diese bilder habe ich von meinem ersten abendspaziergang in pinneberg mitgebracht – kontrapunktisch zu den beiden postkartenmotiven gestern.
diese bilder habe ich von meinem ersten abendspaziergang in pinneberg mitgebracht – kontrapunktisch zu den beiden postkartenmotiven gestern.
der ansonsten völlig gesichtslosen stadt habe ich den omnibus installiert – eine echte win-win-gelegenheit, die die amtsinhaber nicht wahrnehmen konnten und gewaltsam unterbunden haben: wenn wir am donnerstag abend wiederkommen, ist es uns ausdrücklich verboten, wieder so zu stehen. so what? ich werde mich nicht darüber ärgern – schließlich stand ich den ganzen tag im schatten – ich sehe schon wieder ziemlich wettergegerbt aus.
der tag war ein sinnenschmaus – eine frau mit strohhut hat fleißig mitgesammelt und die mädels sind naturtalente. am ende des tages war unser zählerstand: 3.777 !!!
heute morgen um halb sieben wurden wir von unserem platz verjagt – da war nichts zu machen. wir landeten verborgen in der hintersten ecke des platzes. der einzige vorteil war, daß ich wenigstens den vormittag über schatten hatte. die sympathischsten menschen hatten schon unterschrieben und es tröpfelte so dahin …
isa war an ihrem allerersten tag die erfolgreichste sammlerin. ich ahnte es schon: die eurythmie hat uns den tag gerettet. wir landeten durchaus zufrieden bei circa 350 unterschriften.
heute morgen um acht kam simone an – sie war in berlin um halb sechs losgefahren. wir sind in elmshorn, einem wirrwarr miteinander streitender bauwerke. zum sammeln eignen sich nur der platz vor dem omnibus, den ich leicht allein bedienen kann, und eine abgeranzte, immer schäbiger werdende fußgängerzone bis zum bahnhof. da haben sich simone & benjamin reingestürzt und ich habe sie den ganzen tag über nur jeweils kurz gesehen.
simone scheint die geborene kampfsammlerin zu sein. das sage ich, ohne sie heute bei der arbeit miterlebt zu haben, denn sie war den ganzen tag unterwegs. mir war plötzlich sonnenklar, daß sie in ihrem element sein würde.
benjamin ist ein alter sammelhase, den ich überhaupt nicht zu beaufsichtigen brauche.
ich stand den ganzen tag in der sengenden sonne und hatte dicke füße. wenn das so weitergeht, hole ich morgen meinen afrikanischen strampelanzug raus.
das frische trio ist sofort losgeflogen und hat eine unübertreffliche uraufführung gegeben: wir haben über 3hundert unterschriften gesammelt und damit triumfal die 3tausender-marke überschritten. bravo – das war einmalig!
auch weil wir ab morgen ein gleichmäßig gemischtes doppel sein werden, heute abend ist isa zu uns gestoßen, eine studentin der eurythmie. sie ist zum ersten mal im omnibus. ich werde versuchen, ihr credit points für ihr studium zuzuschanzen, denn was wir hier machen, ist ja angewandte eurythmie.
gestern vor 200 jahren wurde karl marx geboren und heute war der „weltlachtag“ und es war kommunalwahl in schleswig-holstein. davon habe ich nichts gemerkt, auch weil holger seit vielen jahren der hiesige zeremonienmeister des weltlachtags ist.
diese rolle sitzt bei ihm wie maßgeschneidert. er lacht ohnehin sehr gern & oft. wer ihn kennt, kann von glück sagen. ich kenne seinen alltag nicht und wir brauchen kaum zu reden. mit ihm bilde ich immer gleich ein trio, das dem leben einen freundlichen & liebevollen drall geben kann.
ich mag kein „ringelpiez mit anfassen“ und also auch nicht auf zuruf lachen, aber das bild eines um den globus wandernden gelächters finde ich sehr schön und an sich schon belustigend. also bin ich mit benjamin losgelaufen, ohne mir den weg vorher auf der karte angesehen zu haben. mit einer vagen entfernungsangabe. wir sind ziemlich rumgeirrt und ich habe benjamin beiläufig erzählt, was ich über die landschaft durch holger erfahren habe.
nur durch ihr lachen haben wir die anderen menschen gefunden, die sich zur feier des weltlachtags versammelt hatten: eine lebendige & vielfältige mischung aus drei generationen. manche kamen aus flensburg im äußersten norden. wir wurden sehr freundlich aufgenommen & interessiert ausgefragt. alle wollten unbedingt den omnibus besichtigen und am ende sind wir auf der ultimativen veranda der lotsenstation gelandet.
ich habe einige expeditionen zur eider unternommen und sie dann doch fotografiert:
himmlische ruhe – da wirkt der kanal als menschenwerk sehr grobschlächtig dagegen. das wetter war traumhaft schön – die wegränder sind mit löwenzahn gesprenkelt.
für mich waren das heilige tage, lokker oszillierend zwischen innen & außen. ich fühlte mich völlig zuhause in dieser wunderbaren omnibus-herberge und werde so oft wie möglich hier auftauen.
höchstes lob & herzlichen dank an die unvergleichlichen herbergseltern !!!
das war das wort, das ich suchte, als ich „karawanserei“ gesagt habe. das hörte sich weit hergeholt an. die alte lotsenstation ist für mich & den omnibus & die jeweilige band eine herberge geworden, die alle gestärkt & lustvoll inspiriert verlassen. goldmedaille – fünf sterne – meisterschaft.
das wetter war strahlend schön und windstill – das gibt es hier fast nie. cordula hatte für uns gekocht und wir haben im garten am kanal gegessen, die füße im sandkasten …
spontan & aus der hüfte habe ich den paparazzo in mir freigelassen: cordula & holger, ganz entspannt im hier & jetzt. sie verkörpern leibhaftig & vorbildlich, was ich mit „immer schön lokker bleiben“ meine. beide sehen unverschämt jung aus und ihr gemeinsamer sohn gedeiht ganz prächtig. es wärmt mein herz, solche menschen in voller analoger bandbreite zu erleben. eine oase leichtherziger friedfertigkeit.
als es kühler wurde, haben wir feuer gemacht und ich habe mich von dem besonderen ambiente verzaubern lassen.
wir sind früher aufgestanden und gleich losgestürmt, denn theoretisch hätten wir das ergebnis von gestern noch einmal deutlich übertreffen können. die äußeren umstände waren ideal. am ende hatten wir hundert unterschriften weniger als gestern. ich fühlte mich total unterfordert.
mittags habe gabriele zum bahnhof gebracht. immer atme ich erleichtert auf, wenn sie zum omnibus kommt – sie hält mir mit herzlicher aufmerksamkeit total den rücken frei und hat viel freude an den „enkelinnen“. sie ist die beste hauswirtin, die sie sich wünschen können.
max haben wir in neumünster zurückgelassen, weil sein zug erst spätabends losfuhr. kolja wollte unbedingt die lotsenstation kennenlernen und fährt morgen mittag ab rendsburg nach hause.
mit dieser band + benjamin haben wir in weniger als zwei wochen 2.673 unterschriften gesammelt.
von meiner seite noch einmal ganz ausdrücklich:
ganz großes
an die band – und danke für alles!
quer im äußersten zipfel des langgezogenen „großflecken“ haben wir die nacht verbracht – eine eigenartige, wenig verheißungsvolle position. wir haben eine ganze weile gebraucht, uns alle an der optimalen stelle zu verwurzeln. für mich mit dem omnibus im rücken ist das noch am leichtesten. wenn zu wenige menschen vorbeikommen und ich rufen muß, um jemanden zu erreichen, fühle ich mich allerdings ziemlich gefesselt & ohnmächtig, weil es beim kampfsammeln in erster linie um den quantitativen erfolg geht. als dirigent komme ich da total ins schwimmen, weil ich weiß, wie schwer es für die mitspieler ist, die beste stelle im menschenstrom zu finden und sich da sicher zu verankern.
der erfolg hat dann meine kühnsten erwartungen übertroffen: 387 unterschriften sind zusammengekommen. die band ist spitze und ich kann ihr voll vertrauen! morgen gibt sie ihre abschiedsvorstellung, wir werden früher aufstehen, weil markt auf dem großflecken ist …
die band geht voll ab – heute haben wir bei zunehmend schönem wetter wieder unseren eigenen rekord überboten und haben unser tief zu einem hoch umgestülpt. ich konnte wieder barfuß laufen. der profisammler benjamin hat uns genau zum richtigen zeitpunkt als ausgeprägter solist um eine neue klangfarbe bereichert. die jungs haben mit ihm & gabriele die bestmöglichen ausbilderinnen erwischt und unglaublich schnell gelernt. und ich lerne, mit einer milden grundstimmung die jeweilige einzigartigkeit der verschiedenen besetzungen zu genießen & auszukosten, obwohl der rheinische hektiker in mir an allen etwas auszusetzen hätte.
ich sinne über meine seltsame rolle nach: ich bin der dirigent einer improvisierenden band und beginne langsam zu verstehen, daß in einer frei improvisierenden band potenziell alle dirigenten sind. so entsteht ein vielschichtig schillerndes „ganzes“, das viel größer ist als die summe der beteiligten. das nenne ich „oszillierenden rollentausch“. von yunus habe ich gelernt, mich da lokker rein fallen zu lassen.
mit facebook will ich nichts zu schaffen haben – deshalb hier das dokument einer übergabe: heute hat uns (während seiner arbeitszeit) dr. reinhard knof besucht, der vertrauensmann der volksinitiative. ein überaus sympathischer pragmatiker, der sich gründlich in die materie „fracking“ eingearbeitet hat und nicht bereit ist, tatenlos hinzunehmen, daß so eine völlig destruktive technologie zur anwendung kommt. er hat ein paar stunden mit mir vor dem omnibus gesammelt, mit einer freundlichen seelenruhe, voll authentisch und ohne jegliche persönliche eitelkeit. sein beispiel hat mein herz erfreut. ich überreiche ihm die 1.555 unterschriften, die wir bis gestern gesammelt hatten. in der mitte zwischen uns steht benjamin, dessen persönlichkeit mit einer „normalen“ frisur viel besser zur geltung kommt.
jetzt bin ich in einer ganz anderen raumzeit – und mitternacht ist mal wieder vorbei:
das wetter war noch beschissener als gestern: sieben grad, und zum regen kamen noch stürmische böen hinzu – kaum menschen waren unterwegs. es war total ungemütlich und ich habe die tote zeit dazu genutzt, betriebssystem-updates & backups zu machen – mit den üblichen unerklärlichen sackgassen & hindernissen. langsam komme ich vorwärts mit der einstimmung der digitalen gerätschaften, aber mein neues eifohn iks habe ich noch immer nicht in betrieb genommen – das ist zweitrangig in meiner prioritätenkaskade.
erstmal möchte ich meinen analogen avatar an die heftig wexelnden umstände anpassen und mitten im leben einen lässig synkopierenden groove finden. den tanz des alltags. ich habe endlich meine neue tasche eingeräumt & umgehängt:
sie sieht aus wie ein kind meines ledermantels und da paßt zur not alles rein. ich kann sie umhängen, wie eine aktentasche tragen oder in einen rucksack verwandeln – sie ist mir auf die seele geschneidert. wie gut, daß ich so viele jahre nicht nach ihr gesucht habe.
zum tanz des alltags zählen auch meine abendlichen spaziergänge und das schreiben hier – da laß ich gern mal 100 emails auflaufen und sinne nach über eine rosa neonschrift meines wahlspruchs: „immer schön lokker bleiben“ …
morgen können wir aus diesem tief herauskommen: benjamin, der profisammler, ist zu uns gestoßen und wir haben den omnibus umgestellt, weil morgen markt ist – ideal zum sammeln. holger wird uns zuhilfe kommen (womit wir ein sextett wären) und das wetter kann nur besser werden.