ein kongenialer tauschhandel

  
gestern habe ich den roten londoner doppeldecker, der in langen kurven immer an meiner frontscheibe entlangfuhr, gegen eine miniatur unserer lady eingetauscht. das angebot kam von einem sammler, der ein auge auf den roten doppeldecker geworfen hatte. den wollte er unbedingt haben … und sein bvg-modell wollte unbedingt zu mir.

  
cc

drei paar socken

  
kalt und feucht trüb war der zweite tag in neuruppin und die mädels hatten alle wärmflaschen unter ihren jacken. ich hatte am omnibus gut zu tun. ich verfeinere meinen song – ich improvisiere unter dem motto „volksbegehren gegen massentierhaltung“, an dem ich keinen anteil hatte. mehrere menschen haben mich darauf hingewiesen, daߟ das „gegen“ der falsche gestus ist und ungute gefühle auslöst. zum beispiel: „ich will gewinnen & kann verlieren.“ das ist unsachlich.

  
unsere sogenannte demokratie ist auch so eine art massentierhaltung – wir sind verwaltungsobjekte, eingesponnen in ein kafkaesk absurdes regelwerk, das wir niemals aus freiem willen miteinander besprochen geschweige denn abgestimmt haben. und die macht ist ein völlig anonymer apparat mit vielen zotteln & tentakeln, der die ganze zeit an uns herumkaut – so stelle ich mir einen darm von innen vor, den wir ernähren. wie sind wir denn da hineingeraten ?

  
ich kann also schön bei der arbeit über demokratie meditieren und stelle mich auf weitere hundert jahre ein – wenn es nicht vorher knallt.

wir hatten wieder ein stolzes ergebnis und sind jetzt bei 2.383 angelangt. neuruppin müssen wir uns merken.

wir fahren fast nur noch in der dunkelheit und ich vermisse die landschaften schmerzlich. auf unserer fahrt nach brandenburg haben die vier mädels zwei neue gasflaschen aus einem baumarkt geholt – und sie haben keinen wagen zuhilfe genommen. wir haben brauchwasser abgelassen und ich habe mir sozusagen in letzter minute neue tachoscheiben besorgt.

                                         
ein trauliches abendmahl mit freya hat mich dann so entspannt, daߟ ich jetzt überhaupt noch wach bin und im mantel nicht friere.

der omnibus hat eine nase:

  

unser lieblingsort

  

hier in neuruppin haben freya & ich im vorigen jahr bei der volksinitiative zusammen gearbeitet und waren auf eine angenehme weise voll beschäftigt & höchst erfolgreich. mit diesen erinnerungen waren wir jetzt in freudiger erwartung.

wir stehen an der belebtesten ecke eines groߟzügig proportionierten, langgestreckten platzes mit alten bäumen – und die amerikanischen eichen glühen jetzt rot. hier ist übrigens die heimat von theodor fontane, der im zusammenhang mit der achtundvierziger revolution zum schreiber geworden ist. vielleicht sollte ich mich unter dieser perspektive für seine arbeit inter-essieren. bisher kenne ich nur die verfilmung von „effi briest“ von rainer werner fassbinder, ein schöner versuch, starke frauen zu verstehen und zu würdigen. da fällt mit susanne wiest ein, die mich dadurch auf der ttip-demo besänftigt hat, daߟ der omnibus ihre sänfte sein durfte. 

  

und siehe da: wir hatten den erfolgreichsten tag dieser tour, und zwar ohne äuߟere hilfe, d.h. johanna, florentine, natascha, freya & ich. wir sind jetzt bei zweitausendeinhundert gelandet.
und noch einen rekord gab es: es war schneidend kalt & kristallklar. ich hatte trotz zwei paar socken eiskalte füߟe. unerbittlich kommt die zeit der wollstrumpfhosen und der widrigen umstände, wo wir im mantel beim frühstück sitzen. als ich heute morgen splitternackt im bad stand, war die gasflasche leer und die heizung aus. kein guter einstieg, aber dann wurde summa summarum so ein guter tag daraus.

  

nach unserer speckgürtelwoche sind wir jetzt zum ersten mal wieder zwei tage in einer stadt. und haben am abend bei voll aufgedrehten heizungen wir mal wieder gekocht und zusammen gegessen. morgen ist markt auf dem platz. also ab ins bett.

  
 

umstülpung

  

bei den tietzens in alt kladow habe ich mich restlos von dem scheiߟ-ttip-rummel, der noch viel schlimmer war, als ich erwartet hatte, erholt – beginnend mit einer heiߟen badewanne, rasur, fingernägelschneiden und allen schikanen. als ich rauskam, war ich in einer anderen welt angeregter, wohliger behaglichkeit. ganz freilassend & spontan.

mit den erstaunlichsten einzelheiten. ich habe mich frisch mit energie aufladen können. meine seele hatte reichlich nahrung. wir waren voll versorgt.

   
 

seit ich ihn gesehen habe, bin ich von egon’s hocker fasziniert und spinne daran herum. ich empfinde die akute herausforderung, voll in die aufgabe einzusteigen, die idee dieses hockers zu höchster blüte & anschaulichkeit zu entwickeln. 

meine gespräche mit egon sind ernsthaft & lustig, konzentriert & entspannend, praktisch & intellektuell (der ganze riemen). auf dem boden der tatsachen wird die welt erst inter-essant und ich bekomme wieder lust zu arbeiten und mich dem alltag zu stellen. wenn ich meine aufmerksamkeit weit genug öffnen kann, liegen so viele kostbarkeiten auf meinem weg und ich kann mich einklinken in den stimulierenden puls des wirklichen lebens.

auf den omnibus habe ich hundert milliarden unsichtbare helferinnen losgelassen.

und noch eine umstülpung:

   
 

heute war glasklares kaltes herbstwetter – die sonne heiߟ und die luft kalt. als ich mittags zum see lief, war es ohne mantel zu kalt, das zu genieߟen, auߟer optisch.

   
   

und dann gab es noch das niemals hektische gewese von drei generationen, bilder, bücher, werkzeuge, proportionen, mitteilsame kleinigkeiten, lekkeres essen, inseln der kontemplation. 

jetzt bin ich hier und es ist zeit, ins kalte bett zu steigen.

  

erbarmungslos verregnet

war unser tag in königs wusterhausen. da wurde der geliebte des späteren soldatenkönigs von dessen schweinisch-brutalem vater hingerichtet. das sollte ihm eine lektion erteilen – und sein willen war schon gebrochen.

  

es hat mir schon einen stich gegeben, als wir die 200 knapp verfehlt haben, obwohl alle ganz fleiߟig waren. es war herbstlich naߟkalt, penetrant. es war nichts los, aber zum ersten mal waren wir in der presse angekündigt und ich hatte am omnibus gut zu tun. zwei paar socken & der schwarze ledermantel und immer noch fröstelnd.

dann eine anstrengende fahrt durch regen & dunkelheit, mit tankstop, erfolgloser wassersuche und vielen zentimeter-knappen rangiermanövern nach fürstenwalde. auߟentemperatur 6 grad.

ich war mit freya indisch essen. ich habe eine rote linsensuppe und salziges lassi gewählt. lekker – und genau die richtige menge. 

bis auf das schreiben hier habe ich mich digital ausgekoppelt – das friߟt mir zuviel zeit und ich muߟ mich erholen können. also lese ich lieber still für mich und der quellcode schillert.

  

spuk

   
   
ungläubiger blick auf ein gottverlassenes schaufenster, fünfzig meter hinter dem omnibus.

ganz schön schräg

  

haben wir die anschlieߟende nacht in strausberg verbracht – ich hatte seltsame träume. das war die nva-hauptstadt der ddr. noch heute ist da bei google maps alles verschwommen und die einwohnerzahl legt seit der wende kräftig zu. eine straߟenbahn fährt nach berlin und es gibt viel wald & see. 

der tag war verhangen & windig, aber es hat nicht geregnet. ein buntgewürfelter trupp von helferinnen schwirrte stundenweise vorbei. gleich zwei zeitungen werden morgen den strausbergerinnen, die uns verpaߟt haben, vom omnibus vorschwärmen und endlose vorlust erzeugen. naja, das lösen wir dann bei unserem nächsten besuch in wohlgefallen auf. 

  
wirkt irgendwie besoffen, odrr ?

die stadt ist uralt – besiedelt seit der bronzezeit, offiziell mit diesem namen gegründet im dreizehnten jahrhundert. so alt ist auch die marienkirche, ungeheuer wuchtig mit feldsteinen aufgebaut:

 

es gab leider keine bessere perspektive und beim kampfsammeln habe ich überhaupt keine muߟe auߟer in der dunkelheit. 

seit alt kladow tauchen immer wieder feldsteinmauern auf, die mich tief beeindrucken. für mich sind das zeugnisse von unbändiger willenskraft und ich stelle mir vitale und sinnenfrohe und zufriedene erbauerinnen vor.

wir sind übrigens bei 1.401 angelangt.

1141

  

heute triumphal die tausender-hürde übersprungen, in bernau, wo schon siebentausend vor christus eine menschliche siedlung war (da fällt mir bolo ‚bolo ein und meine phantasie wird angenehm gekitzelt …).

  

wir standen vor dem historischen wahrzeichen, dem steintor, teil einer mindestens halbkreisförmig erhaltenen festungsanlage. drinnen sind nur einige wenige gebäude so alt, denn die herren der ddr fanden es vernünftiger, die altstadt abzureiߟen und moderne, effizientere wohnanlagen zu bauen, mit zweckmäߟigen proportionen. hier ist also modernste ddr-stadtplanung zu besichtigen, was gewiߟ auch damit zu tun hat, daߟ vor der stadt 1930 die adgb-bundesschule von hannes mayer & hans wittwer in bester bauhaus-manier gebaut wurde (wie auch die zeche zollverein haben sich die nazis das sofort unter den nagel gerissen – übrigens auch die havelhöhe). es sieht ganz so aus, als ob die tour dieses jahr unter dem stern der baukunst steht, unter besonderer berücksichtigung des unsichtbaren …

  

obwohl es ab mittag lange geregnet hat und uns anderthalb helferinnen fehlten (jutta & leonie haben sich den tag geteilt), ging uns die arbeit gut von der hand und wir haben dieses erfreuliche ergebnis erreicht.

  

und dann gings gleich weiter mit einer verzauberten fahrt, durch die mich freya gelotst hat. das schmale sträߟchen war in alle richtungen gewellt & gedellt. bei tempo 30 schlängelte & schaukelte sich der omnibus beschwingt durch wald & flur. nur manchmal sahen wir einzelne autos, für die wir dann vorsichtig am straߟenrand gehalten haben. gleichzeitig führte die fahrt in die dunkelheit (um sieben uhr abends!).

die verkehrzeichen paߟten überhaupt nicht ins bild und die langsamkeit verfeinerte die sensationen. wir fühlten uns beschenkt.