mainfranken

 nachdem wir 160 kilometer in abwechsungsreichen landschaften & wetterlagen schwelgen konnten, sind wir wieder auf einem allerdings im vergleich zum vorigen wochenende ziemlich kahlen wohnmobilplatz am main – neben einem kleinen zirkus – gelandet. mit strom, wasser, dusche & wc. 

und zwar sind wir schon in haߟfurt, wo wir auch ab montag für drei tage arbeiten werden. dreizehntausend einwohner, über siebenhundertfünfzig jahre alt. ich habe mich schon öfters gefragt, wie sich das anfühlen würde, zu sagen: „ich komme aus haߟfurt“.  heute habe ich zum ersten mal das stadtwappen gesehen und war erst einmal erleichtert.

dann habe ich erfahren, daߟ der name vom germanischen hasufurth = nebelfurt, weg durch den nebel, abstammt und die stadt als grenzbefestigung zwischen des bistümern würzburg & bamberg entstand. hört sich ganz nach verfeindeten glaubensbrüdern an. kein wunder, daߟ karlheinz deschner, verfasser einer zehnbändigen „kriminalgeschichte des christentums“ und mutigster religionskritiker der bundesrepublik, hier bis zu seinem tod im jahr 2014 lebte.

wir haben schon einige erkundungsgänge hinter uns, und, weil das städtchen so klein ist, einen guten überblick gewonnen. selbst bei der erholung arbeiten wir perfekt zusammen.

wandel

heute habe ich mit sofia in trauter zweisamkeit und mit weit geöffneten sinnen einen ausgedehnten spaziergang am wild & üppig bewachsenen ufer des main unternommen. den gleichen weg hin & zurück. in zeitlupe.

der sommer hat seinen höhepunkt schon leicht überschritten und die pflanzen sind in allen stadien zu sehen. eine pralle mischung. wir konnten jedenfalls trefflich unsere gedankenfäden kurzschlieߟen und gleichzeitig eine prächtige ernte einfahren.

der dritte tag

dritte tag in weiden war wieder ernüchternd – obwohl es lebendig zugeht und die äuߟeren umstände ganz prima sind. ich konnte ausgiebig die oberpfälzerinnen studieren. die ferien haben gerade angefangen und mindestens drei hier beheimatete generationen sind entspannt unterwegs. 

es läߟt sich hier gut leben – wo klappern noch störche? vielleicht ist das der grund dafür, daߟ wir so unsichtbar sind.

die stadt hat mehr einwohner als amberg,  aber die altstadt ist viel kleiner. in diesem kleinen kern ist richtig was los. aber unsere ausbeute war mager, wie auch in amberg schon. woran liegt das genau? ist hier nicht mehr zu holen? ich habe mich wohl gefühlt und nebenbei noch eine menge bürokram erledigt.

klapperstörche

hier in der oberpfalz habe ich zum ersten mal das klappern der störche ausführlich wahrnehmen können. ich habe den eindruck, daߟ die jungen störche fast so groߟ sind wie ihre eltern – die machen gerade ihren bachelor …

weiden in der oberpfalz

ein tausend jahre alter stadtkern. wir stehen auf dem oberen markt gegenüber vom alten rathaus. das wetter ist mild & lau. abends ist hier soviel los wie in der düsseldorfer altstadt – ein ständig flatternder teppich von stimmen erklingt und ebbt erst gegen mitternacht langsam ab. sehr gemütlich. dachten wir.

das temperament der oberpfälzer bleibt uns weiterhin rätselhaft: sie sind eher zurückhaltend & kontaktscheu. und wenn sie kommen, müssen wir meist erst einmal eine menge schutt wegräumen (brexit, erdogan, islam, gmbh-ler), ehe wir wirklich ins gespräch kommen.

die band ist richtig gut. wir haben schnell gelernt und unser ergebnis und die erfolgsquote von gestern auf heute um hundert prozent verbessert. mathias ist mit freiwilligem enthusiasmus bei der sache und christopher steht wie ein fels in der brandung, zuverlässig und immer freundlich und zur stelle, wenn er gebraucht wird – obwohl er sich vor zwei wochen beim sport ein band am fuߟ angerissen hat.  und sofia müssen wir zügeln – sonst würde sie alles alleine machen.

das ist fluxus! wir sind in einem lebendigen austausch und die sehr unterschiedlichen persönlichkeiten kommen voll zur geltung, ohne daߟ wir unsere jeweils eigenen wege verlassen müssen. das nenne ich bandbreite!


gestern

konnte ich nicht schreiben, weil ich mit der lieben sofia einen essay, den sie für ihr studium geschrieben hat, wort für wort durchgearbeitet habe. ein für uns beide sehr fruchtbarer austausch über die feinheiten unserer sprache. wir haben sogar einzelne semikola plaziert. 

und den text sehr schön verflüssigt und voll zum klingen gebracht. ein überaus konzentriertes seminar, für das sofia alle möglichen credit points erhält.

sie ist wieder sehr fleiߟig & umtriebig. ich versuche behutsam, sie zu verlangsamen, damit sie sich hier am omnibus erholen & volltanken kann für ihren stressigen alltag. in dieser hinsicht hat uns beiden der gestrige abend richtig gutgetan.

dieses kleid (audrey hepburn läߟt grüߟen) würde ich ihr gerne schenken:

luftmuseum

heute nachmittag habe ich mir die zeit genommen, das luftmuseum zu besuchen. da gibt es wolken, fliegende teppiche, schwebende fortbewegung in natur & technik, luftzustände, druckluft-apparaturen, anspielungsreiche & verblüffende kunstwerke und periodisch in die stadt übergreifende aktionen zu sehen. sehr anregend.

ich hatte schon beiläufig erfahren, daߟ in amberg das letzte groߟe gebäude von walter gropius im auftrag von philip rosenthal steht: die glashütte. leider liegt die so weit auߟerhalb, daߟ ich nicht hoffen konnte, sie leibhaftig zu erleben. aber im luftmuseum habe ich eine kleine broschüre darüber gefunden. im volksmund wird sie die glaskathedrale genannt – ein überzeugendes beispiel für form follows function mit raffinierten details … die vollendung hat walter gropius nicht mehr erlebt.

fieses wetter

heute war fieses. naߟkaltes wetter. oben rum habe ich mir einen kaschmirschal geschlungen, aber ich bin weiterhin mit nackten füߟen unterwegs. die bedanken sich durch genesung dafür, nicht mehr von der weltwahrnehmung abgeschnitten zu sein und sehen viel besser aus:

die brille

so heiߟt im volksmund dieser teil der befestigungsanlagen in amberg, das einmal die am besten befestigte stadt deutschlands war. wir sind jetzt in der oberpfalz und ich habe erfahren, daߟ hier „das ruhrgebiet des mittelalters“ war. erze wurden nach regensburg verschifft und auf dem rückweg mit salz gehandelt.

hier lebt ein anderer völkerstamm, an den wir uns erst einmal gewöhnen müssen. 

am späten vormittag ist gabriele abgereist … am bahnhof gab es noch lauter komplikationen (computerabsturz, nur bargeld), aber inzwischen weiߟ ich, daߟ sie wohlbehalten zuhause angekommen ist. es war sehr inter-essant für mich, jetzt für eine woche mutter & tochter gemeinsam am omnibus zu haben – ich habe beide besser kennengelernt, als ich sie je einzeln kennenlernen könnte.

gabriele steigert sich stetig – jetzt war sie zweieinhalb wochen hier unter den heiߟesten bedingungen und ist immer ganz fröhlich geblieben.

und sofia notiert sich eine förderkandidatin.

wir haben uns zusammen die beuys-ausstellung angeschaut und uns mit postkarten eingedeckt – ich habe zum erstenmal eine „ich bin auf der suche nach dem dümmsten“ gefunden.

das obere heiߟt: „beuys im gewitter“. und „buttocklifting“ übersetze ich mit „arsch hoch kriegen“. sehr inspirierend.

die arbeit tröpfelte so dahin. wir waren sehr hilfsbereit mit strom versorgt worden, aber der chefredakteur der zeitung hatte uns von der nachrichtenliste gestrichen. das hat mathias in den redaktion erfahren. also waren wir auf die laufkundschaft angewiesen … und die war nicht so inter-essiert wie die franken. und es war der erste tag ohne ceta.

dann tauchte plötzlich konstantin auf, der vor zehn jahren als waldorfschüler aus augsburg ein sozialpraktikum am omnibus gemacht hat – damals hatte er rasta-zöpfe bis zum hintern.

freudiges wiedersehen auf beiden seiten. er macht hier sein refendariat als sonderschulpädagoge und lebt in regensburg. schöne überraschung.