apropos bäume

ich will nicht immer nur mekkern – und kann auf meiner tour durch mekkpomm eine überraschende erfahrung machen, die ich lobend erwähnen will:

seit der „wende“ sind hier zigtausende von bäumen an den straßen entlang gepflanzt worden – die springen mir überall ins auge …

und

gemessen an der tatsache, wie viele kilometer ich mich mit bangem bauch unter „eingeschränktem lichtraumprofil“ durch alte alleen schlängele, scheint sich die erkenntnis durchgesetzt zu haben, daß man die tunlichst in ruhe läßt …

teterow blues

salto rückwärts

noch ganz benommen & erschüttert von dem kulturellen gemetzel an den „ivenacker eichen“ sind wir bei einbruch der dunkelheit in einer eigens für uns abgesperrten parkbucht in der periferie von teterow gelandet, ohne irgendwas über dieses städtchen zu wissen. lisa hatte in höxter not ganz kurzfristig diesen platz ergattert, weil sie mal wieder eine absage aus der geplanten stadt erhalten hatte. die freundliche frau vom ordnungsamt hatte schon darauf hingewiesen, daß der OMNIBUS wegen seiner höhe nicht auf den zentralen platz vor dem rathaus fahren könne.

auf meinem abendspaziergang durch die völlig menschenleere altstadt hab ich die obigen bilder aufgenommen …

… und mitten im frühstück klopfte der parteilose bürgermeister an unsere tür und hat sich überschwänglich für unser kommen bedankt. seit der kommunalwahl hat die afd die meisten sitze im stadtrat vor der cdu – und nichts besseres zu tun gehabt, als zu versuchen, den bürgermeister durch ein bürgerbegehren zu stürzen. im hintergrund lauert ein investor, der der stadt einen ausgedehnten „solarpark“ aufschwatzen will. da kann sich ja jeder das politische klima ausmalen.

ich war sofort hellwach und wollte alles über dieses städtchen wissen, das in seiner 800-jährigen geschichte so oft abgebrannt ist, daß von der massiven ringförmigen stadtmauer nur zwei tore übrig geblieben sind – durch die der OMNIBUS nicht paßt. der rest wurde für den wiederaufbau der häuser verbaut.

es war sogar verboten, tabakspfeifen ohne deckel zu rauchen – als einmal generalfeldmarschall blücher zu besuch war, der von diesem verbot nichts wußte und gemütlich seine pfeife rauchte, wurde diese ihm von einem empörten bürger entrissen. als sich dann später der bürgermeister bei ihm entschuldigte und ihm eine pfeife mit deckel schenkte, war sein kommentar: „wat futsch is, is futsch“. und schon wieder ein verrükktes denkmal!

die feuerwehr ist heute ein museum und liegt malerisch an einem mühlenteich. mich hat die geschichte dieses städtchens sehr berührt und in eine wehmütige stimmung versetzt. alle, die das nachvollziehen wollen, können hier klikken (epistemologische askese!)

auch die – wenigen – gespräche waren rührend herzlich. deshalb will ich diesen blues mit einem kwadrat beenden: die schlichten laternen haben mir sehr gefallen:

intermezzo

hier gibt es tatsächlich ein „frank zappa denkmal“ – und alle jahre wieder findet eine „zappanale“ im andenken an den „meister“ statt – das mußte ich sehen. ich bin nämlich seit fünfzig jahren ein glühender verehrer dieses vollblütigen virtuosen. ich kenne sein gesamtes werk und habe ihn zweimal live gesehen – einmal bin ich per anhalter vom niederrhein nach münchen gefahren, um ihn zu sehen. einmal war ich in new york nach einem konzert im „fillmore east“ mit ihm in der gleichen aufzugkabine – und zu schüchtern, ihn anzusprechen – das könnte mir heute nicht mehr passieren und er ist längst eine verwandte seele geworden.

für die musikindustrie war er sowas wie karl kraus in seiner zeit für die welt der schreiber.

bei seinem grimmigen & selbstironischen humor kann ich mir sogar vorstellen, daß er seine freude an diesem verrükkten denkmal hat – verglichen mit einem reiterdenkmal von bismarck.

kunst für die armen

salve maestro

premiere

in waren habe ich elias zum ersten mal die auswahl der blumen anvertraut – er saust immer mit dem faltrad rum und macht die allfälligen besorgungen – und ich sehe den gezwirbelten bart des zirkusartisten durchschimmern – auch noch nach 2 tagen in der prallen sonne …

danke – mein lieber !

ausflug

nach unseren seltsam inspirierenden & erfolgreichen drei tagen in waren wollte ich elias auf dem weg nach teterow gern noch die „ivenacker eichen“ zeigen, angesichts derer ich vor über 20 jahren in demütiger andacht zu einem lächerlich kleinen tierchen geschrumpft bin – tausendjährige baumriesen, unter denen mich eine 900-jährige buche am meisten beeindruckt hat.

jetzt waren da nur noch wenige eichen, die ich hier kwadratisch würdigen & anbeten will, weil sie oben rum erbarmungswürdig zerfleddert waren und ich wieder ganz winzig.

es gab ein kassenhäuschen mit öffnungszeiten & preislisten und einen wald von warnschildern & sicherheitshinweisen und einen „wipfelpfad“, der auf mich wirkte wie eine dystopische überwachungsanlage.

was die kriege der letzten 500 jahre einschließlich des tausendjährigen reichs und der ddr nicht geschafft haben, haben wir – „der freie westen“ – in den letzten 20 jahren mit kultureller hemmungslosigkeit erreicht:

dieses urwüxige heiligtum zu schänden und bis zur unkenntlichkeit zu zerstören.

wir sollten uns schämen – ich würde es als ehre empfinden, von so einem uralten riesen erschlagen zu werden.

mit diesem morfo bitte ich um verzeihung.

urlaub !?!

über den industriellen tourismus habe ich hier ja schon öfters gelästert – also hab ich mal innegehalten und die tage hier im auge des tornados fänomenologisch in den blick genommen. was kann ich lernen?

zuerst ist mir aufgefallen, wie viele vollständige familien ich hier erleben & studieren kann – und vor allem, was für ein sinnlicher ausnahmezustand es ist, wenn alle mal außerhalb ihres alltags zusammen was improvisieren und sich überraschen lassen. ich habe gleich einen salto rückwärts in meine kindheit unternommen, aus der die urlaube wie unwirkliche glücksinseln herausragen.

und schon wendete sich meine anschauung ins positive und ich war mittendrin in einer hochinteressanten sippenschau mit vielfältigen variationen. so ein besonderes publikum gibt es eben nur im urlaub! väter sehen wir ja sonst nur so selten wie ihre kinder.

wir müssen hier jeden tag den platz wexeln und standen heute am yachthafen vor einem großen spielplatz, der für einen lebendigen soundtrack sorgte. obwohl die beiden plätze nah beieinander liegen, ist die überfahrt jeweils ein spektakuläres manöver vor großem publikum.

die sonne brannte erbarmungslos und – oh wunder – ich hatte keine dikken füße.

zu guter letzt ist mir noch eingefallen, daß ich das, was „normale“ leute im urlaub machen, jeden tag mache – und zu welch einzigartiger lebensqualität mir das verhilft. ich bin meinem „alltag“ so dankbar!

altenpflege

seit elias wieder da ist, läuft die arbeit in vertraulichen bahnen und ich kann mich wieder voll der gegenwart öffnen. es ist durchaus nicht ironisch gemeint, wenn ich als hauptaufgabe meiner bandmitgliederinnen „altenpflege“ nenne.

ware waren

waren war einer der liebsten ferienorte der ddr-menschen. ich habe die entwicklung seit den nuller-jahren immer wieder mit schrekken erlebt und hier kommentiert

wie ein bösartiges karzinom wuchert das geld aus dem westen inmitten einer der schönsten landschaften. die öffentlichen toiletten kosten einen euro. der busparkplatz, zu dem ich mich – allein – vorgetastet hatte, war so unverschämt teuer, daß ich nicht im traum daran dachte, ihn zu bezahlen. ich wußte aus der genehmigung, daß unser platz durch elektronische poller abgesperrt war, die morgens von sieben bis zehn uhr für den lieferverkehr geöffnet waren. also bin ich in die enge altstadt gelaufen und habe nach schlupflöchern gesucht – und zwei mechanische poller gefunden, die nur lose eingesteckt waren. während ich die dadurch möglich gewordene strecke abgelaufen bin, rief mich elias vom OMNIBUS aus an – er hatte den OMNIBUS auf dem weg vom bahnhof in die stadt gefunden …

… und wir haben gemeinsam vor mit offenem mund staunendem publikum das angeblich unmögliche kunststück vollbracht, den OMNIBUS in einer von uns gewählten position auf dem neuen markt zu installieren und dort eine ruhige & kostenlose nacht zu verbringen:

(mein blick aus dem fenster)

um 00:00 uhr hab ich angefangen – und um 01:00 uhr hör ich auf – mit einem kwadrat:

und zwei hochformaten:

nacht zusammen

the four-gated city

so heißt eins meiner lieblingsbücher von doris lessing – und so nennt sich neubrandenburg:

die viertorige stadt

das paßt auf verrükkte weise: die urtümliche stadtmauer mit diesen monumentalen torgebilden umschließt nicht nur das kalte herz der ostmoderne, sondern heutzutage auch noch den trostlos entfesselten kommerz des westens.

mein omnisono solo gelingt allmählich besser: zwischendurch befestige ich diesen zettel von außen mitten auf einem der goldenen punkte der mittleren tür:

und erledige allfällige besorgungen – ganz ohne schuldgefühle. ich bin ja nicht zwanghaft. ha ha. ich beginne, diese „notwendigen“ intermezzi zu genießen.

inzwischen bin ich wieder für das wochenende allein auf einem parkplatz in der periferie gestrandet. das wetter ist trüb & ungemütlich und ich verliere mich in interessanter lektüre, die ich von klein jasedow mitgenommen habe …

ich bin draußen

guten flug !

mit diesem lieben gruß und einem perfekt installierten frühstückstisch ist danilo heute in aller früh wieder davon geflattert und ich bin schon wieder „omnisono solo“.

gestern abend haben wir lekker japanisch gegessen und sind in zwei etappen innen & außen an der unverwüstlichen stadtmauer entlang spaziert, die von einem wall aus uralten bäumen umgeben ist und vier imposante toranlagen hat. die vielen alten steine haben uns wohltuend entschleunigt und unsere zungen gelokkert.

wenn ich ein flamingo bin, dann ist danilo ein albatros, der sein leben am liebsten im freien flug verbringt und womöglich nur zur fortpflanzung landen wird.

ich bin immer froh & dankbar, wenn er da ist.

omnisono solo