hard core

das ist der hausstand von san alfredo. letzte nacht um halb zwei klopfte er an den omnibus und rief um hilfe. ich lag nackt im bett und bin nur schnell in den strampelanzug geschlüpft:

eine horde betrunkener schläger hat versucht, ihre wut an ihm auszulassen und die herbeigerufene polizei war höchstens bereit, im streifenwagen aufzupassen, bis er seine sachen gepackt habe & verschwunden sei. meine appelle haben auch nicht gefruchtet.

„wohin soll ich denn gehen, mit all den sachen?“ – fragte er mich.

also haben wir zu zweit vier einkaufswagen & taschen & tüten & kartons & regenschirme in den omnibus verfrachtet und ich habe alfredo eingeladen, bei uns zu schlafen. die untere etage war proppenvoll und ich bin wieder mit wanja allein, der seinen schlaf braucht und nicht ahnte, was er morgens vorfinden würde … ich lag frühmorgens lange lauschend im bett.

morgens haben wir seinen sachen zum zweiten mal asyl unter dem mantel des omnibus gewährt. er sagte, er habe wegen seiner diabetes einen arzttermin, danach würde er sich um alles kümmern und ich solle mir keine sorgen machen …

… halb elf uhr abends und er ist nicht aufgetaucht – zwei seiner schäfchen haben mir tagsüber grüߟe von ihm ausgerichtet: ich solle mir keine sorgen machen – er käme gleich …

ich muߟte schon einige geier vertreiben, die seine sachen fleddern oder kaputtmachen wollten. die asoziale wirkung von alkohol kann ich hier in allen schattierungen erfahren.

so sitz ich da & will mir keine sorgen machen.

tagsüber

sieht der hausstand der alten dame so aus – während sie fröhlich & elegant & ohne zähne durch die stadt radelt – ich bin noch nicht dazu gekommen, sie nach ihrem namen zu fragen …

epistemologische askese

die fahrräder lassen mich nicht los und lisa hat mich auf den hausstand einer verrückten alten frau aufmerksam gemacht, die an einem s-bahn-zugang unter freiem himmel schläft. bei meinem abendspaziergang habe ich sie besucht und versucht, mich mit ihr zu unterhalten. ich hatte viele fragen, aber jedes wort, was ich sagte, war für sie nur anlaߟ, in einem schwer verständlichen bayrischen dialekt eine neue geschichte zu spinnen … wie wenn ich einen knopf gedrückt hätte. selbst ohne zähne wirkte sie wie eine dame. ich konnte nur staunen und muߟte mich irgendwann loseisen …

spiel des lebens …

vier wochen mitten in der groߟstadt – als teil einer kampagne – mir war völlig ungewiߟ, wie das sein könnte – nun entwickelt es sich zu einem gesamtkunstwerk mit groߟer sinnlicher bandbreite und synkopischen rhythmen. ich fühle mich gleichmütig aufgehoben in einem gröߟeren ganzen, das die ganzen vier wochen umspannt,

bad moorburg heilt zuverlässig alle wunden nach einer prallvollen woche. dieses mal wurden wir schon von einem empfangskomitee begrüߟt, das eine gesellige runde mit gästen & lekkerem essen für uns vorbereitet hatte. am ende saߟen wir rund ums feuer und schwelgten mit angelika & manfred in gemeinsamen erinnerungen …

und das schönste war: sofia, mein omnibus-zwilling, hat mich nach moorburg begleitet. wie mensch sieht, sind wir schon ziemlich siamesisch geworden. sie ist der mensch, der meine arbeit am besten mitmacht. wenn mal eine omnibus-professorin gesucht wird, kann ich sie wärmstens empfehlen.

wir haben ein trautes wochenende zusammen verbracht und sogar am samstag eine anregende expedition ins schanzenviertel unternommen. mit den öffentlichen verkehrsmitteln, wo eine penetrante ansage in zwei sprachen daran erinnerte, mit der maske stets mund & nase zu bedecken. ich fühle mich von wahnsinnigen gezwungen und schnappe jedesmal nach luft, wenn ich aussteige. sei’s drum – ich laߟ mir von sowas nicht die laune verderben und schreibe lieber weiter meine bicycle diaries:

jetzt sind lixa & wanja wieder da.

wanja

am freitag war ich mit wanja allein und das zusammenspiel glückte friedlich & souverän. hier läߟt er sich gerade mit engelsgeduld die welt erklären. er war von anfang an fasziniert von den arbeit und tauscht sich bereitwillig & angeregt mit mir aus …

wir sind schon ein trio.

am abend ist er übers wochenende zu seiner freundin gefahren.

bicycle diaries

vielleicht weil so viele menschen ihre gesichter verstecken, fallen mir an diesem groߟstädtischen verkehrsknotenpunkt besonders die unendlichen variationen von fahrrädern ins auge – und ich sehe überall bromptons.

ich bin bisher noch nicht viel vom omnibus weggekommen – höchstens mal essen oder ins kino. die wetterstürze machen mir zu schaffen und die abendspaziergänge sind kurz & heftig,

ich hab mich inzwischen grob darüber vergewissert, was mich in hamburg interessieren würde – und langsam reift der gedanke, mein fahrrad aufzufalten.

san alfredo & ich

san alfrede ist mein schutzheiliger & groߟes vorbild geworden. wanja hat heute ein blitzschnelles fotoshooting mit uns gemacht – nur durch san alfredo kann ich die groߟstadt aushalten und mich in den strom des lebens fallen lassen. dann geht mir die arbeit leicht von der hand & ich hab tausend kommunionen.

asyl

heute haben wir – so gut es ging – alfredo und sein hab & gut unter unsere fittiche genommen, als ein übereifriger & ahnungsloser polizist ihm angedroht hat, alle seine sachen auf den sperrmüll zu werfen.

dabei kümmert er sich ganz rührend um das wohl & wehe der anderen obdachlosen. als friedensstifter & multilingualer dolmetscher. als sanitäter & fliegender organisierer. er kennt tausend leute & ist vielfältig vernetzt. lebenslustig & sinnenfroh. der beste seelsorger, den mensch sich wünschen kann.

wir haben uns herzlich angefreundet und ich habe ihn dankbar in die riege meiner getrennt aufgewachsenen geschwister aufgenommen. auch die band hat ihn gern als gastsolisten dabei.

das neue bühnenbild ist quicklebendig & zeitgenössisch:

ein geschenk des himmels!

ich will frieden

auf dem stehtisch habe ich einen springbrunnen der lebendigkeit installiert als quelle der besänftigung.

obwohl ich mich abgeklemmt habe von den medien, ist es unvermeidlich , daߟ ich die schlagzeilen sehe:

„reichsbürger greifen bundestag an“

im lauf des tages haben mir vier vertrauenswürdige augenzeugen des geschehens in berlin unabhängig von einander versichert, daߟ ganz besonders die gewaltfreie & friedliche atmosfäre sie tief berührt habe – einer in meinem alter hat gesagt, ihn habe das an woodstock erinnert. ein andreas, den ich schon vorige woche kennengelernt hatte. hat mir videos gezeigt, die er an verschiedenen orten aufgenommen hat: viele bunt gemischte menschen jeden alters lokker verteilt – null fanatismus.

jede menge fanatismus dagegen bei der antifa und den razis, wie ich die angsthasen bezeichnen will, die sich vor dem leben in sicherheit bringen wollen und auf die „wissenschaft“ berufen.

das nenne ich infokrieg – ich reihe mich freiwillig bei den friedensaposteln ein und versuche, bei laune zu bleiben.

es sieht nach vollmond aus