in mühlhausen (von 1975 bis 1991 „thomas-müntzer-stadt“!!!) gibt es mindestens fünf uralte kirchen, von denen nur noch in der „divi blasii kirche“, hinter der wir standen, religiöse liturgien zelebriert werden.
in dieser kirche war der junge johann sebastian bach organist. nach seinen spezifikationen wurde später eine neue orgel gebaut. auch sein begabtester sohn hat dort die orgel gespielt – ich habe gehört, er sei irgendwann mit eine zigeunerbande durchgebrannt …
alle anderen kirchen sind profanisiert und dienen der gemeinde auf freilassende weise als denkanstöße:
die größte, „st. marien“ ist thomas-müntzer-gedenkstätte, eine beherbergt das bauernkriegs-museum, eine ist die stadtbibliothek usw.
die erste wurde bereits am ende des 19. jahrhunderts verweltlicht. sie waren bestimmt einmal der ganze stolz der freien reichsstadt mühlhausen, als es noch keine adressen gab und keine nachnamen und vor allem keine nennenswerten maschinen & infrastrukturen & kommunikationsmittel, die die ganze energie gefressen haben. die zeit floß noch frei wie das leben mit der sonne & den jahreszeiten. und der kaiser war weit weg.
in den siebziger jahren war das „hotel stadt mühlhausen“ gewiß auch mal der ganze stolz der „thomas-müntzer-stadt“ als inbegriff von „modernität“ – ähnlich wie der „palast der republik“ in berlin.
nach der sogenannten wiedervereinigung wurde das sofort abgerissen und durch einen rücksichtslos auftrumpfenden neubau der sparkasse ersetzt:
ich war auf der jungfernfahrt des OMNIBUS im herbst 2000 zum ersten mal in mühlhausen und habe den platz nicht wiedererkannt – er war riesig & kahl zu tode restauriert.
früher bog eine straßenbahn schräg zwischen die beiden fachwerkhäuser auf der rechten seite ab und überall standen alte bäume – zum beispiel da, wo der OMNIBUS stand, eine große trauerweide.
heutzutage sind die sparkassen die schlimmsten schmarotzer der städte – genauso schlimm wie vor 500 jahren die einzig wahre religion der römischen amtskirche – und entweihen mit ihren häßlichen prunkbauten jede gemeinde.
jetzt trete ich lieber mal voll auf die bremse und befleißige mich in epistemologischer askese.
(mühlhausen läßt mich einfach nicht los)