ein veritabler altmeister

am freitag habe ich eine schöne & nützliche rundreise nach köln gemacht: einen gerade eben noch in letzter not ergatterten zahnarzttermin zur inspektion & profi-reinigung (ich bin jedes mal total erleichtert, wenn ich das hinter mir habe, denn ich hatte früher eine neurotische angst vor zahnärzten) habe ich mit einem besuch bei meinem alten freund günter verbunden, er war früher eine beliebte anlaufstelle für mich in köln – wir haben viele gemeinsame interessen. kennengelernt haben wir uns in den achtzigern auf dem moerser jazzfestival. und uns dann oft hin & her besucht. einmal hatte ich für ein paar wochen seine fender stratocaster samt amp und lauter effektgeräten zur freien verfügung …

in den letzten beiden jahren ist er, nachdem er ganz lange in einer wohnung in ehrenfeld gelebt hat, dreimal umgezogen. schon von weitem konnte ich erkennen, daߟ das ganze umziehen sich ausgezahlt hatte: schöne ruhige gegend, riesen-parkanlage in der nähe und schnelle schneisen in die stadt – es gab sogar gleich vor der tür einen freien parkplatz.  es war deutlich zu spüren, daߟ er ein wohltuendes zuhause gefunden hat – und ich konnte das so gut mitempfinden.

mit der straߟenbahn sind wir in die stadt gefahren und haben uns im museum die ausstellung „neue bilder“ von gerhard richter angeschaut, sehr schön angelehnt an die groߟe richter-sammlung des museums, das schon in den sechziger jahren arbeiten von ihm erworben hat. diese arbeiten haben eine unglaubliche bandbreite, der ich schon lange höchste bewunderung zolle.

und da legt nun dieser über achtzig jahre alte maler 26 bilder aus dem letzten jahr vor, die mich mit ihrer frischen lebendigkeit umgehauen & hingerissen haben. ich habe oben nur kleine bilder gewählt, weil ich mich mit den groߟen monatelang auseinandersetzen könnte. die ausstellung war für mich eine wirkliche sternstunde der malerei – freie improvisationen eines alten meisters, verspielt & weise. es hat mich wirklich glücklich gemacht, diese bilder leibhaftig gesehen zu haben, obwohl sie natürlich in ihrer bandbreite nicht zu erfassen waren. 

es gab einen schönen kleinen katalog, den ich jetzt mit auf meine tour nehmen und immer wieder mit der lupe betrachten kann.

und wo wir gerade über musik sprechen: hier ist noch eine kleine improvisation von mir mit dem dateinamen blu:



wo lang sam

auf wo lang hat freya ihre langsamkeit beklagt und ich will ihr genau dafür ein loblied singen – mit ihr läߟt sich so trefflich die gegenwart gaaanz weit ausdehnen – auf mich wirkt das wie ein zaubertrank. allein das wort lang sam zergeht doch auf der zunge.

und freya ist nicht nur angenehm langsam – sie ist auch ungemein langmütig. wie ein fels in der besinnungslosen hektik des alltags. 

also, meistin, gräme dich nicht – dein beispiel hat mir den schönsten aller winter beschert.

als ich las „… wie ein büffel im visier …“ fiel mir ein bild ein, das ich gesehen hatte:




das ist der berühmte bulle von der wall street im visier von freya.


frühlingsblues

heute war ein gutes beispiel: herrliches wetter … ich lese im moment charles eisenstein in der deutschen übersetzung auf papier mit bleistift und empfinde das als schöne vertiefung – und so habe ich das immer zur hand, wenn ich unterwegs sein werde. ich habe das zehnmal für den omnibus bestellt …

an den platanen ist schon das erste grün. erst in den letzten tagen ist mir bewuߟt geworden, daߟ das ausgeprägte alleen-gefühl in meinem straߟenabschnitt von nur vier gigantischen platanen ausgelöst wird – eine dieser riesinnen steht gleich gegenüber auf der anderen straߟenseite. wenn theoretisch in der wohnung mehr sonne seit könnte, werden die groߟ ausgebreiteten blätter im weg sein.

also ist diese wohnung auch insofern perfekt auf mich zugeschnitten, weil ich auf meiner tour mehr als genug sonne haben werde. ich freu mich schon auf den afrikanischen strampelanzug, den ich bei meiner schneiderin bestellt habe. sie wird auch die beiden schwarzen strampelanzüge und meine storchenbeinhose vom vorigen jahr liebevoll restaurieren.

auf meiner digitalen schiefertafel habe ich heute mein erstes himmelsbild gemacht:



accelerando

die gegenwart beschleunigt – und das wird jetzt bis zu meinem start wahrscheinlich so bleiben. jetzt muߟ die devise wieder lauten: immer schön lokker bleiben. ich rekapituliere, was mich genährt hat in diesem entspanntesten aller winter und besänftige meine ambitionen.




einige male musste ich früh aufstehen und die sonne hat mich heimgesucht. überhaupt ist das wetter wunderbar – am liebsten würde ich wieder barfuߟ laufen. ich habe mir einen graumelierten anzug hervorgeholt und an den füߟen immer noch die leguanos. überall fange ich mir anerkennende kommentare ein. am schönsten war die reaktion von freya – ich muߟ so lachen, wenn ich daran denke. ich vermute, die neutralität gefällt ihr und werde mir das zu herzen nehmen.

 


und ich werde mich jetzt neu synchronisieren und kann damit sofort anfangen …

wenn es sowas überhaupt gibt, dann habe ich den frühlingsblues und kann mich ganz prima einklinken in diesen groove.



lettura

ich lese gerade dieses wunderbare buch, das ich allen wärmstens ans herz legen möchte – hier ein paar kostproben:


„only the measurable is real. we have maximized our production of the measurable – the square feet, the productivity per labor unit – at the expense of everything qualitative: sacredness, intimacy, love, beauty, and play.

how much of the ugly does it take to substitute for a lack of the beautiful?“

und:

„from our immersion in scarcity arise the habits of scarcity. from the scarcity of time arises the habit of hurrying. from the scarcity of money comes the habit of greed. from the scarcity of attention comes the habit of showing off. from the scarcity of meaningful labor comes the habit of laziness. from the scarcity of unconditional acceptance comes the habit of manipulation. these are but examples – there are as many responses to each of these missing things as there are individuals.“

„all of these flavors of scarcity share a common root, a kind of existential scarcity for which i cannot find a name. it is a scarcity of being, the feeling „i am not enough“ or „there is not enough life“. born of the cutoff of our extended selves that inter-exist with the rest of the universe, it never lets us rest. it is a consequence of our alienation, our abandonment to a dead, purposeless universe of force and mass, a universe in which we can never feel at home, a universe in which we are never held by an intellligence greater than our own, never part of an unfolding purpose. even more than the scarcity of time or money, it is this existential unease that drives the will to consume and control.“

„we will not survive as a species through more of the same: better breeds of corn, better pesticides, the extension of control to the genetic and molecular level. we need to enter a fundamentally different story.“


achtung

obwohl ich erst um fünf ins bett gegangen war und die beiden wecker noch gaaanz weit entfernt waren, saߟ ich um acht plötzlich steil im bett: volle sonne !!! … danach habe ich weiter geschlafen.

puh – ich hab jetzt eine volle woche hinter mir: ich war zweimal in köln, mehrmals in bochum, einmal in bergisch-gladbach und in essen, wo ich mich ja mit der sehnlichst erwarteten sofia getroffen habe – austellungen & kino, besorgungen mit bestimmten menschen (das hat am besten funktioniert), geburtstage usw. 

das oma-auto ist mir wie auf den leib geschneidert (ich fahre ja am liebsten wie ne oma, ganz im ernst & sehr entspannt). damit bin ich automatisch der meister im spritsparen. das auto quengelt nicht, die scheiben muߟ man kurbeln und ich muߟ melancholisch feststellen, daߟ die oma auch ne menge sprit verbraucht. irgendwie gilt das auch für opi da lang, den yedi-ritter.

ich hab jedenfalls gemerkt, daߟ ich immer etwas besseres zu tun habe als auto zu fahren für alltäglichen kram, wenn wir uns vergegenwärtigen, daߟ fahren ein groߟer teil meiner arbeit ist. 

ich habe meinen eigenbrötlerischen frieden sehr zu schätzen gelernt. das ist die neuigkeit in diesem winter: ich folge meiner nase und gebe mich der zeit hin und bin aufs schönste gegenwärtig & aufmerksam. und asynchron zu jedem zeittakt. 

will sagen: am liebsten bin ich im winter in meiner einsiedelei, vollkommen offen für auߟenreize, aber äuߟerst anspruchsvoll & wählerisch, was meine inter-essen angeht. das leben in diesem einsiedlergroove ist voller schöner überraschungen. zum beispiel habe ich mich mit georg hasler angefreundet, obwohl wir uns noch nie gesehen haben (vielleicht klappt das ja noch, bevor ich wieder los fahre oder wenn ich im sommer mit dem omnibus in der bodensee-gegend bin). er kennt mich nur über jan’s erzählungen und über die fliegenden teppiche. prompt hat er mir & dem omnibus 50 exemplare von „blütenstaubwirtschaft – wenn dinge zu daten werden“ geschenkt, die ich mit dem gröߟten vergnügen unter die menschen bringen werde.




und endlich habe ich einen würdigen platz für die zarte karte gefunden, die sofia von der omnibus-tour 2016 gezeichnet hat (mit allen stationen). nach mehreren anläufen steht sie nun zu  meiner rechten und ich kann sie vom schreibtisch aus immer anschauen.

gestern habe ich das i-tüpfelchen meiner inneneinrichtung in köln abgeholt. eine art sideboard aus dem gleichen system, aus dem auch die regale und mein groߟer kleiderschrank sind. das habe ich gleich aufgebaut und eingeräumt. ich wollte das unbedingt gestern abend noch erledigen und war auch schon fast fertig, als sich mein nachbar von oben, den ich noch nicht kannte, beschwert hat. ihn habe ich noch entwaffnen können, indem ich treuherzig versprochen habe, daߟ ich höchstens noch 5 minuten brauche, aber kaum daߟ er weg war, stand meine nachbarin von nebenan auf der matte – und die war unerbittlich. es fehlten noch etwa 10 schläge mit dem gummihammer, aber da war nichts zu machen.




da ist jetzt meine dvd-sammlung drin und lauter krimskrams. so ist der freie platz entstanden, denn vorher stand die zarte karte in der küche (auch nicht schlecht, da muߟ jeder vorbei).




die fliegenden teppiche werden immer versponnener …



viel los bei mir

zum beispiel hatte ich ein stelldichein mit sofia. wir sehen uns viel zu selten – gemessen an unserer commonion. sie war bepackt bis oben hin und hat mir lauter punktgenaue nachträgliche geburtstagsgeschenke gebracht: eine rote haremshose mit afrikanisch anmutenden schwarzen spiralen und bücher, eine dvd mit & über tadao ando – und das groߟe bild, das sie unter dem arm trägt: da hat sie auf weiߟem grund die omnibus-tour 2016 mit allen stationen aufgezeichnet.

wir waren am freitag um elf in der zeche zollverein verabredet, wo wir uns zusammen die red dot design-ausstellung im kesselhaus angeschaut haben.




gleich am eingang stand dieser sanfte vielzweckroboter, der so programmiert ist, daߟ er ohne schutzvorrichtungen mit menschen zusammenarbeiten kann …




anschlieߟend haben wir das gewitzt-verspielte gebäude des japanischen sanaa-architekturbüros angeschaut und sind sogar in das untere geschoߟ vorgedrungen und haben uns mit dem einzigen menschen, der da drin war – nämlich dem bewacher – über das haus und seine geschichte und seine nutzung unterhalten …




die anordnung der fenster ist äuߟerst raffiniert, so daߟ von auߟen überhaupt nicht sichtbar ist, wie viele etagen das gebäude hat …




am samstag habe ich sofia dann zu gabriele gebracht und konnte so endlich auch mal gabriele’s wohnung anschauen …

jetzt ist es mal wieder superspät, obwohl ich noch einiges aufzuholen hätte.



heute




ist der geburtstag von albert einstein & der todestag von karl marx !!!

das erinnert mich sofort an friedrich gulda, der als seinen todestag den geburtstag von mozart gewählt hat und selig entschlummert ist …

am samstag habe ich mir übrigens mit freya den film „der junge karl marx“ angeschaut, den ich mir ohne freya niemals angesehen hätte. wir sind zusammen auf freya’s studentinnenticket mit der süߟen kleinen straߟenbahn nach bochum gefahren, wo der film im hauptbahnhof (metropolis) lief.

am besten hat mir die würdigung der frauengestalten gefallen, die ich im allgemeinen immer schmerzlich vermisse, wenn es um „groߟe männer“ geht..


henry miller

jetzt habe ich henry miller’s „on writing“ zuende gelesen und nehme ihn aus vollem herzen in die ehrengalerie meiner bewuߟtseinsahnen auf.

es juckte mich die ganze zeit in den fingern, zitate herauszuschreiben. zum beispiel war der „erweiterte kunstbegriff“ für ihn schon immer eine selbstverständlichkeit:




„all art, i firmly believe, will one day disappear. but the artist will remain, and life itself will become not „an art“, but art, i.e., will definitely and for all time usurp the field. in any true sense we are certainly not yet alive. we are no longer animals, but we are certainly not yet men.“




und über den maߟstab, den er an künstler anlegt:

„the yardstick i employ is life: how men stand in relation to life. not whether they succeeded in overthrowing a government, a social order, a religious form, a moral code, a system of education, an economic tyranny. rather, how did they affect life itself? for, what distinguishes the men i have in mind is that they did not impose their authority on man; on the contrary, they sought to destroy authority. their aim and purpose was to open up life, to make man hungry for life, to exalt life – and to refer all questions back to life. they exhorted man to realize that he had all freedom in himself, that he was not to concern himself with the fate of the world (which is not his problem) but to solve his own individual problem, which is a question of liberation, nothing else.“




„i am as much a part of the present order as any man alive. i have been molded and formed by it; i have revolted against it; and finally i have been forced to accept it or die of a broken heart. but to accept the condition of life in which i happen to find myself does not mean that i believe in or approve of it. i have always endeavored, and i still endeavor, to live my own life in my own way. i have no desire to kill my fellow-man nor to rob him of his possessions nor to persecute him for thinking or behaving other than i do. i am a man of peace whose sole aim is to enjoy life to the utmost. simple and banal as it sounds, it has nevertheless taken me the greater part of a lifetime to make this a reality.“






blütenstaubwirtschaft

dieses bescheidene büchlein ist für mich ein kostbarer schatz geworden – der untertitel „wenn dinge zu daten werden“ verweist genau auf mein arbeitsfeld an der digitalen schwelle. es hat mir zu wesentlichen einsichten verholfen, ganz sachlich und irgendwie scheu, ohne wichtigtuerei und intellektuelles geschwätz.

das ist nicht zu kaufen, sondern als datensatz frei hergeschenkt. jan hagelstein ist mit dem autor georg hasler befreundet und hat mir auch schon viel von ihm erzählt, aber bisher kannte ich ihn nur vom hörensagen.

als jan ihm erzählt hat, wie begeistert ich als analoger vogel von dem büchlein war … und wie vielen menschen ich das schenken wollte, hat er mir eine ganze menge als kleine büchlein ausdrucken lassen – da steht unten „epubli“ drauf. finde ich lustig.

ich habe dieses büchlein dann eifrig verteilt und das hat auf den schönsten umwegen dafür gesorgt, daߟ georg hasler eingeladen wurde, an einer wirtschaftsakademie in mannheim einen vortrag zu halten. für ihn war das das erste mal und jan’s allererste fahrt mit seinem omaauto hat ihn von speyer nach mannheim geführt.

und als er wieder nach hause kam, hat er mir herzliche grüߟe von georg hasler ausgerichtet.

heute hat er mir dann einen link geschickt mit der videoaufnahme des vortrags – den möchte ich hier wärmstens weiter empfehlen:

jetzt fehlt mir bitter eine enkelin, weil ich zu blöd bin, diesen link hier herein zu kopieren und den ganz umständlich eintippe:




und übrigens: der mann ist genau wie das buch: mir voll sympathisch!

zur nacht noch eine fliegende matratze: