?

das ist das fragezeichen des nichtwissens, das ich in „dialogische intelligenz“ gefunden habe, einem buch, das tobi, der bauer vom hof pente, mir geschenkt hat. „das pflügende klassenzimmer“ hat mir so gut gefallen, daߟ ich jetzt wunderfitzig damit begonnen habe …

düstopie

wir fühlen uns wie zeitreisende in eine sozial zersplitterte düstopie – fragt sich nur: in welche richtung ? vor 100 jahren, in den goldenen zwanzigern, begann schon mal eine seuche mit den allseits bekannten blutigen folgen. ich sehe viele parallelen. ich male mir aus, was die nazis mit den digitalen medien angestellt hätten …

… und meine anthropologische fantasie geht mit mir durch. ich muߟ voll auf die bremse treten – um mich nicht aus der gegenwart reiߟen zu lassen. die zu studieren ich mich mühe. intensive ereignisse überschlagen sich. unter kriegsrecht. die medien verspritzen ein gift, das viel ansteckender ist als jedes virus. alte freunde weichen vor mir zurück und versuchen, mich mit diesem albernen ellbogenstoߟ zu begrüߟen, den die politik eifrig als neuen treueschwur propagiert. die razis kommen – schwer bewaffnet mit zahlen & daten. dank der asozialen medien ganz unblutig & antibiotisch.

als wunderfitziger raumfahrer vergegenwärtige ich mir, was es gleichzeitig sonst noch alles gibt und kann am ende ruhig & zufrieden sein. mit der band bin ich auf einer vertrauensvollen wellenlänge und in moorburg kann ich mich besinnen.

san alfredo bleibt im krankenhaus verschollen – am telefon klang er ganz kleinlaut. wir haben einige sachen im omnibus geborgen, aber seinen hausstand an der angestammten stelle zurücklassen müssen – mit einem leidenschaftlichen appell an die rumänischen trinker, die vor lauter alkohol über nacht alle wohltaten vergessen und immer bei uns ihre smartphones aufladen …

allzunah

rückt uns hier die kaltherzige verkommenheit der groߟstadt auf die pelle. wir stehen mitten in einem unablässigen gewimmel – viele gesichter sind nicht zu sehen und wir müssen lernen, augen zu lesen & gesichter zu erahnen. was nicht dem konsum & verkehr dient, ist in reichweite mit analen schmierereien bedeckt.

ich halte mich weiterhin an den fahrrädern fest und gehe früh ins bett.

wanja hat ganz schnell seinen omnibus bachelor gemacht und wir überstehen die strapazen in ruhigem einklang.

hard core

das ist der hausstand von san alfredo. letzte nacht um halb zwei klopfte er an den omnibus und rief um hilfe. ich lag nackt im bett und bin nur schnell in den strampelanzug geschlüpft:

eine horde betrunkener schläger hat versucht, ihre wut an ihm auszulassen und die herbeigerufene polizei war höchstens bereit, im streifenwagen aufzupassen, bis er seine sachen gepackt habe & verschwunden sei. meine appelle haben auch nicht gefruchtet.

„wohin soll ich denn gehen, mit all den sachen?“ – fragte er mich.

also haben wir zu zweit vier einkaufswagen & taschen & tüten & kartons & regenschirme in den omnibus verfrachtet und ich habe alfredo eingeladen, bei uns zu schlafen. die untere etage war proppenvoll und ich bin wieder mit wanja allein, der seinen schlaf braucht und nicht ahnte, was er morgens vorfinden würde … ich lag frühmorgens lange lauschend im bett.

morgens haben wir seinen sachen zum zweiten mal asyl unter dem mantel des omnibus gewährt. er sagte, er habe wegen seiner diabetes einen arzttermin, danach würde er sich um alles kümmern und ich solle mir keine sorgen machen …

… halb elf uhr abends und er ist nicht aufgetaucht – zwei seiner schäfchen haben mir tagsüber grüߟe von ihm ausgerichtet: ich solle mir keine sorgen machen – er käme gleich …

ich muߟte schon einige geier vertreiben, die seine sachen fleddern oder kaputtmachen wollten. die asoziale wirkung von alkohol kann ich hier in allen schattierungen erfahren.

so sitz ich da & will mir keine sorgen machen.

tagsüber

sieht der hausstand der alten dame so aus – während sie fröhlich & elegant & ohne zähne durch die stadt radelt – ich bin noch nicht dazu gekommen, sie nach ihrem namen zu fragen …

epistemologische askese

die fahrräder lassen mich nicht los und lisa hat mich auf den hausstand einer verrückten alten frau aufmerksam gemacht, die an einem s-bahn-zugang unter freiem himmel schläft. bei meinem abendspaziergang habe ich sie besucht und versucht, mich mit ihr zu unterhalten. ich hatte viele fragen, aber jedes wort, was ich sagte, war für sie nur anlaߟ, in einem schwer verständlichen bayrischen dialekt eine neue geschichte zu spinnen … wie wenn ich einen knopf gedrückt hätte. selbst ohne zähne wirkte sie wie eine dame. ich konnte nur staunen und muߟte mich irgendwann loseisen …

spiel des lebens …

vier wochen mitten in der groߟstadt – als teil einer kampagne – mir war völlig ungewiߟ, wie das sein könnte – nun entwickelt es sich zu einem gesamtkunstwerk mit groߟer sinnlicher bandbreite und synkopischen rhythmen. ich fühle mich gleichmütig aufgehoben in einem gröߟeren ganzen, das die ganzen vier wochen umspannt,

bad moorburg heilt zuverlässig alle wunden nach einer prallvollen woche. dieses mal wurden wir schon von einem empfangskomitee begrüߟt, das eine gesellige runde mit gästen & lekkerem essen für uns vorbereitet hatte. am ende saߟen wir rund ums feuer und schwelgten mit angelika & manfred in gemeinsamen erinnerungen …

und das schönste war: sofia, mein omnibus-zwilling, hat mich nach moorburg begleitet. wie mensch sieht, sind wir schon ziemlich siamesisch geworden. sie ist der mensch, der meine arbeit am besten mitmacht. wenn mal eine omnibus-professorin gesucht wird, kann ich sie wärmstens empfehlen.

wir haben ein trautes wochenende zusammen verbracht und sogar am samstag eine anregende expedition ins schanzenviertel unternommen. mit den öffentlichen verkehrsmitteln, wo eine penetrante ansage in zwei sprachen daran erinnerte, mit der maske stets mund & nase zu bedecken. ich fühle mich von wahnsinnigen gezwungen und schnappe jedesmal nach luft, wenn ich aussteige. sei’s drum – ich laߟ mir von sowas nicht die laune verderben und schreibe lieber weiter meine bicycle diaries:

jetzt sind lixa & wanja wieder da.

wanja

am freitag war ich mit wanja allein und das zusammenspiel glückte friedlich & souverän. hier läߟt er sich gerade mit engelsgeduld die welt erklären. er war von anfang an fasziniert von den arbeit und tauscht sich bereitwillig & angeregt mit mir aus …

wir sind schon ein trio.

am abend ist er übers wochenende zu seiner freundin gefahren.

bicycle diaries

vielleicht weil so viele menschen ihre gesichter verstecken, fallen mir an diesem groߟstädtischen verkehrsknotenpunkt besonders die unendlichen variationen von fahrrädern ins auge – und ich sehe überall bromptons.

ich bin bisher noch nicht viel vom omnibus weggekommen – höchstens mal essen oder ins kino. die wetterstürze machen mir zu schaffen und die abendspaziergänge sind kurz & heftig,

ich hab mich inzwischen grob darüber vergewissert, was mich in hamburg interessieren würde – und langsam reift der gedanke, mein fahrrad aufzufalten.