die boyzz

das war mein erster landeplatz im westen: der maximiliansplatz in bamberg, wo wir unverhofft zu einem viertätigen gastspiel bei einem bürgerbegehren eingeladen waren.

als ich nach 150 solokilometern auf dem platz einlief, war jonas schon dort und hatte sogar die nötigsten einkäufe erledigt. schlagartig stülpte sich qualitativ etwas um und wir waren das schlagende herz einer einmalig groovenden band. das schönste war, daß jonas schon einen tag früher auftauchte als versprochen. nach stressigen wochen mit zeugnisschreiben ist er gleich am anfang seiner sommerferien zum OMNIBUS gekommen, um sich in der alltäglichen wirklichkeit innerlich blank zu machen und bereitwillig auf unser zusammenspiel einzulassen.

sein cello hat mich über den ersten coronawinter gerettet.

dann flatterte am abend des ersten tages – auch früher als erwartet – danilo bei uns ein und hatte vieles zu berichten. jonas hatte sich schon darauf gefreut, danilo kennenzulernen. die beiden bildeten gleich ein interessantes gespann und es kam richtig leben in die bude. abends saßen wir in trauter runde und ließen unsere gedanken zusammenfließen zu einer lebendig ausbalanzierten homöostase – seit einiger zeit eines meiner lieblingswörter.

leider ist danilo auch mehrere tage als erwartet früher davongeflattert … gleichwohl kann ich kaum beschreiben, was es für mich bedeutet, teil einer lässig groovenden band zu sein. besser gehts nicht !

meine engel

als wir aus dieser raum / zeit konstellation vertrieben wurden, wäre ich ohne die beuys verloren gewesen – sie fühlten sich an wie glieder, die emsig etwas größeres antrieben, denn ich funktionierte nur noch im leerlauf. so haben wir es zügig hinter uns gebracht …

die kettenbrücke, auf der wir zwei brüllend heiße tage und eine eher unruhige nacht verbracht haben, war eine spektakuläre bühne für den OMNIBUS. als die sonne senkrecht über uns brannte, haben wir heute den OMNIBUS mit einem publikumswirksamen manöver um 180 grad gewendet, so daß wir fast den ganzen tag
schatten hatten – fix dazugelernt.

staatsgewalt

nach einem sehr erfüllten tag unter heißer sonne, der bis in die nacht hinein ausfranste – hatten wir gerade mit der gemeinsamen entspannung begonnen – und danilo machte mir einen tee, damit ich hinten im OMNIBUS mit dem schreiben beginnen konnte, tauchten völlig unerwartet zwei polizisten auf – an diesem märchenhaften platz, an dem wir auch schon die letzte nacht verbracht hatten und morgen mit andreas verabredet waren. sie verlangten (besonders einer von beiden) unerbittlich, daß wir von dort wegfahren sollten. sowas passiert alle zwei jahre mal.

nachdem ich zu erkennen gegeben habe, daß ich dem befehl gehorchen würde und ihm die konsequenzen vor augen geführt habe, die das für uns haben würde, hat es ihm irgendwie leid getan – und er hat nicht abgewartet, bis wir losgefahren sind – wenigstens das!

durch verschlungene & verbotene wege sind wir zu einem busparkplatz gefahren und ich bin nur noch fähig, dieses bißchen zu schreiben. es ist halb zwei und ich schaue ungefähr so aus der wäsche:

übrigens

standen wir am wochenende genau auf der grenze zwischen erzgebirge & vogtland. lisa hatte es so eingerichtet, daß wir von der letzten station der saxentour nur etwa 10 km entfernt waren. gerolf hat mir am samstag mit seinem auto unseren platz gezeigt – da konnte ich ihn schön mit fragen löchern.

die fahrt durchs erzgebirge habe ich mit einem kribbeln im bauch genossen – war ganz schön abenteuerlich – die ganze saxentour war ja ein urerlebnis für mich. mehrfach sind wir in eine mikrostruktur geraten, für die der OMNIBUS nicht geschaffen war. wir haben in mulden versteckte dörfchen entdeckt, die nur mit ganz dünnen linien verbunden waren. weit & breit keine richtige straße. stundenlang.

auerbach im vogtland war dann ein eher melancholischer ausklang unserer fahrt in den osten. obwohl er mich deutlich wahrgenommen hat, hat der bürgermeister mich nicht begrüßt.

drei tage. ich allein. pralle sonne. wenig menschen. 30 unterschriften & 1 allerdings sehr sympathischer förderkandidat am letzten tag. einige menschen sind noch einmal gekommen, nachdem sie die unterlagen gelesen haben. niemand hatte je etwas vom OMNIBUS gehört. viele haben gesagt, sie hätten alle hoffnungen aufgegeben. ich solle allerdings unbedingt weiter fahren. montags gab es am abend eine friedensdemonstration, an der etwa 50 menschen teilnahmen. abends um zehn war es totenstill und keine toilette zu finden.

ich hatte meine liebe mühe, lokker zu bleiben und resolute entscheidungen zu treffen. die gespräche waren ja durchaus anrührend. zur abwexlung habe ich mir szegediner gulasch zubereitet und drei tage glücklich davon gegessen.

forstmeister

hier will ich mich ausdrücklich bei lisa bedanken für die inspirierenden wochenendplätze, die sie für die saxentour organisiert hat. das „hotel forstmeister“ war eine schöne überraschung – ehemals in der ddr ein ferienheim – von entschlossenen menschen zu einem beeindruckenden betrieb ausgebaut. mit gerolf seidel habe ich mich gleich angefreundet. er hat mir viel über die geschichte des betriebs erzählt – mit allen möglichen verzweigungen. er erwies sich als „kräutermeister“ – dieses wort habe ich gerade extra für ihn erfunden. in seiner küche sah es aus wie in einem wissenschaftlichen labor.

sie haben geschickt einen in den hang planierten tennisplatz in einen wohnmobilplatz umgebaut, mit einer für den OMNIBUS zu steil abschüssigen zufahrt. das war überhaupt kein problem – wir sind sehr hilfsbereit & unkompliziert empfangen worden und hatten uns schnell auf einen „wilden“ platz geeinigt. die sanitären anlagen waren ein traum, nämlich zwei extra dafür bereitgestellte hotelzimmer. diese haltestelle hat mein herz im sturm erobert. in die datenbank damit.

ich bin überall herumgestreift und war von der pragmatischen vielfalt des angebots ziemlich beeindruckt – das unternehmen hat sich in den zeiten von corona eine erstaunliche gesundheit bewahrt und geschmeidig auf diese herausforderung reagiert. es ist tief verwurzelt und gleichzeitig überregional bekannt.

salto rückwärts

annaberg-buchholz kann ich hier nicht einfach weglassen – hier hat vor 500 jahren der bergbau der wissenschaftler & ingenieure begonnen – im erzgebirge. die zwillingsschwester im westen heißt clausthal-zellerfeld im harz auf gleicher höhe.

die stadt liegt in 750 meter höhe. ganz am anfang der saxentour hat mich jemand gefragt, wie ich denn mit diesem alten OMNIBUS da raufkommen wollte. darüber habe ich mir die ganze zeit den kopf zerbrochen. und auf der einsamen fahrt von grimma nach annaberg-buchholz habe ich gemerkt, daß ich viel abenteuerlustiger sein könnte, denn es gab so viele baustellen & umleitungen, daß sich selbst die einheimischen nicht auskannten. und ich staune noch immer darüber, wie lässig & wohlgemut ich ins ziel eingelaufen bin. fazit: „keine sorgen machen!“

der marktplatz ist weithin die einzige größere ebene fläche – ansonsten geht es heftig rauf & runter. die stadt hat ihre urwüxigkeit behalten und ist liebevoll restauriert, ohne so geleckt zu sein wie döbeln & grimma. und weil hier der industrieelle kapitalismus ausgeheckt wurde, gibt es auch diesen prototyp einer konsumhölle mit pickelhaube.

was urwüxig angeht, hat mich am ersten abend magisch eine tausend jahre alte kirche angezogen, die am höxten punkt der stadt steht wie ein gebirge.

durch dieses tor bin ich dann tief in die vergangenheit eingetaucht und habe meiner fantasie freien lauf gelassen. ich sah die stadt im winter tief eingeschneit und suchte nach einer passenden stimmung.

ich kann nie vergessen, daß an solchen brutstätten der sogenannten naturwissenschaften auch der militärisch-industrielle komplex entstanden ist, vor dem der amerikanische präsident eisenhower nach dem zweiten weltkrieg gewarnt hat.

leider bin ich nur am ersten abend zu einem spaziergang gekommen – es bleiben viele wunderfitzige fragen offen.

ohne band

immer häufiger ist der OMNIBUS der einzige symbiont, mit dem ich mich verflechten kann – er ist mir bühne & reittier & gehäuse, aber eher passiv, was den alltagsgroove angeht. wir haben keine zeit für streicheleinheiten, denn ich fühle mich erst mal dem oft spärlichen publikum verpflichtet und kann mich kaum losreißen, um aufs klo zu gehen.

andererseits kann ich mir die restliche zeit nach gutdünken einteilen – zum beispiel habe ich den „schulze-delitzsch“ zuende gelesen und viele bilder gemacht, die ich abends nach meinen spaziergängen bearbeite.

um lokker zu bleiben, muß ich hier lükken lassen, die mir hoffentlich in der erinnerung nicht verloren gehen, denn seit meinem letzten beitrag sind die ereignisse wild durcheinander gepurzelt. ich lerne, mir keine sorgen zu machen und meinem zusammenspiel mit dem OMNIBUS und allen menschen zu vertrauen. das entspricht dann musikalisch eher einem symphonieorchester … mit allen höhen & tiefen.

jetzt ist es halb zwei und ich muß ins bett – morgen weckt mich keiner.