urlaub !?!

über den industriellen tourismus habe ich hier ja schon öfters gelästert – also hab ich mal innegehalten und die tage hier im auge des tornados fänomenologisch in den blick genommen. was kann ich lernen?

zuerst ist mir aufgefallen, wie viele vollständige familien ich hier erleben & studieren kann – und vor allem, was für ein sinnlicher ausnahmezustand es ist, wenn alle mal außerhalb ihres alltags zusammen was improvisieren und sich überraschen lassen. ich habe gleich einen salto rückwärts in meine kindheit unternommen, aus der die urlaube wie unwirkliche glücksinseln herausragen.

und schon wendete sich meine anschauung ins positive und ich war mittendrin in einer hochinteressanten sippenschau mit vielfältigen variationen. so ein besonderes publikum gibt es eben nur im urlaub! väter sehen wir ja sonst nur so selten wie ihre kinder.

wir müssen hier jeden tag den platz wexeln und standen heute am yachthafen vor einem großen spielplatz, der für einen lebendigen soundtrack sorgte. obwohl die beiden plätze nah beieinander liegen, ist die überfahrt jeweils ein spektakuläres manöver vor großem publikum.

die sonne brannte erbarmungslos und – oh wunder – ich hatte keine dikken füße.

zu guter letzt ist mir noch eingefallen, daß ich das, was „normale“ leute im urlaub machen, jeden tag mache – und zu welch einzigartiger lebensqualität mir das verhilft. ich bin meinem „alltag“ so dankbar!

altenpflege

seit elias wieder da ist, läuft die arbeit in vertraulichen bahnen und ich kann mich wieder voll der gegenwart öffnen. es ist durchaus nicht ironisch gemeint, wenn ich als hauptaufgabe meiner bandmitgliederinnen „altenpflege“ nenne.

ware waren

waren war einer der liebsten ferienorte der ddr-menschen. ich habe die entwicklung seit den nuller-jahren immer wieder mit schrekken erlebt und hier kommentiert

wie ein bösartiges karzinom wuchert das geld aus dem westen inmitten einer der schönsten landschaften. die öffentlichen toiletten kosten einen euro. der busparkplatz, zu dem ich mich – allein – vorgetastet hatte, war so unverschämt teuer, daß ich nicht im traum daran dachte, ihn zu bezahlen. ich wußte aus der genehmigung, daß unser platz durch elektronische poller abgesperrt war, die morgens von sieben bis zehn uhr für den lieferverkehr geöffnet waren. also bin ich in die enge altstadt gelaufen und habe nach schlupflöchern gesucht – und zwei mechanische poller gefunden, die nur lose eingesteckt waren. während ich die dadurch möglich gewordene strecke abgelaufen bin, rief mich elias vom OMNIBUS aus an – er hatte den OMNIBUS auf dem weg vom bahnhof in die stadt gefunden …

… und wir haben gemeinsam vor mit offenem mund staunendem publikum das angeblich unmögliche kunststück vollbracht, den OMNIBUS in einer von uns gewählten position auf dem neuen markt zu installieren und dort eine ruhige & kostenlose nacht zu verbringen:

(mein blick aus dem fenster)

um 00:00 uhr hab ich angefangen – und um 01:00 uhr hör ich auf – mit einem kwadrat:

und zwei hochformaten:

nacht zusammen

the four-gated city

so heißt eins meiner lieblingsbücher von doris lessing – und so nennt sich neubrandenburg:

die viertorige stadt

das paßt auf verrükkte weise: die urtümliche stadtmauer mit diesen monumentalen torgebilden umschließt nicht nur das kalte herz der ostmoderne, sondern heutzutage auch noch den trostlos entfesselten kommerz des westens.

mein omnisono solo gelingt allmählich besser: zwischendurch befestige ich diesen zettel von außen mitten auf einem der goldenen punkte der mittleren tür:

und erledige allfällige besorgungen – ganz ohne schuldgefühle. ich bin ja nicht zwanghaft. ha ha. ich beginne, diese „notwendigen“ intermezzi zu genießen.

inzwischen bin ich wieder für das wochenende allein auf einem parkplatz in der periferie gestrandet. das wetter ist trüb & ungemütlich und ich verliere mich in interessanter lektüre, die ich von klein jasedow mitgenommen habe …

ich bin draußen

guten flug !

mit diesem lieben gruß und einem perfekt installierten frühstückstisch ist danilo heute in aller früh wieder davon geflattert und ich bin schon wieder „omnisono solo“.

gestern abend haben wir lekker japanisch gegessen und sind in zwei etappen innen & außen an der unverwüstlichen stadtmauer entlang spaziert, die von einem wall aus uralten bäumen umgeben ist und vier imposante toranlagen hat. die vielen alten steine haben uns wohltuend entschleunigt und unsere zungen gelokkert.

wenn ich ein flamingo bin, dann ist danilo ein albatros, der sein leben am liebsten im freien flug verbringt und womöglich nur zur fortpflanzung landen wird.

ich bin immer froh & dankbar, wenn er da ist.

omnisono solo

illustrationen

hier will ich versuchen, meinen eintrag von gestern in bildern zu konkretisieren

kein schatten & keine bäume !

ostmoderne

die geschichte von neubrandenburg hat mich tief berührt:

während die einwohnerinnen in die umliegenden wälder geflohen waren, haben die späteren sowjetischen brüder bei ihrem einmarsch die altstadt, die von einer mächtigen, vollständig erhaltenen, fast kreisförmigen stadtmauer umgeben ist, mit flammenwerfern völlig zerstört – sie haben der stadt buchstäblich das herz herausgerissen. wie kann eine stadt ohne herz überleben? im aufkeimenden sozialismus?

begonnen haben sie mit „sozialistischem klassizismus“ – so nannten die das wirklich. so sieht die älteste flanke eines riesigen kahlen & ekkigen marktplatzes aus, der das „neue“ zentrum bildete. ab den sechziger jahren hat dann eine frau die stadtentwicklung übernommen und den platz weiter ausgebaut – mit einem ziemlich monumentalen „haus der kultur und bildung“ – in dem heute die tourist information und eine h&m filiale untergebracht sind – und dem ekkigen fallus auf dem bild oben – in einem stil, der heute leicht abfällig ostmoderne genannt wird. gleichzeitig wurde außerhalb der stadtmauer der industrielle wohnungsbau mit elfstöckigen plattenbauriegeln brutal vernünftig bis ans ende dieser sackgasse getrieben.

ich wüßte zu gern, wie der platz bei der „wende“ ausgesehen hat, denn heutzutage ist er endgültig dem nackten kommerz verfallen.

denn die beiden restlichen flanken wurden mit westlichen konsumtempeln bebaut. da steht kein einziger baum mehr.

ab morgen bin ich wieder allein und habe keine zeit mehr, dieser spur zu folgen. wer mehr wissen will, kann hier klikken – es lohnt sich!

kontrast

das ist ein suchbild von heute abend, nach angespannten 100 kilometern durch alleen mit diesem alarmierenden verkehrszeichen „eingeschränktes lichtraumprofil“.

alleenfahrten

erst mal zwei suchbilder in beide richtungen – oben ist ganz winzig danilo zu sehen, wie er den OMNIBUS fotografiert und unten ganz winzig der OMNIBUS, wie danilo ihn fotografiert hat.

die beiden hat er mir auch geschenkt – die perfekte überleitung zu der archetypischen alleenfahrt von wolgast nach klein jasedow, die ich mit weit offenen sinnen genossen habe.

im fußgängertempo – wobei es mir auf glatter strecke kaum gelingt, langsamer als 30 stundenkilometer zu fahren. die mit tigerköpfen gepflasterten straßen hatten über jahrhunderte (?) tief eingefahrene radspuren & einen hoch gewölbten rücken. da schaukelte & rappelte der OMNIBUS geräuschvoll bei 15 stundenkilometern. gegenverkehr erforderte jedes mal heikle manöver. meine vorfreude auf klein jasedow und die art & weise, in der ich die beiden tage allein relativ entspannt überlebt hatte, haben mir ermöglicht, mich diesem urerlebnis eines pflanzlichen gemeinwesens bedingungslos hinzugeben und die beteiligten „leute“ einzeln wahrzunehmen – darunter eine 900 jahre alte eiche.

auf dem holprig schrägen plattenweg, der ins „dorf“ führt, war ich so beschäftigt & zufrieden, daß ich davon keine bilder gemacht habe.

zwei premieren

salto rückwärts – ich war wieder zwei tage allein – in riebnitz-damgarten & in wolgast.

in riebnitz-damgarten standen wir an einer viel befahrenen rubbelstraße. die stadt liegt an einem bodden und ist ideal für entspannte familienurlaube mit dem segelboot geeignet. abends habe ich diesen seltsamen zwitter entdeckt.

in wolgast stand ich dann kontrapunktisch auf dem stillen rathausplatz – da fuhren überhaupt keine autos – und die touristen waren mit ihhbaix oder zu fuß unterwegs. rein & raus war es abenteuerlich eng.

abends habe ich entdeckt, daß es dort einen nördlichen übergang nach usedom gibt und mir vorgenommen, daß ich bei näxter gelegenheit hier mal eine regionaltour rund um klein jasedow machen und usedom mit einbeziehen will – im norden rauf & im süden runter.

viertel vor zwei – ich geh ins bett.