war es ganz schön anstrengend und wundersam erfolgreich. es fing damit an, daß wir nur auf einem holprigen pfad mit lauter schlaglöchern von hinten an unseren platz schaukeln konnten, wo wir an allen seiten baumberührung hatten.
dann hat johannes vor einem ziemlich vollen saal einen eindringlichen vortrag gegeben und das bild der im mittelmeer von uns getöteten flüchtlinge als sinnfälliges zeichen dafür gedeutet, wie vollkommen ratlos und festgefahren wir sind in unserer unglaublich privilegierten und komfortablen lage. das ist wirklich degeneriert… ich schäme mich die ganze zeit dafür und mühe mich täglich gern, immer möglichst offen und dem leben zugewandt zu bleiben. biotische lebensweise nenne ich das ja nach meinen jüngsten forschungen.
johannes hatte jetzt zum ersten mal die gelegenheit, an seinen guten vorsätzen zu arbeiten, was mich ganz besonders erfreut: er möchte in seinen vorträgen in zukunft seine zuhörerinnen für einen kurzen moment auf den teppich holen und mit der wirtschaftlichen realität konfrontieren: es ist doch wirklich scheußlich, daß wir betteln müssen, nur damit wir unsere wirklich dienliche arbeit machen können. hallo, hallo … man könnte doch glatt auf den gedanken kommen, uns freiwillig zu unterstützen, ganz besonders dann, wenn man soeben ein tief aufwühlendes und nährendes oratorium genießen durfte. höchste redekunst. das allein müßte doch viel wertvoller und damit teurer (lieb & teuer) sein als zum beispiel ein popkonzert, für das wir locker 100 euro hinblättern.
sein erster versuch bestand darin, daß er ziemlich unvermittelt und brutal ins publikum rief: „so, und jetzt müßt ihr den omnibus bezahlen!“. im nachhinein muß ich so darüber lachen. unsere förderinnenwerbung vor und nach der veranstaltung war damit für die katz. nur ein einziger besucher hat sich vor der veranstaltung (er hatte den vortrag noch nicht gehört) in unsere telefonliste eingetragen. und auf eine völlig unerwartete weise erwies sich dieser erste versuch als voller erfolg: in dem hut, den wir im ausgang hinhielten (als bettler), befanden sich am ende 360 euro!
und ich hatte johannes auf seine nachfrage hin eine eher skeptische einschätzung gegeben.
wie das leben so spielt.
dann sind wir um halb sieben aufgestanden und haben ab acht zwei klassen in je einer doppelstunde unsere arbeit erklärt … die erste doppelstunde war perfekt. eine kleine 12. klasse – fast nur mädchen. und das schöne war, daß edda im omnibus geschlafen hatte, weil sie am abend johannes‘ vortrag gefilmt hatte. wir haben die klasse um erlaubnis gefragt, daß sie filmen darf. und nachher hat sie gegrinst wie ein honigkuchenpferd. wir saßen auf augenhöhe in einem schönen stuhlkreis und alles entwickelte sich sehr lebendig.
es ist jetzt schon spät. die „jungs“ sind fußball kukken – ich ahne schon: unentschieden – verlängerung – elfmeterschießen, denn sie müßten längst hier sein. ich gehe jetzt hoch in mein hiesiges „kämmerlein“ und schmeiß im bett den schoßcomputer an.