seltsam schräg

stehen wir vor einem der ältesten rathäuser deutschlands – in brilon/wald – die stadt rühmt sich des größten waldbestands – „bis der borkenkäfer kam“, merkte hämisch jemand an.

schräg gegenüber am rechten rand ist noch ein zipfel des geburtshauses von friedrich merz zu sehen.

das wetter war grau & nieselig. das überschwängliche naturell der sauerländer dehnte die tage in breite & länge und schaffte spielräume für erkundungen & experimente.

zum beispiel ist danilo heute mal für ein stündchen mit seiner shakuhachi flöte in diese steinalte kirche gegangen – und ich war im stadtmuseum und bin wunderfitzig herumgestreunt.

zwischendurch immer mal wieder schöne, warmherzige gespräche, die quantitativ erst mal nicht zielführend, aber qualitativ umso eindrücklicher waren. ich hab mir angewöhnt, bei allen alltagsinteraktionen OMNIBUS unterlagen dabei zu haben und allen menschen, die sich für mich (den barfüßigen flamingo) interessieren, freimütig von meiner arbeit zu erzählen.

vor allem will ich bei der arbeit nicht an zahlen denken. dann fluppt alles wie fluxus. heute habe ich die leute von der raiffeisen-genossenschaft überredet, mir ganz unvorschriftsgemäß zwei gasflaschen an den OMNIBUS zu liefern – ich hab dem jungen mann zehn euro trinkgeld gegeben und alle waren glücklich mit diesem schrägen geschäft.

allerdings gibt es noch genug andere städte, in denen ich noch nicht gewesen bin …

sauer-land

auf unserer landschaftlich reiz- und handwerklich anspruchsvollen fahrt durch das sauerland ist uns eins sauer aufgestoßen:

wir hatten noch nie so viele kahle bergrücken & tote fichten gesehen …

… und noch nie so viel monokulturellen pfusch, dem abzuhelfen.

ich hab den blues und schicke passend diese beiden suchbilder aus brilon – morgen mehr.

japanischer knöterich

zehn meter daneben:

danilo macht daraus spinat & pesto und versucht, sich wunderfitzig mit den eindringlingen gemein zu machen: das ist der wahrhaft musikalische weg …

omi da lang

jetzt bin ich bis auf weiteres mit danilo allein unterwegs und freu mich drauf – „danilo musso“ – schon den namen lasse ich mir jedesmal auf der zunge zergehen. er hat auf einer gesamtschule in hamburg ein nullkommaneun abi hingelegt und war beim ausbruch von corona in china. ich bin 50 jahre älter und verlaß mich gern auf seine einschätzungen, denn er ist ein kind des neuen jahrtausends, vielseitig interessiert und zu allem bereit. weltläufig & vielsprachig – und vor allem: ein vollblutmusiker. wenn er „queer“ ist, bin ich es auch. bei exotischer musik können wir einträchtig jeder für sich arbeiten und uns jederzeit in erhellenden gesprächen über unsere wahrnehmungen austauschen. diese beiden bilder hat elias uns geschenkt:

im sitzen sind wir fast gleich groß. ich hab ihm meine rollerblades geschenkt, die ich immer dabei & nie genutzt habe – sie passen ihm wie angegossen und er konnte sich mit elias austoben ,..

das wochenende verbringen wir kostenlos auf einem parkplatz am rand der stadt und werden morgen den tag für eine abwexlungsreiche fahrt durch das sauerland nutzen,

da geht er hin …

gestern mußte elias zurück an die uni – vollgepakkt mit seinen artistischen utensilien – ein echter wanderzirkus, den er auch treu zum praktischen einsatz gebracht hat. wir haben den abschied genüßlich auf zwei tage verteilt, beginnend mit einem abschiedsmahl beim italiener. danach hat uns elias noch einmal seinen auftritt mit dem cyr-rad gezeigt – und anschließend einen atemberaubenden film über den auftritt einer kleinen anarchistischen zirkus truppe ohne direktor, der uns alle tief berührt hat. wie von selbst kamen elias‘ artistische begabungen ins spiel und seine zukunft als bildhauer – für mich ist er längst ein praktizierender artist.

dieses bild ist eine unserer gemeinsamen produktionen. wir wünschen ihm alles mögliche.

mit ihm ging dann auch eine unvergeßliche band zu ende – eine lässige dreifaltige symbiose / symbiotische dreifaltigkeit, die einsame spitze war!

am letzten tag haben wir sogar daran gedacht, jemanden um ein band foto zu fragen.

ich schrumpfe zwischen diesen lustigen kerlen richtig zusammen – wie soll ich ohne sie jemals diese arbeit machen können ?

oder ohne simone & pia – die weibliche variante von professioneller fürsorge (es ist ja so viel von „care arbeit“ die rede) ?

alle meine engel & engel*innen – ich bin unendlich dankbar für jedwedes beisammensein!

ich bin dabei das kind …

attendorn – sauerland

attendorn war ein wexelbad der stimmungen & temperaturen – am ersten tag grellheiß und am zweiten naßkalt – mit einem von weitem anrollenden gewitter dazwischen.

vor uns auf dem platz gab es elektronisch gesteuerte wasserspiele, in denen sich begeistert die kinder austoben konnten, während die mütter palavernd im schatten einer knorrigen platane saßen, die noch kaum blätter hatte.

zwar war der platz vor uns am ersten tag angenehm belebt, aber die menschen waren schüchtern wie immer, wenn wir zum ersten mal irgendwo auftauchen. mit denen, die uns ein lächeln schenkten, entstanden interessante & überraschende gespräche, die allerdings im reich der zahlen erst mal keine konsequenzen hatten.

ganz anders am zweiten tag, als es kalt & regnerisch war: im OMNIBUS fanden vollkommen analoge gespräche statt, die vom leben selbst koreografiert waren und alle erwartungen weit übertroffen haben. wir haben uns beschenkt & energetisch angereichert.

die stadt wirkt kahl und wie frisch gewaschen – als ich erfahren habe, daß sie weit unterhalb der wasserfläche des weit verzweigten biggesees liegt, ging meine fantasie mit mir durch …

auf alten fotos ist zu erkennen, daß sie bei der „sanierung“ der innenstadt so gut wie alle bäume gefällt haben bis auf ein paar dekorative wie die besagte platane.

pflanzen scheinen die hier für ungeziefer zu halten.

limburg an der lahn

das wetter ist schlagartig in sein gegenteil umgeschlagen und wir hatten zwei lebendige & inspirierende & erfolgreiche arbeitstage … endlich mal wieder. ich habe viele interessante einzelheiten über die stadt gelernt. schon in den sechziger jahren wurde in der altstadt ein baustopp verordnet und die platanen auf unserem platz sind durch zwei bürgerentscheide gerettet worden. aktuell läuft ein bürgerbegehren gegen die ausrottung der tauben.

es gibt 700 jahre alte, liebevoll restaurierte fachwerkhäuser, über denen wie ein gebirge der romanische dom thront, der zu seiner zeit gewiß eins der größten gebäude deutschlands war.

ich konnte endlich meine wunderfitzigen abendspaziergänge wieder aufnehmen und die schönsten entdeckungen machen – zum beispiel eine brille mit eingebauten kameras, die mir den sehnlichen wunsch erfüllen könnte, bilder zu machen, während ich durch die landschaft gondele.

aurelia & imma haben einen eindruck gewonnen von unserer arbeit und werden womöglich zu ihrem sozialpraktikum wieder an den OMNIBUS kommen, wenn sie das mit ihrer schule klären können. sie sind am dienstag mittag abgereist. abends hat jonas von der neuwagenmühle danilo zu seinem schwitzhüttenritual in der walpurgisnacht abgeholt, die elias & ich ohne genehmigung auf unserem platz verbracht haben, so daß wir den ersten mai für eine gemächliche, landschaftlich reizvolle fahrt ins sauerland nutzen und ganz nebenbei den OMNIBUS füttern & versorgen konnten.

jetzt sind wir – zum ersten mal – in attendorn am biggesee.

ich strample …

mit den ereignissen mitzuhalten – also: salto rückwärts und ein spotlight auf limburg an der lahn:

der clan

neben birgit & kalla, den herbergseltern, leben noch leonie und ihr sohn jaron sowie acelia und ihr vater jonas auf der mühle – und anna ist vor kurzem in einen bauwagen ohne strom gezogen. wir haben uns kreuz & quer befreundet und ich hatte den kindern eine rundfahrt versprochen, die am ende dazu führte, daß leonie & die kinder bis nach limburg mitgefahren sind und jonas mit dem auto hinterher …

leonie ist vor etwa 20 jahren für eine woche im OMNIBUS mitgefahren – ich glaube, sie war damals eine renitente problemschülerin. auch jetzt war sie mir gleich total sympathisch.

ohne daß sie ein paar bilden, lebt sie mit jonas und den kindern in einer praktischen wohngemeinschaft. wenn die mühle ein bolo wäre, wäre sie eine einheimische im besten sinn. sie hat sich mit danilo für die walpurgisnacht zu einem indianischen ritual verabredet …

eine meiner größten freuden ist es, mitzuerleben, wie sich biografien zu voller blüte entfalten – da zähle ich leonie jetzt auch dazu.

incommunicado

von montabaur aus sind wir abenteuerlich zwischen westerwald & taunus herumgekurvt – mit serpentinen & wendemanövern, um so nah wie möglich an die neuwagenmühle im jammertal heranzukommen, wo wir zum heftig ersehnten ersten wochenende eingeladen waren. in kördorf hatten birgit & kalla einen platz für uns reserviert – vor einer scheune als improvisierter shuttle stop.

ich hatte kein netz und mußte über bande organisieren, daß aurelia & imma – zwei schülerinnen, die aus bawü zu uns unterwegs waren, in einem städtchen an der lahn abgeholt werden konnten – ihre anschlüsse hatten nicht geklappt und ich war nicht zu erreichen. am ende haben elias & ich (als beifahrer) sie schon ganz lässig an der bahnhofstreppe empfangen & willkommen geheißen.

dann war alles wie im märchen:

es wartete schon ein üppiges abendmahl auf uns – nach einem lebhaften willkommens- & kennenlern tanz – und bot die gelegenheit, uns behaglich auf die gemeinsame zeit und diesen wunderlichen ort einzustimmen. ich war froh, kein netz zu haben.

ich hatte birgit seit über zehn jahren nicht gesehen – und ich glaube, wir haben uns beide auf dieses wiedersehen gefreut. sie oszilliert zwischen „jüngere schwester“ & „weise alte frau“ und ich habe keine ahnung, zwischen wem oder was ich wohl für sie oszilliere. wir haben uns jedenfalls prächtig verstanden und reich beschenkt.

alle haben sich angefreundet & herumgetrieben auf diesem abenteuerlichen gelände – die jungs haben sich in dem fluß herumgewälzt, der die mühle antreibt und den strom erzeugt:

so nah an den elementen schaltet die zeit auf freilauf – wir haben uns gefühlt wie einheimische auf urlaub und mit vollen sinnen dieses zauberhafte wochenende ausgekostet …

es ist spät und ich gerate ins schwadronieren – ich kann sowieso nicht alles erzählen.

deshalb noch paar bilder: