höchstpersönlich



enoch hat sich aus dem balkan kommend die zeit genommen, sich voll analog von mir zu verabschieden, unmittelbar bevor er für ein jahr in tokyo studieren wird.

wir sehen uns vielleicht zwei tage im jahr mit anderen menschen drumherum – gleichwohl haben wir – unabhängig von raum & zeit – eine zutrauliche & friedfertige verbindung aufgebaut, volle bandbreite & allgegenwärtig.

wir spinnen gemeinsam & elegant am groߟen netzwerk und alle leitungen oszillieren. besser gehts nicht!

diesen würdigen abschied werde ich für immer in meinem herzen tragen und freue mich schon auf die japanischen erzählungen …

machs gut, lieber enoch, und lebe wohl!



szenenwexel

mittags muߟten wir den platz am helenesee ziemlich abrupt verlassen, als das trio gerade begonnen hatte, in einem flieߟbandballett jeweils zwei unterschriftenbögen & ein faltblatt in umschläge zu praktizieren. wir haben alles zusammengeräumt und sind über winzige straߟen an der oder entlang nach frankfurt gefahren.




zum ersten mal stehe ich quer auf dem platz und es gefällt mir unerwartet gut. nachdem sie einen intelligenten & verspielten resteverwertungssalat herbeigezaubert hatten, haben die drei das briefumschlagsballett gut gelaunt zuende getanzt und alle briefumschläge gefüllt.




anschlieߟend sind sie nach polen gelaufen und haben sich dort umgeschaut, während ich telefoniert habe und administrativ aufgeholt.

es ist mal wieder spät geworden – deshalb nur noch ein kleines lekkerli:



feierabend …

die erste woche ist um – knapp zweitausend unterschriften haben wir gesammelt – das gemischte doppel & das frischlingstrio & das omnibus quintett. alle geben ihr bestes.




zum wochenende sind wir freitag nach der arbeit durch den tiefsten osten bis fast zu unserem nächsten auftrittsort gefahren und haben unterschlupf gefunden am helenesee – „unsere kleine ostsee“ sagen die leute … wie ich das verstehe, ist das ein schon zu ddr-zeiten gefluteter braunkohletagebau, sechzig meter tief und ein paradies für taucher, surfer, segler, kanuten & strandmenschen. es gibt eine strandpromenade, die aloha bar, waschhäuser & duschen & toiletten, das schnitzelhaus, eine dönerbude und einen asiagrill. in wilder ordnung stehen wohnmobile & zelte & bungalows zwischen kiefern im weitläufigen gelände. 




da konnten wir nicht reinfahren mit dem omnibus, aber ich hatte den versuch nicht umsonst gewagt, denn wir durften auf einen der vier befestigten plätze vor der einfahrt – mit allem versorgt.

nach umfangreichem putzen & aufräumen lassen wir es uns gut gehen und tanken auf für die zweite woche.



1 + 1 = 3

jeweils zwei unterschriften sammeln zu müssen ist viel anspruchsvoller als eine normale unterschriftensammlung – wenn da mehrere menschen gleichzeitig kommen, ist es für die meisten eine geduldsprobe und ich muߟ voll auf sendung gehen und zwischen den tischen hin & her springen.

unsere medienpräsenz war kolossal – ein guter zeitungsartikel, zwei radiointerviews, zwei fernsehbeiträge. 




die mädels haben sich mit einem plakatständer in einen durchgang gestellt, frequentiert von menschen, die aus der altstadt in die groߟe konsumhölle oder die aus periferen plattenbauten in die altstadt wollen. sie kommen gut ins sammeln rein und merken, wie es am besten funktioniert.

während yunus in einem ganz eigenen rhythmus allein durch die stadt streift wie ein junger maribu – manchmal sehe ich ihn vertieft neben unterschiedlichsten menschen auf bänken sitzen & reden, die mappen immer griffbereit.

heute haben wir wieder veritable fünfhundert unterschriften gesammelt. der freundliche heiko gulbe hat uns zum zweiten mal heiߟ erwartete pakete gebracht, die wir schon alle ausgepackt & eingeräumt haben.

da fällt mir ein:




das ist mein remix eines bildes, das mir georg hasler als fliegenden teppich vom jacobsweg geschickt hat als antwort auf meinen digitalen hilferuf. von dort hat er digital veranlaߟt, daߟ wieder eine kiste „blütenstaubwirtschaft“ bei mir angekommen ist – ich hatte schon eine sehnsucht danach entwickelt – bei einigen gelegenheiten haben mir meine lieblingsbüchlein schmerzlich gefehlt.

danke, lieber georg, für diese praktische anwendung deiner erkenntnisse, wo auch immer du bist.



pauline

pauline ist mit affenartiger behendigkeit in unsere band eingestiegen. sie war sofort voll bei der sache und wir können aus dem gemischten doppel alles herausholen – zur entspannung haben wir uns gestern abend „only lovers left alive“ im omnibus kino angeschaut.


gemischtes doppel

seit dem zweiten tag in senftenberg bilden wir mit pauline & milena ein kreuz & quer gemischtes doppel und gleichzeitig bin ich mit vergnügen der dirigent eines frischlingstrio’s. ich kann beobachten, wie sich das wesen & die haltung unterschiedlichster enkelinnen auf die arbeit auswirken. schwupps bin ich ein eifriger & dankbarer student. oszillierender rollentausch, denn jemanden wie opi da lang haben die frischlinge auch noch nie erlebt.




wir standen vor dem konsumhöllchen in senftenberg, weil der marktplatz seine aufgabe erfüllte und voller stände war. eine zeit lang konnten wir da gut sammeln und unsere kontaktaufnahme kultivieren.

haben   sie   schon   unterschriiieben

für   die   beiden   volksinitiatiiiven   ?!?

senftenberg liegt inmitten gefluteter braunkohlentagebaue und richtet alle seine hoffnungen auf einen „für-alle-was-im-angebot“ wassertourismus. die architektur ist eine mischung von datscha & las vegas. da kann ich nur viel erfolg wünschen.




inzwischen sind wir in cottbus und haben die tausendermarke geknakkt, was bedeutet, daߟ wir für jede initiative fünfhundert unterschriften gesammelt haben – die hälfte davon heute in der groߟen stadt. 

herzlichen dank an die band !!!



durchlaucht

eines der lieblingswörter von yunus ist „durchaus“ – und er spricht das mit sonorer stimme aus wie ein wahrer sprachgestalter. er ist zwischen welten & sprachen aufgewachsen und hat eine kindliche freude am reimen & fabulieren. herr duden wäre nicht begeistert, aber der ist eh schon lange tot.

manchmal sitzt er nachts fast so lange wie ich im omnibus und arbeitet: der digitale anteil ist mir ein rätsel und der analoge besteht aus kalligrafischen meditationen mit lateinischen buchstaben auf dinavier – ein anspruchsvolles unterfangen, das einen bätscheler verdient hätte.

die menschen reden gern mit ihm. auf mich wirkt er wie ein märchenprinz – deshalb habe ich ihm den kosenamen „durchlaucht“ geschenkt und wir lachen unisono, wenn ich ihn so anspreche.




hier im ballett mit zwei asiatinnen – eine hatte ihren hauptwohnsitz in brandenburg.

umstülpung

die welt des kampfsammelns ist – besonders im menschenleeren brandenburg – eine inter-essante herausforderung. es geht plötzlich gnadenlos um quantität. es kostet viel aufmerksamkeit, die intrinsische motivation nicht zu verlieren. das wörtchen „jede“ oder „jeder“ bekommt eine neue bedeutung. 

es gilt, friedfertig & freundlich unterschiedslos alle anzusprechen und nie zu dis-ku-tieren und zu ver-ur-teilen, obwohl viele äuߟerungen  feindselig & stumpfsinnig sind. liebe & offenheit sind angesagt. über mich ergehen lassen und geduldig auf das auftauchen des wirklichen menschen warten.

heute hat mich ein rentner aus sicherer entfernung miߟtrauisch beäugt und gespannt meinen ausführungen in einigen gesprächen gelauscht – ich konnte seine anwesenheit die ganze zeit spüren, obwohl ich meinen gesprächspartnerinnen voll zugewandt war. irgendwann – als es keine zeugen gab – hat er sich herangetraut und unwirsch gefragt: „was soll das ganze?“

am anfang unseres gesprächs sagte er sachen wie: „die flüchtlinge sind doch alle schmarotzer.“ er untermauerte das mit lauter objektiven und insofern richtigen beobachtungen. und erzählte, daߟ er auch busfahrer war und ziemlich weit herumgekommen. wir haben über die gastfreundschaft von armen menschen geredet. ich habe mich bemüht, ihm den mechanismus der objektivierungsfalle metaforisch vor augen zu führen und die subjektivität zu beschwören, wir haben uns darauf geeinigt, daߟ wir auge in auge eigentlich alle ziemlich vernünftig sind, jedenfalls wesentlich vernünftiger & sachlicher als unsere „vertreter“.

am ende hat er mir noch seine frau vorgestellt und zum abschied mit festem händedruck zu mir gesagt: „danke für das schöne gespräch. sie sind ein netter kerl.“

solche perlen halten mich bei laune und ich kann der stillen & weiten atmosfäre hier etwas abgewinnen und dem fehlen des konsumlärms. insoweit liebe ich die arbeit in brandenburg und kann mein bestes geben.



volle ladung

wir haben das wochenende auf einem wohnmobilplatz am see verbracht. milena & yunus sind schwimmen gewesen. wir haben geputzt & aufgeräumt und die ruhe vor dem sturm genossen.




um vier uhr sind wir auf den marktplatz von senftenberg aufgefahren. dahin kam der freundliche herr gulba mit einer ganzen wagenladung von paketen & papier und eine helena von mehr demokratie aus berlin, um uns zu instruieren & auszurüsten für die volksinitiative „wir entscheiden mit“ in brandenburg.

dann kamen kurz hintereinander pauline & cornelius als neue frischlinge. wir haben bei einem griechen zusammen gegessen und angefangen, uns kennenzulernen & auszutauschen. wie das leben so spielt: pauline & milena kennen sich von einem effessjott in vietnam und sind „zufällig“ jetzt beide gleichzeitig zum ersten mal im omnibus.

und meine letzte brandenburg tour endete in senftenberg.

jetzt schlafen alle schon und im omnibus sieht es schon wieder richtig nach kampfsammeln aus: