werner
an ort & stelle
heute haben bis zu vier männer in stundenlanger geduldiger kleinarbeit den 700 kilogramm schweren motor an seinen platz bugsiert & befestigt. ich glaube, das war auch für sie ein vergleichsweise dramatisches unterfangen. ich habe es jedenfalls aus der periferie so wahrgenommen und war schwer beeindruckt.
brigitte hat mir ihr auto gebracht, damit auch ich etwas unternehmen kann …
am mittwoch bin ich in köln mit meiner schneiderin verabredet, um ihr meine afrikanischen stoffe zu bringen und weitere strampelanzüge zu bestellen.
und – wie das leben so schön spielt – meine tochter, die ich ewig nicht gesehen habe, hat geburtstag und hat demet, die sie auch kennt, gleich mit zu sich eingeladen. ohne die panne wäre mir das nicht möglich gewesen …
stand by
an dieser stelle ist die arbeit eingefroren. ich erlebe einen seltsamen sonntag. willkommenes ausschlafen & ausschweifende lektüre. ich bestaune die blüten, die mein purzelbaum ganz nebenbei gezeitigt hat: den geburtstag von jan, das exquisite japanische essen. elena & die mackensen girls. alle tietzens & ihr anheimelndes zuhause. der abenteuerspielplatz bei pokra, wo ich meinen omnibus anatomisch begutachten konnte. ich digitaler idiot in einem raumschiff, in dem lauter algorithmen werkelten, um die ich nicht gebeten hatte. das wichtigste haben sie nicht bemerkt, daß nämlich die motorabdeckung unten herumflatterte. ich – 13 stunden isoliert wie ein goldfisch im glas. in witten habe ich zwei stangen manitou in vorrat genommen und unterwegs brigitte, jan hagelstein, stefan vom cafß© leye und vor allem völlig unverhofft stephan rempe & einen seiner brüder getroffen …
und heute ist es seltsam still, derweil sich im hintergrund wundervolle sachen ereignen – innerhalb kürzester zeit sind die schönsten spenden eingegangen. ich fühle mich getragen von einer höchst lebendig zusammengesetzten verwandtschaft, bei der ich mich vielleicht nie einzeln bedanken kann …
deshalb – von hier aus vollem herzen: ohne euch alle könnte ich nicht leben – danke für alles!
der omnibus sendet liebe grüße an alle.
eigentlich wäre das für mich anlaß zu den schönsten gesprächen & updates, aber ich habe heute mit keinem menschen gesprochen und am telefon niemanden erreicht. ich fühlte mich innerlich wieder wie der goldfisch im glas und konnte mich mit niemandem verabreden. also: sonntag = ruhetag.
ei diddit
mit einem wilden ritt auf einem frachter habe ich die lieferzeit für den motor. von acht wochen auf dreiunddrei0ig stunden verkürzt und tausendzweihundert kilometer abgespult – ich kann es selbst kaum glauben …
hier fischt peter am freitag abend mit dem gabelstapler die kostbare fracht aus dem transporter, dessen fähigkeiten ich ja erst mal erkunden mußte. der war mit voller telematic ausgerüstet und verband sich bereitwillig mit meinem eifohn. ich verfügte über meine gesamte mediathek, ich konnte mit beiden händen am lenkrad frei telefonieren und mir den weg erklären lassen. licht & scheibenwischer funktionierten automatisch. in dem dreibeinigen H der sechs vorwärtsgänge habe ich mich am anfang einige male verirrt. auf der hinfahrt regnete es unablässig und auf halber strecke wiesen mich gestikulierende autofahrerinnen darauf hin, daß „unten“ mit meinem leihwagen was nicht in ordnung war. in strömendem regen habe ich nachgeschaut und gesehen, daß die untere abdeckung des motors lokker herunterhing. sie war aus einem filzigen kunststoff und konnte keinen schaden anrichten – also bin ich bis berlin weitergefahren – unterwegs mußte ich noch mein ziel umprogrammieren, weil die tietzens zur feier des geburtstags von jan in einem „modernen“ sushi-restaurant verabredet waren mit den mack ensen girls (eine hebamme & zwei ärztinnen und ein fünf wochen altes baby) und elena, eine ehemalige kommilitonin von jan, die jetzt mit ihm zusammen im tietzschen architekturbüro praktisch arbeitet.
ich hab es als zeichen des himmels verstanden, daß mein blitztrip mit dem tag zusammenfiel, an dem mein geliebter enkel jan 25 jahre alt wird. ich hab mich mit dem testbescheid von egon in das lokal geschmuggelt, das schön japanisch schlicht & klar eingerichtet war. die toiletten bekamen 5 sterne. das essen war ein wahrer festschmaus mit vielfältigen kleinen köstlichkeiten und alle haben sich angeregt auf den neuesten stand gebracht. ein wunderbarer abend, rundum.
leon ist anschließend mit mir gefahren und hat mich nach alt kladow gelotst. vorher haben wir noch die lokkere motorabdeckung abgerissen und in den frachtraum gelegt. von da an hats auch nicht mehr geregnet.
alt kladow & die tietzens sind meine primäre andockstelle in berlin. ich fühle mich sehr willkommen und wir sind gleich in einem nahrhaften austausch.
diese jahresarbeit von leon hat mich tief beeindruckt.
er hat mich am freitag mittag in & durch die stadt zu dem neuen betriebsgelände von pokra gelotst, wo ich noch nie war und staunend auf um 20 jahre gealterte mitarbeiter reagierte. wow, ich bin inzwischen schon ein alter opa.
dort lag unser ersatzmotor schon bereit. aber erst mal waren wir ganz bezaubert von diesem abenteuerlichen betriebsgelände & den menschen, die uns die dazu gehörenden geschichten erzählt haben …
so sieht also mein gerippe aus!
dirk pokuntke ist für mich ein begnadeter unternehmer, der immer hilfsbereit & freundlich nach praktischen lösungen sucht und nie die übersicht zu verlieren scheint. obwohl er so eine riesen verantwortung hat, ist er sich nicht für den handfesten arbeitsalltag zu schade.
als der 700 kilo schwere motor in den laderaum gehievt wurde, ging mein transporter ganz schön in die knie – die rückfahrt würde ich eher als schwimmen bezeichnen. leicht krampfhaft habe ich alle heftigen bewegungen vermieden und das lenkrad mit beiden händen festgehalten. es gab drei längere staus und ich habe im durchschnitt 7.3 liter diesel verbraucht.
dieser verrückte blitztrip spielte in einem interessanten paralleluniversum – freitag nacht war ich ganz benommen & versonnen …
derweil hatten „die männer“ schon den kaputten motor ausgebaut – jetzt bin ich gespannt, wie schnell die klaffende wunde operiert werden kann und laß mich treiben …
sorry – das war jetzt keine epistemologische askese – aber ich mußte das rauslassen, um die sich überschlagenden ereignisse zu verdauen. jetzt bin ich wieder mit zuhause synchronisiert & hoffe, meinem symbionten dienstbar gewesen zu sein.
die diagnose
war niederschmetternd: der motor ist kaputt. angebot der werkstatt: ausbauen und zur reparatur an eine darauf spezialisierte firma schicken – lieferzeit: 6 bis 8 wochen …
… da kam ich echt ins taumeln und in meinem kopf redeten alle durcheinander. ich will beim omnibus bleiben – in guten & in schlechten zeiten – und diese krise mitempfinden – ich würde mich mehr zuhause fühlen als in meiner wohnung und näher dran am alltag, der mein eigentliches zuhause ist.
acht arbeitslose wochen konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, nachdem mein einstieg so wunderbar gelungen war. also hab ich dirk poguntke angerufen und einen motor aufgetrieben, den ich am freitag ab 14:00 uhr in berlin abholen kann. das war ein salto vorwärts – mir wurde ganz schwindlig und ich fühlte mich mit den administrativen notwendigkeiten überfordert.
und wieder mal hat michael routiniert die regie übernommen und digital alles vorbereitet. was mich ängstigt & nervös macht, erledigt er mit links. ich fühle mich dann immer gut behütet und höre auf, zu zittern.
kurzentschlossen werde ich die nacht von donnerstag auf freitag bei meinen freunden in alt kladow verbringen und kann sogar noch jan tietz persönlich zum geburtstag gratulieren.
ich freue mich jetzt schon auf dieses unverhoffte abenteuer, mit dem ich die arbeitslose zeit dramatisch zu reduzieren hoffe …
lebwohl, neue lisa
heute habe ich die neue lisa eine woche früher als geplant zur bushaltestelle auf dem berg begleitet. nach einer woche war sie so schön in fahrt gekommen und wir hatten erst die letzten tage die gelegenheit, die bandbreite unserer beziehung auszubauen. ich freue mich schon auf unser wiedersehen.
die bilder hat pia aufgenommen.
shop in shop
inzwischen haben „die männer“ früher als erwartet den omnibus mit hilfe eines feuerwehr-unimog & einer schleppstange in die werkstatt bugsiert und mit der diagnose begonnen. ich sitze also jetzt wie gewöhnlich auf der rückbank, umgeben von der dunklen werkstatt mit ihren crittern & gruben.
ein gewitter wurde von der außenhaut auf zimmerlautstärke gemildert. ich hoffe sehr, daß ich auf unbestimmte zeit im omnibus bleiben kann – ich kann & will mein zuhause nicht allein lassen.
salto rückwärts
ins loch von garzweiler 2: eine kundige amazone hat mich nachts an den rand geführt, weit hinter die absperrung. wir haben mit vergnügen den hausfrieden der technokratischen monster gestört.
nach der zeche zollverein ein weiteres beispiel der blindwütigen maßlosigkeit von großtechnologie – das gegenteil von „small is beautiful“. offensichtlich krachend gescheitert – ich staune und falle tief in gedanken – wenn ich religiös wäre, würde ich beten. ganz schön schräg, solche kranken auswüxe der technologie als heilige oasen zu nutzen und nach spuren verschütteter schönheit & lebendigkeit zu suchen.
meine fantasie geht mit mir durch und ich bin ganz kontemplativ gesonnen.
an solche orte sollten die kinder geführt und um rat gefragt werden …
vielleicht sind auf der seite der aktivistinnen deshalb so viele stofftiere zu finden …
geisterfahrt
hier sitze ich bei sechzig stundenkilometer vollkommen hilflos auf der seitenbank und erwarte bang enge kurven & kreisverkehre. manchmal rappelt es heftig und wirft das ganze cockpit durcheinander. ich ermahne mich, den beiden klasse tüpen zu vertrauen, die am vormittag mit ihrem mächtigen bergefahrzeug gekommen sind und in aller ruhe den omnibus fürs abschleppen vorbereiten …
… was ein kompliziertes unterfangen ist, denn teile der hinterachse müssen ausgebaut werden und wegen seiner höhe kann der omnibus nur minimal angehoben werden. während der arbeit neckten sie sich wie heranwaxende. in der gegenwart der gutartigen riesen, die sich um nutzfahrzeuge kümmern, fühle ich mich tatsächlich „geborgen“. ich bewundere die unerschütterliche ruhe & geduld, mit der sie probleme ergründen und mit ihren zum teil gewaltigen werkzeugen hantieren. ich kann mich immer besser mit ihnen verschwistern und versuche, möglichst viel von ihnen zu lernen.
der monster truck hat beeindruckende fähigkeiten – am ende machte sich dieses gespann auf den weg. lisa durfte vorn in der kabine auf dem bett sitzen und hatte eine lustige zeit mit diesen freundlichen männern, während ich mich hinten im omnibus vollkommen abgeschnitten fühlte und alles nur noch passiv mit mir geschehen und lassenskraft üben konnte.
jetzt stehe ich ziemlich weit vorn neben der heimatwerkstatt mit einem untüchtigen omnibus und habe null ahnung, was auf mich zukommt und vor allem, wie lange der omnibus für die arbeit ausfällt. das abschleppen allein kostet rund dreitausend euro – was die reparatur kosten wird, steht in den sternen …
und ich war so glücklich wieder in meinem element heimisch geworden.
immer schön lokker bleiben !
prinzessinnen
zwei leibhaftige prinzessinnen, die auf ihre vielen vornamen & adelstitel keinen wert legen, haben uns durch ein zauberhaftes wochenende und ihr verwunschenes reich geführt:
philomena & yolanda – frisch & hellwach & praktisch veranlagt wie ihre gräflichen eltern. solchem adel kann ich viel abgewinnen. beide brennen darauf, im omnibus mitzufahren und sind bei mir jederzeit willkommen.
die frau auf dem bild ist ihre urgroßmutter.
wir hatten viel freude aneinander …
dieses schöne bild hab ich verwirrt auf meinem eifohn gefunden, denn ich konnte mich nicht daran erinnern – später hat mir pia, die wir heute wehmütig verabschiedet haben, am telefon erzählt, daß sie es ganz selbständig aufgenommen haben. überraschung.
auch dieses bild hat mir pia geschenkt.
das wochenende war so heilig & unvergeßlich wie die mahnwache in lützerath … und selig erfüllt sind wir da weggefahren.