documenta 14

es hätte mir viel besser gefallen, wenn das fridericianum auf diese weise verhängt worden und der schöne weite platz verschont geblieben wäre von dieser billigen monstrosität, die nun schon das markenzeichen dieser documenta geworden ist:




wie lobe ich mir da den „vertikalen erdkilometer“ von walter de maria und unsere patenbäume – an dem ersten baum ist ziemlich gefühllos herumgeschnippelt worden und er sieht nicht gesund aus – das hat meinem herzen einen heftigen stich versetzt.



ich bin mit voller aufmerksamkeit & blanken pfoten herumgetigert und hatte die schönsten erlebnisse – von meinen auߟenpolitischen aktivitäten mit der pink republik einmal ganz abgesehen.




in einer dieser verhüllten torwachen habe ich arbeiten von edi hila, einem albanischen maler, entdeckt, die mich sehr tief berührt haben. allein dafür hat sich jeglicher aufwand gelohnt und für den ausblick gleich noch einmal:



 


ich habe vieles mitgenommen, was am rande meiner runden lag, die mich immer wieder zu meinen lieblingsarbeiten geführt haben …




steinzeitliche artefakte – liebe grüߟe aus einer zeit paradiesischer verbundenheit.   die gleiche sinnlichkeit habe ich in vielen arbeiten wiedergefunden:





und ich habe erfahren, daߟ das ottoneum das erste öffentliche theater europas war und das fridericianum das erste öffentliche museum. vorher war die kunst exklusiv für bonzen & pfaffen oder zur subversion auf gedeih & verderb verdammt. das ist ja bis heute so geblieben. den künstlern kann ich das nicht vorwerfen – nur den vielen kunstschmarotzern & verbrauchern.




es hat mir einen schönen perspektivwechsel beschert, daߟ im fridericianum die sammlung eines athener museums für zeitgenössische kunst gezeigt wurde, die in griechenland noch nie gezeigt werden konnte – das war für mich wie ein film mit unbekannten schauspielerinnen.




und da finde ich diesen kommentar zu g20, festung europa, migrationsströmen und tödlicher technologie.



im fridericianum hat es leider nur für einen durchgang gereicht … dafür bin ich ziemlich oft in der neuen documentahalle gewesen, die war voll von sinnlicher schönheit:



ich sollte aufhören – es ist schon wieder zwei uhr morgens – also nur noch ein kleines betthupferl:




herzlichen dank

das ist unser haltestellenschild bei marianne & hermann, die ganz unkomplizierte & mitfühlende gastgeber waren – schön an der periferie des documentatrubels, insel der besinnung.




der kontrapunkt ist das gefängnis nebenan. ein wie aus der zeit gefallenes zeugnis besinnungsloser gewaltausübung. das läߟt sich nicht intellektuell & theoretisch verbrämen und ist genauso häߟlich wie viele der von schlechtem gewissen triefenden „westlichen“ kunstwerke, die auf der documenta gezeigt werden und mich völlig kalt lassen.





aber für diese arbeit allein hätte sich die reise schon gelohnt. diese anderthalb wochen waren traumhaft – ich fühle mich bereichert & ermutigt & beruhigt. ich bin bestimmt hundertfünfzig kilometer barfuߟ gelaufen und habe im gehen die schönsten erfahrungen & eindrücke durchgekaut & verstofflicht.

und es war jedes mal schön, auf allen möglichen wegen an die periferie heim zu kommen – ein wunderbares zuhause auߟerhalb der zeit:


 

synchrones blitzlicht

da jauchzte mein anarchistenherz:

das neue trio mit gabriele & jonas ist heute fast vierhundert kilometer von kassel nach elmshorn gefahren, einschlieߟlich tanken, wasser auffüllen, brauchwasser ablassen usw.

heute scheinen sie geübt zu haben, die a7 und den elbtunnel abzuriegeln – die letzten 30 kilometer waren voll verstopft, manchmal dreispurig.

und am rande des quälenden staus droschen wie verrückte derwische zwei schlagzeuger auf ihre percussiven sammelsurien ein: eine wilde animation gegen g20 – voll analog vor einem riesigen, zufällig zusammengesetzten, wehrlosen publikum, das gaaanz langsam vorbeigeschoben wurde.

hurra hurraa hurraaa

was für ein schöner kontrapunkt zu den vielen polizeitransportern, die an uns vorbeieilten, als die fahrt noch frei war. sogar zwei wasserwerfer haben uns überholt – ein oldtimer aus meinen sturm & drang zeiten und eine wirklich gruselige variante aus robocop.

passend dazu höre ich gerade das album „anarchitecture“ von skunk anansie.



crescendo

nach einem unglaublichen crescendo sind wir in unsere höhle bei marianne & hermann zurückgekehrt – gestern abend sind froh erwartet tietz & tietz & tietz zu uns gestoߟen, um die documenta zu besuchen, uns bei der arbeit zu helfen und freunde zu treffen. der tag endete wieder bei „il convento“ mit einer lebhaft zwitschernden tafelrunde von rund zehn menschen, die sich zum teil gerade erst kennengelernt hatten.

schaut sie euch gut an: das war heute meine rhythm section. prachtexemplare der gattung „gutartige riesen“ – eigensinnig & friedfertig & nachdenklich, dabei auf dem höhepunkt ihrer physiologischen leistungsfähigkeit – zu beiden habe ich eine breitbandige analoge verbindung. wir sind uns wohl gesonnen und können viel voneinander lernen.




am späten nachmittag sind noch andrea & johanna & theo dazugekommen – johanna ist schon ein schulmädchen (sie war im alter von acht wochen meine jüngste praktikantin und ist schon eine alte omnibus-häsin). theo kommt im sommer in die schule und schläft gerade zum allerersten mal im omnibus. ihn hätte ich soo gern mal als praktikanten am omnibus.




der abend endete in einer noch gröߟeren changierenden tafelrunde bei „il convento“, das tatsächlich die ruine der garnisonkirche ist (während unserer geburtsdokumenta war die ruine überwuchert von einem filigranen dachlattengespinst des japanischen bildhauers tadashi kawamata, die mich tief beeindruckt hat).

theo hat besonders viel freude an meiner spontanen entscheidung gehabt, den omnibus für das abendessen einfach auf dem platz stehen zu lassen, obwohl unsere genehmigung seit 18:00 uhr abgelaufen war. 

morgen werden wir alle noch einen tag auf der documenta verbringen … und jetzt ist schon wieder halb zwei vorbei.




und ehe ich es vergesse:

meine besten wünsche zu deinem geburtstag, lieber jan – ich würde diesen fliegenden teppich zu dir rüber beamen, wenn er dir gefällt.


lekkerli



es klappt wieder mit den bildern, also hier noch das abschiedsfoto mit catty wong !!!

königsplatz, südseite

mist, jetzt kann ich plötzlich keine bilder mehr hochladen – da kommt eine kryptische fehlermeldung – moment, ich schreib mir die mal auf:

„Der Vorgang konnte nicht abgeschlossen werden

(WordPress.WordPressOrgXMLRPC

ApiError-Fehler1.)“

kann mir bitte bitte jemand helfen ?


ich habe nämlich auf der documenta und drumrum gigaviele bilder gemacht, und hatte mir schon die bilder herausgesucht, mit denen ich diesen beitrag untermauern & verfeinern wollte.

seit zwei tagen sind wir mitten im trubel des königsplatzes, zum ersten mal auf der südseite. ich habe es nicht übers herz gebracht, den omnibus schräg in die ecke zu stellen, wie es in der planskizze der sondernutzungsgenehmigung eingezeichnet war und ihn spiegelbildlich zu der stelle plaziert, die wir immer auf der nordseite inne genommen haben.




obwohl die letzten beiden tage scheuߟlich verregnet waren, hat die arbeit viel freude gemacht: wir sind ein ultimatives trio: gabriele, in deren gegenwart ich mich sofort wohl aufgehoben fühle … & kilian, der junge wilde, der nicht bereit ist, eingefahrene strukturen einfach hinzunehmen … & ich, der ich in einer solchen besetzung mein bestes geben kann – wer mich kennt, weiߟ, wie ich die trioformation liebe. 

die tage sind so voll, daߟ ich mit dem schreiben unmöglich nachkommen kann. ich habe nicht einmal begonnen, etwas über die documenta zu schreiben oder über „il convento“, wo wir jetzt schon wie ehrengäste behandelt werden.




es ärgert mich sehr, daߟ ich keine bilder hochladen kann – weil ich lokker bleiben will, sage ich: gute nacht.

es ist verrückt – jetzt geht das wieder:



bücherkitzel

auch bin ich schnurstracks mit freya ins ottoneum gesteuert, um ihr eine meiner lieblingsbibliotheken zu zeigen (nicht teil der documenta). vor etwa 250 jahren hat ein akribischer gelehrter eine botanische bibliothek gebaut: die rücken der buchförmigen holzkistchen bestehen aus der rinde des beschriebenen baumes – und in den kistchen sind blätter, blüten und früchte, mit einer schön geschwungenen gänsekielhandschrift bezeichnet. für mich hat dieser ort etwas „heiliges“ in dem sinn, in dem charles eisenstein sein zweites buch mit „sacred economics“ betitelt hat.



wiedersehen

obgleich ich kein krist bin, habe ich mich sehr gefreut, daߟ die schönste jesus-darstellung, die ich kenne, in kassel ein zuhause gefunden hat.

er balanciert da oben im wind auf einer goldenen kugel – das ist das positive gegenbild zum angenagelt-sein.

parallel zur letzten documenta (die sich ziemlich zickig dazu verhalten hat) war in der elisabeth-kirche eine ausstellung mit arbeiten von stephan balkenhol, die mir sehr gefallen hat. sie war sozusagen gekrönt von dieser jesus-figur, die mein herz weit geöffnet hat für jesus, den revolutionär. dem sollten ruhig alle nacheifern.

und dann war da damals noch maria magdalena, meine lieblingsheilige:




passend dazu habe ich dann auf der documenta in der neuen galerie inter-essante arbeiten einer amerikanischen künstlerin entdeckt, von der ich noch nie gehört hatte: annie sprinkle



wie im traum

ereignet sich die zeit für mich in kassel. heute bin ich zum ersten mal nicht auf der documenta unterwegs gewesen, weil die präsidentin der pinken republik, mit der ich kilian auf dem königsplatz abgeholt habe – von der gattung „gutmütiger riese“ war sie gleich ganz hingerissen – ihre letzte nacht auf der documenta ganz begeistert & exotisch wie ein wesen von einem anderen stern bei uns im omnibus verbracht hat.




zheng wang – wir haben englisch geradebrecht – hat mir erklärt, daߟ im chinesischen wang & wong austauschbar sind und ihr vorname sich für nicht-chinesinnen sehr schwer aussprechen läߟt (das stimmt, denn ich habe es auch schon wieder vergessen, obwohl ich sie mehrmals danach gefragt habe – ähnlich ging es ihr wahrscheinlich mit „werner“).



ihr globales logo ist deshalb „catty wong“ – das will sie auch ganz offiziell zertifizieren lassen. die tage mit ihr waren zauberhaft. heute mittag haben wir sie mit dem taxi zum wilhelmshöher bahnhof begleitet und sie ist losgeflattert zu ihrer nächsten station: die „skulpturen projekte“ in münster …



ich hoffe, alle haben verständnis, daߟ ich nicht zum schreiben komme …