinen sich dort gern aufzuhalten. und ich bin gleich wieder in meiner steinzeit:



verglichen mit der „moderne“ drauߟen tobt hier triumphierend das leben  – eine insel der zeitlosen vergegenwärtigung.


DAS tietz



modisch zusammen geschrieben und als marke eingetragen & geschützt. ein „kulturkaufhaus“ = eines der ersten groߟen warenhäuser überhaupt, in dem die frauen der proletarier ihre unstillbaren sehnsüchte zu stillen versuchten, die karl marx womöglich nicht in seine überlegungen mit einbezogen hatte.




heute mit einem modernen anbau versehen. in dem einsemble sind ein museum, die stadtbibliothek, ein versteinerter wald, gastronomie und ein paar läden untergebracht.




der ursprüngliche bau ist gigantisch – eine inbrünstige kathedrale der neuen religion – und der bauherr hat seiner muse ein denkmal gesetzt.




als konsumhöllenforscher kann ich hier architektonische zeitreisen unternehmen bis in die zukunft …




weil sich hier zwangsläufig auch der militärisch-industrielle komplex gebildet hat, ist die stadt 1945 durch mehrere tausend tonnen bomben zu achtzig prozent zerstört und anschlieߟend von den russen ausgeplündert worden.

die vitalität der aufbauleistungen nach den brüchen & katastrophen kann ich nur bewundern und auch heute ist eine groߟe stadtplanerische geschäftigkeit zu spüren. „stadt der moderne“ nennen sie sich und werden weltkulturhauptstadt.  die  oberbürgermeisterin ist eine frau.




ich komme mir schon vor wie in düsseldorf – das heiߟt aber auch: nachts ist hier alles tot und der konsum wird fundamentalistisch.



kontrapunkt

gestern abend in chemnitz bot sich mir dieser anblick und im laufe des tages wurde mir klar, daߟ diese stadt die wiege der industrialisierung in deutschland ist. hier entstanden die ersten fabriken und die zahl der einwohnerinnen wuchs sprunghaft an. in der gründerzeit stand die stadt in stolzer blüte – alles riesengroߟ und wuchtig.




jedenfalls ist der omnibus ganz winzig in dieser groߟen stadt, über die ich unbedingt mehr erfahren will, zum beispiel, wie sich das leben hier angefühlt hat, als die stadt karl marx stadt hieߟ …