seit mühlhausen wandere ich in der zeit von thomas müntzer und den bauernkriegen herum – 500 jahre nach hinten versetzt – und entdecke viele parallelen.
der adel & die pfaffen haben in unersättlicher gier die bauern entrechtet, das land gestohlen, die allmenden aufgelöst und die zeit quantifiziert.
thomas müntzer hat die sozialen mißstände radikal & leidenschaftlich angeprangert und bis zuletzt auch gegenüber den herrschenden auf der dunklen seite der macht kein blatt vor den mund genommen. heute wissen wir nicht mal, wie er ausgesehen hat, denn es gibt kein zeitgenössisches portrait von ihm. das hat die machthaber der ddr, die ihn als den prototypen des sozialen revolutionärs geehrt haben, nicht davon abgehalten, sein imaginäres konterfei auf geldscheinen & briefmarken abzudrucken.
ironischerweise ist die kirche mit dem höchsten kirchturm thüringens, st. marien, heute ein museum, das seinem andenken gewidmet ist. das ist übrigens die kirche, in der er in der sich dramatisch zuspitzenden endphase seines kurzen lebens gepredigt hat. ich stelle mir seine predigten wie naturgewalten vor – voll des heiligen geistes.
zwei jahre vor seiner bestialischen ermordung hat er ottilie von gersen, eine aus einem zisterzienserkloster entsprungene junge novizin geheiratet und mit ihr einen sohn gehabt – der legende nach soll sie die „regenbogenfahne“ der bauern genäht haben.
bis zu seinem letzten atemzug hat er seine peiniger angefleht, ihr überleben zu ermöglichen, denn sie war schwanger und völlig mittellos – ihr schicksal verliert sich im dunkeln.
also nix da mit meiner fantasie von „der bäuerin an seiner seite“ …