mehr herbst

   
    
 

heute hat die sonne geschienen und manchmal war der himmel ganz blankgefegt – wir sind jetzt für anderthalb tage in eisenhüttenstadt und ich bin total fasziniert von dieser stadt, die für die deutsche demokratische republik das war, was für die nazis wolfsburg war. paradebeispiele für planungsstädte. die genossinnen & genossen sollten komfortabel leben können, zu gerechten mieten, die proletarier wurden umschmeichelt.

  

wir stehen am bordstein der lindenallee, ecke puschkinstraߟe, und alles ist sehr weiträumig und mit groߟer geste entworfen. hundert meter hinter uns steht ein monumentales, neoklassizistisches theater mit einem riesigen säulengiebel   und schräg gegenüber groߟe  gebäuderiegel im zuckerbäckerstil – nur wenig kleiner als in der stalinallee in berlin. ich habe erfahren, daߟ die stadt von 1953 bis 1961 stalinstadt geheiߟen hat und der erste „axthieb“ (so nennen die das wirklich) der gründung ein halbes jahr nach meiner geburt gefallen ist.

eisenhüttenstadt hatte übrigens mit saarlouis die erste deutsch-deutsche städtepartnerschaft. die einwohnerzahl hat sich während der ddr-zeit verzehnfacht.

ich lerne hier viel über architektur. die lindenallee, an der wir stehen, war in der ddr die einzige ladenstraߟe und mir wird deutlich, eine wie untergeordnete rolle der konsum im alltag der ddr gespielt haben muߟ, der im westen krebsartig das ganze leben überwuchert hat. diese proportion hier ist mir wesentlich angenehmer und die menschen sind mir sympathisch.

   
 

die konsumhöllen liegen hier alle auߟerhalb oder an der peripherie – da müssen die sammlerinnen weit laufen, um dann oft nach einer stunde des geländes verwiesen zu werden: privateigentum ist die begründung. heute haben wir eine fahrt für johanna, nadine und benjamin mit dem austausch von leeren gasflaschen kombiniert – sie sind dort in dem einkaufszentrum geblieben und haben losgelegt. christopher ist durch die stadt gestreift und wurde auch an mehreren weit auseinander liegenden stellen weggejagt. aus der redaktion der märkischen oderzeitung haben wir strom bekommen und ein inter-essierter redakteur wird in der morgigen ausgabe über uns schreiben. 

schaun wir mal – gabriele ermahnt mich, ins bett zu gehen.

  

dieses mutter-denkmal steht gegenüber von einem monströs-klotzigen rathaus.