simone – noch besser

simone hatte nicht etwa einen fahrradschlauch gekauft, sondern sich in einem fahrradladen einen kaputten schlauch schenken lassen – also nicht nur recycling, sondern cradle to cradle.

zweiter tag im kurbad

unter idealen begleitumständen plätscherte die arbeit dahin. zweite liga, würde ich sagen, wenn ich fuߟballmetaphern nicht hassen würde. aber ich bin ja nicht zwanghaft.

am nachmittag kam robert friedrich mit einem neuen kerzenvorrat und teelichtern für meine goldene lampe. das hatte die liebe freya perfekt organisiert und in die wege geleitet …

aber wie gesagt: die zeit haben wir uns angenehm betrieben mit entwürfen rund um das goldene fragezeichen.

am abend sind wir bei schönstem wetter von bingen aus mit der fähre über den rhein nach rüdesheim gefahren – da wollte ich schon immer mal hin.

da ganz hinten stehen wir – mittendrin, auf einem kleinen marktplatz vor dem rathaus. wir sind zum rhein geschlendert und haben am ende in einem innenhof lekker gegessen. ich hatte hirschgulasch mit preiselbeeren und mathias und die mädchen haben mir geholfen.

die stadt ist voller internationaler touristinnen – und die dichtgepackten läden sind voll mit unsäglichem kitsch. auch in den vielen gasthäusern volkstümelt es gewaltig. meine nackten füߟe werden argwöhnisch beäugt.

obwohl: als ich aus dem omnibus ausstieg, wurde ich gleich angelacht von einer wunderschönen dunkelhaarigen jungen frau, die genau so braungebrannt war wie ich und mir ganz ungeniert ihre von der arbeit im weinberg noch ganz schmutzige hand reichte. sie war eine italienische weinbaustudentin aus umbrien. nebeneinander auf den stufen einer kirche sitzend, haben wir uns im angesicht des omnibus für eine gute weile englisch miteinander ausgetauscht, wobei das nonverbale verständnis weit über die sprache hinausreichte.

später fand ich dann noch ein paar bilder:

simone

das ist simone – sie ist seit sonntag bei uns für eine schnupperwoche – wir haben uns kurz in hamburg & berlin gesehen. sie ist schon voll drin in der arbeit. in berlin arbeitet sie in der gastronomie. sie ist zupackend & praktisch veranlagt und steckt die anderen beiden damit an. das nenne ich unternehmenslust – sie will deutliche spuren in die gegenwart legen und verbindet sich ganz umstandslos mit allem, was zu tun ist. genau was ich brauche!

sie hat den riesen mathias als nesthäkchen abgelöst – der war jetzt lange der jüngste und damit sowas wie mein ältester enkel. aus der groߟvater-perspektive kann ich ganz liebevoll entspannt seine entwicklung bestaunen. das ist luxus fluxus.

zurück zu simone: ich vergesse immer, wie einschüchternd ich auf unvorbereitete junge menschen wirken kann – nur durch mein alter und meine arbeit. das macht den einstieg manchmal holprig – aber ich glaube, an diesen beiden bildern ist zu sehen, wie schnell sich simone hier eingeklinkt hat und zutrauen gewinnt.

dann hat sie auf einmal das goldene fragezeichen in den ring geworfen, und sowas wie ein ganz praktisches ringgespräch ist entstanden, bei dem die finger & die gedanken in bewegung gerieten und handwerkliche prototypen gebaut wurden. erkundigungen über materialien & werkzeuge wurden eingeholt & verarbeitet.

und hier ein sehr anschauliches beispiel für simone’s stil beim entwerfen. besonders bei heiߟem wetter reiߟen dauernd die von der sonne ausgemürbten gummis, die wir um unsere mappen legen, um die unterschriftenbögen am flattern zu hindern. wir hatten nur noch dünne rote, die noch schneller kaputt gingen. simone hatte den auftrag, breite rote gummis einzukaufen – ich hatte auch schon überall danach gesucht. sie kaufte einen fahrradschlauch und bastelte daraus sehr stabile, nur leicht dehnbare streifen, die bestimmt ewig halten werden. bravo bravo bravo !!!

bachelauretten

das bild vom junggesellinnentreffen in witten rundet sich aufs schönste … zuerst kam simone am sonntag abend zum omnibus und wir haben sie mit fragen gelöchert – mathias & ich waren wirklich neugierig, was sich wohl mit „wo lang“ getan haben würde …

christopher schrieb einen kleinen beitrag, und dann hatte ich mein langes gespräch mit sofia, sie schrieb selbst einen beitrag und wir standen in engem kontakt. dann rief mich mein lieblings-bachelor jan, von dem sofia „hin & weg“ ist, an und wir haben unsere erfahrungen ausgetauscht und neue dendriten gesponnen. sofia & jan werden wohl jeweils so eine art guerilla-studium praktizieren und unter dem radar alles rausholen, was sie für sich lernen können, ohne sich um die fleiߟkärtchen des systems zu kümmern. mathias hat ganz ähnliche vorstellungen von seinen studien und wird ganz unbeirrbar seinen fragen nachgehen. und christopher hat sich ja vor unseren augen & ohren entschieden, die möglichkeit zu ergreifen, einmal wirklich avantgardist zu sein – das sind jetzt nur die, die aktiv mit mir in kontakt sind. das zu erleben, wärmt mir das herz.

und heute kam dann bei „wo lang“ der ausführliche beitrag von freya. der hat dann alles abgerundet und es ist fast so, als ob ich dabei gewesen wäre.

auf meiner abendrunde bin ich in den kurpark gelaufen bis zur spitze der insel. dort gab es eine saline, die ich erkannt habe, weil ich in meiner kindheit überaus inter-essiert einen bilderduden durchgewälzt habe. darin konnte ich mich wirklich versenken.

in der mitte dieser anlage wurde ein sole-nebel zerstäubt. da konnte ich wirklich meine seele baumeln lassen.

geruhsam & warm

war die atmosfäre heute in worms. obwohl alle menschen, die vom bahnhof kommen (ein massiver gründerzeitbau), auf den omnibus zu liefen, war der betrieb eher spärlich und die anderen drei hatten die lage voll im griff. ich saߟ lange auf der rückbank am computer und habe einen text bearbeitet. immer, wenn ich bedarf wahrnahm, bin ich rausgesprungen und habe kontakt aufgenommen. bis zum frühen nachmittag hatte ich eine erfolgsquote von hundert prozent. dann hat mir eine einen strich durch die rechnung gemacht. wir waren etwas besser als gestern, aber eigentlich hat uns mathias mit seinem direktförderer gerettet. der hat nach einem längeren begrüߟungsgespräch mit mir auch noch für 40 euro bücher gekauft. eine nette familie vom vortag hat uns allen eis vorbeigebracht. ich hab zum ersten mal seit jahren vanilleeis gegessen und habe inter-essiert hingeschmeckt.

in die tiefstehende abendsonne hinein sind wir nach der arbeit nach bad kreuznach gefahren …

und stehen gleich in der nähe dieser pittoresken brücke. auf dem wasser wurden mit booten turniere ausgetragen, bei denen es darum ging, den exponierten mann mit der lanze von seinem boot zu stoߟen. direkt am wasser haben wir zu abend gegessen. es wurde schon um viertel vor neun dunkel.

bei meiner abendrunde bin ich in ein vornehmes kurviertel geraten – aha – bad kreuznach. die altstadt ist verwinkelt und gemütlich und unser platz ist schön weiträumig. jetzt muߟ nur noch die zeitung mitmachen.

blumen für mathias

gestern hat mathias seinen ersten direktförderer (mit 120 euro jahresbeitrag) gewonnen. und überhaupt häufen sich die fälle, wo menschen vom vortag noch einmal zu ihm zurückkommen – er ist wie geboren für diese arbeit hier und ich würde ihm am liebsten ein groߟzügiges angebot machen.

in worms

seit gestern abend sind wir in worms, das sich mit trier, kempten und augsburg den titel „älteste stadt deutschlands“ streitig macht, besiedelt seit siebentausend jahren, mit keltischen und römischen und französischen phasen …

im februar 1945 haben über 300 englische flugzeuge in einer welle 1.100 tonnen bomben über der stadt abgeworfen und sie zu drei vierteln zerstört. nach dem krieg wurde der über tausend jahre alte dom (den ich immer den harry-potter-dom nenne) so zugebaut, daߟ er von vorn überhaupt nicht ganz zu sehen ist.

und jetzt sind sie dabei, eine weitere seite mit einem modernen gebäude zuzubauen. ein bürgerbegehren dagegen wurde mit dem hinweis auf die falsche hoheitsebene abgeschmettert (wie bei stuttgart 21).

diesen fetzigen bischof habe ich auf einer häuserwand entdeckt – der verkörpert für mich die sehnsucht nach (der alten) schönheit. und ich erinnere mich an den viel schöneren dom von speya und wie der mit seiner weit ausgreifenden präsenz die altstadt freibläst vom kommerz. war das schön!

sehr angenehm ist, daߟ die groߟe hitze vorbei ist – meine füߟe lachen mich an und die blumen können aufatmen.

 

prioritäten

als ich mich gerade hingesetzt hatte, um zu schreiben, rief mich sofia an und wir haben ganz lange am telefon geredet. prioritäten war eines unserer ersten stichworte.

mathias & ich harrten natürlich ungeduldig der neuigkeiten vom junggesellinnentreffen, das an diesem wochenende in witten (z.t. in meiner wohnung) stattgefunden hat … und endlich hat mich sofia ausführlich ins bild gesetzt über ihre wahrnehmungen. das hatte wirklich priorität und alle spannung hat sich wohlig gelöst. dann war es mal wieder richtig spät.

deshalb hier nichts weiteres …

heute hats geregnet

und meine füߟe sahen zum ersten mal wieder normal aus – ich bin ganz erleichtert. wir konnten uns der körperpflege widmen und haben zum abschluߟ noch kuchen & heiߟe schokolade mit sahne in der alten dorfmühle genossen – dieses mal drinnen.

ich hatte noch gelegenheit, mit toni zu reden und seine schönen neuigkeiten zu hören – er hat einen jungen bäcker als partner gefunden und muߟ jetzt nicht mehr wie ein berserker backen und kann mindestens einen gang runterschalten. er hatte sein auto voll bepackt und wollte ein hölzernes schiff zu wasser lassen, das nun schon unendlich lange auf diesen moment gewartet hatte. seine augen blitzten in freudiger erwartung. 

mit astrid habe ich noch ausführlich über meine erfahrungen mit den effektiven mikroorganismen geredet und ihr kataloge & broschüren von emiko dagelassen und einige meiner lieblingsbücher. sie liest auch immer mit groߟem inter-esse die oya.

ich hatte groߟe freude an den entwicklungen und habe das wochenende voll ausgekostet. ich kann nur noch einmal sagen: lieblingshaltestelle !!!

gastfreundschaft

eine meiner lieblingshaltestellen mit dem omnibus ist die alte dorfmühle der familie como, ein gasthaus wie im märchen. vier generationen wirken da zusammen, locker gruppiert um astrid & toni, die amtierenden eltern. sie haben vier inzwischen erwachsene kinder und ein enkelkind. und astrid kümmert sich noch um ihre pflegebedürftige mutter.

toni ist das urbild eines bäckers, vollkommen transparent zeigt er seine kunst. er ist ein analoger tüftler & handwerker im besten sinn. irgendwo hat er einen schuppen mit uralten, aber superpraktischen autos – ich weiߟ von einem unimog und einem matt grauen pick up … weil er oft nachts backt, bekomme ich von toni viel zu wenig mit, wenn wir mal wieder zu besuch sind. überhaupt sind immer alle unglaublich beschäftigt und haben fast nie freie zeit. und astrid schmeiߟt den ganzen laden – sie ist die hingebungsvolle mutter des gewerbes – noch so ein urbild.

wir werden immer grenzenlos verwöhnt, wenn wir hier sind. dieses mal gibt es oben drauf noch schöne neuigkeiten: anfang des jahres haben die generationen sich verschoben. jannis como, der jüngste sohn, der vorher unlustig physik studierte (ein digitaler eingeborener), hat mit zwei gleichaltrigen freunden die alte dorfmühle übernommen. zusammen mit seinem älteren bruder, der einen baubetrieb hat, hat er die räume und den groߟen bereich drauߟen behutsam modernisiert, ohne den charakter anzutasten. es gibt charakteristisches slow food aus der region und die backwaren von toni, beginnend mit dem frühstück, sechs tage die woche. es lief von anfang an gut, aber seit es eine ausführliche fernsehreportage über dieses start-up der regionalen wirtschaft im hessischen rundfunk gab, brummt der laden. obwohl es richtig voll war, war für uns immer ein tisch reserviert.

es sieht so aus, als habe jannis damit seinen bachelor, wenn nicht gar seinen master gemacht. astrid, die so unendlich viel gearbeitet hat, wirkte ganz gelöst. sie nimmt sich zurück und begleitet den übergang mit freiwilligen hilfsarbeiten. sie hat viel freude an ihrem enkelkind.

mathias & ich genieߟen die zweisamkeit – da ist der breitbandigste analoge kontakt zu haben.