ist wieder vollmond
die drei grazien
jetzt brechen wir schon unsere eigenen rekorde: in den beiden tagen in emden hatten wir eine quote von über sechzig prozent, zu der die blonden sängerinnen den löwenanteil beigetragen haben. das war der krönende abschluß unseres trios, weil wir heute nach der arbeit formvollendet mit großen eisbechern natalie verabschiedet haben, mit der ich immer wärmer werde. sie hat viel gelernt in dieser kurzen woche – intensive einblicke gewonnen ins gewirke. als mitarbeiterin ist sie mir immer willkommen.
sofia kränkelt ein wenig. sie hat sich viel zu viel zugemutet in den monaten, seit ich sie kenne. jetzt hat sie einen studienplatz, eine wohnung in lüneburg und den endgültigen auszug von zu hause vor sich. ich habe die ganze zeit gestaunt, wie sie das alles geschafft hat (wir standen ja in ständigem austausch).
ich fasse das jetzt einfach als kompliment auf, wenn sie sich hier am omnibus so weit entspannen kann, daß sie auf die signale ihres körpers hört (auf die idee hat mich anna gebracht). ich habe ja schon früh entdeckt, daß sie so fleißig & verantwortungsbewußt ist, daß ich sie öfters bremsen mußte, damit die anderen ihre leistung nicht für selbstverständlich hielten. leider waren wir ja die meiste zeit räumlich voneinander getrennt. sie weiß genau, was ich von krankheit halte, aber ich werde mich bemühen, sie auf händen in ihre neue lebensphase zu tragen und ihr jede gelegenheit zu bieten, sich zu erholen und zur ruhe zu kommen.
zusammen mit dem anderen wunderkind anna werden wir das meistern. während sich sofia schon gesundschlief, hat mir anna ausführlich ihren werdegang erzählt und ich bin ganz verblüfft über ihr ausgereiftes urteilsvermögen. sie heißt ja eigentlich anna sophie, aber will lieber anna genannt werden (was ich sehr gut verstehe). und bei sofia, die ja eigentlich sophia heißt, habe ich gleich zu anfang von „kindlicher weisheit“ gesprochen. das ist jetzt eine hochinter-essante besetzung. zwei weibliche wunderkinder & ich.
da stülpt sich die zeit um bei der frage, in welche richtung sich kindliche weisheit entfaltet.
gestern war das wetter schauderhaft – wir mußten uns mäntel & dicke jacken anziehen (auch aus meinem fundus). das hat womöglich sofia den rest gegeben. ich habe mir dieses jahr angewöhnt, mich zur not dreimal am tag umzuziehen und sofort zu reagieren, wenn ich friere oder schwitze. auf dem bild hat anna sofia’s mantel an, nachdem sie gesagt hatte, gelb stehe ihr nicht.
heute ist dann ein wildbewegter himmel immer blauer geworden und wir standen den ganzen tag in der sonne. uns bietet sich ein inter-essantes szenario:
ich fühle mich sehr wohl in friesland und treffe immer wieder eigenwillig-schöne menschen. das wasser, der wüste himmel, die vielen backsteine als zeichen der ruhigen verwurzelung in der region – das alles gefällt mir sehr. leider sind meine tage so voll, daß ich mit meiner friesinnenforschung (bauernrepublik dithmarschen und die sieben friesischen seelande) nicht weiter komme.
unglaublich
jetzt haben wir (die girls & ich) in drei tagen leer (ostfriesland) fünfundsechzig telefonnummern auf unseren listen stehen, mit einer quote von über fünfzig prozent. rekord !!! besonders anna, die die hälfte ganz allein geschafft hat: ihre gespräche waren kurz & schmerzlos. sie ist ein naturtalent, an dem ich mich herzlich erfreuen kann.
und jetzt ist – nach einer 20-stündigen fahrt mit auto & eisenbahn – als glückliche wendung des lebens sofia bei uns eingetroffen – besser gehts nicht.
ich erlebe so eine art update des legendären girls club mit andrea & maxie & jana li vor zwölf (oder elf) jahren. mit zwölf (oder elf) jahren er-fahrungen ist das überaus inter-essant.
niemals aufgeben
mit frischem elan hat sich anna auf die pressearbeit gestürzt … und hat sich nicht abwimmeln lassen – und siehe da: heute, am dritten tag in leer, kam morgens als erster ein mann zu uns, der sagte, daß er in der zeitung von uns erfahren hatte und unbedingt unterschreiben wolle – und am liebsten auch für seine gehbehinderte frau, die auf einem parkplatz vor der stadt im auto saß.
anna’s gesicht leuchtete auf, und sie ist gleich in die verkaufsstelle der zeitung gegangen und hat sich auch ein exemplar für ihren praktikumsbericht geholt – und in einem abwasch die telefonnummern der zuständigen redakteure in den anderen städten besorgt.
der laden läuft
wie am schnürchen – noch besser als gestern und wir fühlen uns richtig wohl mit den ostfriesinnen. die menschen sind unaufgeregt und sehr hilfsbereit. ein junger mann von den stadtwerken hat unser stromproblem zu seinem gemacht und tatsächlich den chef einer elektrofirma zum omnibus gebracht, der nach meiner erklärung der lage gesagt hat: „hier gebe ich den schlüssel diesem jungen mann – und nun vergessen sie bitte, daß ich hier war.“
ein mann, mit dem ich überhaupt nicht gesprochen hatte, lief am omnibus vorbei und sagte: „hallo, herr küppers!“
usw.
jetzt gerade habe ich mit natalie die gegenwart ausgebreitet, während anna schon friedlich schlummert.
und schick nur ein paar bilder:
zwei blonde sängerinnen
anna spielt seit neun jahren cello und hat sich völlig natürlich & unkompliziert in unseren sound eingeklinkt. sie wirkt auf ihre gesprächspartnerinnen wie eine erfrischung. sie wird lauthals von älteren männern gelobt und aufgefordert, in die politik zu gehen und es denen einmal richtig zu zeigen. anna ist unbekümmert & feinfühlig. auf sie bin ich voll neugierig !
und natalie, die nur unsere untypische syltwoche mitbekommen hat, dann einen sehr erfolgreichen tag kampfsammeln mit freya in hamburg verbrachte … bis die unglücksbotschaft sie völlig niederschmetterte. sie mußte nach hause fahren, um das zu verarbeiten und hat viel trost bei ihrer mutter gefunden.
natalie ist 24 und studiert an der kunstakademie in braunschweig. ihr vater ist ein alter bekannter, über dessen leben ich ganz wenig wußte, weil wir immer so spannende gespräche über die jeweilige gegenwart hatten, daß wir uns nichts über unsere geschichte zu erzählen brauchten.
umso neugieriger bin ich jetzt auf natalie und will möglichst viel von ihr erfahren. es hat mich sehr beeindruckt, wie sie – so kurz nach diesem traumatischen schock – voll in die arbeit eingestiegen ist, mit einer eigenständigen stimme !
wir hatten einen erfolgreichen ersten tag miteinander. gut gemacht, mädels !