she made our day

kerstin hoppe hatte uns schon gestern abend erwartet und ganz umstandslos mit allem versorgt.

im lauf der nacht bildete sich eis an unserer decke – und am morgen war es klirrend kalt & klar. nah am rand der welt, eine weitmaschige siedlung ohne mitte. und ich hampelte erstmal lange im schatten herum, bis ich mich durch einen sonnenspalt bestrahlen lassen konnte.

  
es war menschenleer in einer fast absurden weise. es gab drei verstreute marktstände mit ganz wenig kunden und von einem 100 meter entfernten einkaufszentrum, dessen supermarkt bis 22:00 uhr geöffnet hatte (ohne nennenswerte kundschaft), wurden die jungs nach kurzer zeit weggejagt.  

dann kam frau hoppe und kümmerte sich um unsere sorgen: sie hat sich erboten, kolja & benjamin zu dem weit entfernten zweiten einkaufszentrum zu fahren und zwei leere gasflaschen (alarmbestand bei der kälte) mitzunehmen. als die jungs dann beim sammeln dort auch nach kurzer zeit weggeschickt wurden, hat frau hoppe sie zusammen mit den vollen gasflaschen wieder zurück zum omnibus kutschiert und sie noch mit lekkeren krapfen gefüttert.

  
am abend hat sie uns noch verabschiedet und darauf geachtet, daߟ wir reibungslos abfahren konnten. wir haben ihr honig & postkarten geschenkt.

finsterwalde

  
war überhaupt nicht finster:

kolja ist dazugekommen und wir sind jetzt wieder eine boygroup. zum ersten mal seit langem sind wir wieder zu viert – da atme ich gleich auf. heute haben wir gutgelaunt & effizient zum ersten mal wieder über zweihundert anträge gesammelt und damit auch gleich die fünftausender-hürde  übersprungen – womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten. 

   
 
die letzten drei tage sind wir jetzt in drei winzigen städtchen (ca. 15.000 einwohnerinnen), die nach dem ende der ddr die hälfte der bevölkerung eingebüߟt haben. es ist spektakulär provinziell, aber angenehm ruhig & weiträumig  … im südlichen wurmfortsatz von brandenburg, am rand der lausitz, im siedlungsgebiet der sorben, die mich im vorigen jahr so sehr fasziniert haben mit ihrer freundlichen friedfertigkeit.

am abend sind wir fünfundzwanzig umständliche kilometer nach lauchhammer gefahren. der direkte weg war durch geflutete tagebaue versperrt – die ganze gegend hier soll als wassererholungsgebiet vermarktet werden. hier in diesen städtchen ist noch nicht viel davon zu spüren. hier ist so wenig los, daߟ kolja am abend noch ein lekkeres essen für die hungrigen jungen männer herbeigezaubert hat.

  
   
   

adieu gabriele

heute mittag habe ich gabriele nach spandau zum bahnhof gebracht – sie konnte von dort in einem rutsch nach köln fahren.

gabriele hat in den letzten beiden wochen umstandslos die stelle von freya übernommen und hat mich voll geerdet. ohne die beiden hätte ich diese tour nicht geschafft. ich staune und bewundere sie beide, jede für ihre eigene weise. wenn ich mir eine mutter aussuchen könnte – so eine sollte es sein!

  

war wohl nix

   
   

nach einem schönen langen frühstück mit gekochten eiern begann das reinemachen. ich habe mit gabriele einen noch um eine schlaufe mit seeblick erweiterten spaziergang bei schönstem warmem wetter zu den tietzens gemacht und bin dort in die badewanne gestiegen, während gabriele versucht hat, online ihre fahrkarte zu bestellen. vergeblich. aber wir sind hier zehn kilometer von spandau entfernt – da fährt stündlich ein ice bis köln durch …

gabriele & johanna haben heute ihren letzten tag im omnibus. das wollten wir auskosten …

und dann – gelungene überraschung – bekam ich unverhofften besuch von einer lieben freundin, die ich jetzt seit fast einem jahr nicht mehr gesehen hatte.

abends haben wir alle zusammen (auߟer johanna, die abends sowieso nie mit gegessen hatte und mit unserer wäsche kämpfte) zur feier des tages schon wieder vorzüglich beim italiener geschlemmt. die behandeln uns dort schon wie stammgäste.

jedes mal sind wir den weiten weg zu fuߟ gelaufen.

und eine halbe stunde vor mitternacht war da noch das klavier im eurythmiesaal.

   
 selfie

havelhöhe

  

jetzt sind wir – mit allem versorgt – neben der eigenartigen waldorfschule havelhöhe. wir sind über waldboden durch den dunklen park zum see gelaufen und haben lekker gegessen bei dem italiener, bei dem ich auch schon mit freya war. dann noch einmal den aufmerksamen gang durch den dunklen wald. wir haben noch bei kerzenschein zusammen gesessen und erzählt. dann habe ich eine entdeckungsreise angetreten …

   

  

besondere aufmerksamkeit habe ich den klavieren gewidmet (der flügel im saal war abgeschlossen). das klavier im eurythmiesaal hat mir deutlich besser gefallen als das im musiksaal (da gab es auch ein schlagzeug ohne ride-becken, das ziemlich geprügelt aussah & klang).

  

also habe ich lieber ausgiebig klavier gespielt als hier mit den ereignissen aufzuholen (da komme ich vielleicht morgen zu). rekreation ist angesagt. ich war mutterseelenallein in diesem riesigen gebäudekomplex und konnte schön mit meinen fingern turnen – besonders die linke hand hat sich im hinblick auf ihre beweglichkeit emanzipiert.

  

das wetter ist schön

  
in der sonne kann ich den mantel ausziehen. wir sind jetzt in schwedt an der oder und ich bin genauso inter-essiert wie in eisenhüttenstadt. am ende der ddr hatte die stadt über 50.000 einwohnerinnen, von denen jetzt noch etwa 30.000 übrig geblieben sind. ganze plattenbauviertel sind hier schon abgerissen worden. wir stehen vor dem central-kaufhaus. das war das einkaufszentrum für 50.000 menschen. wieder diese relation von arbeit & konsum, die mir sehr sympathisch ist.

das stadtbild dominieren riesige plattenbau-riegel mit 10 stockwerken. das war die moderne ddr. schwedt war der standort der petrochemie in der ddr. das wurde alles nach der wende von den wessis ausgeplündert und ganze heerscharen von gewissenlosen vertretern haben die arglosen bürgerinnen übers ohr gehauen. sie waren ängstlich mit ihren daten, aber wir waren deutlich erfolgreicher als in templin (die halbe einwohnerinnen-zahl & eine riesige ausdehnung). und ich konnte schön die ddr studieren.

  
und ich gehe jetzt ins bett …

  

bis zum anschlag

  

ich bin wieder im „der mann, den sie pferd nannten“-modus. die letzten anderthalb wochen sind wir wieder jeden tag woanders, fahren im dunkeln durch „eingeschränktes lichtraumprofil“, gehen was essen … dann ist es elf uhr abends und ich war den ganzen tag im vollgas-betrieb. ich zwinge mich zu meinen tausend schritten, damit ich nicht hektisch & launisch werde. ich höre musik (z.b. „the pinkprint“ von nicki minaj – das kenne ich in- & auswendig. einige stücke finde ich sehr gelungen) und versuche, möglichst breitbandig die atmosphäre des orts wahrzunehmen. wenn es wasser gibt, gehe ich zum wasser.

erst danach komme ich dazu, hier was zu schreiben. die anderen sind schon alle im bett. und wenn ich schreibe, bin ich schon wieder ganz woanders.

   
 

in meinem bett schlafe ich dann morgens mit eingeschaltetem schoߟcomputer ein.

und so weiter und so fort. da waren wir gestern:

   
    

da ist angela merkel aufgewachsen. die straߟen sind seit urzeiten grob & unverwüstlich gepflastert, aber die gehwege haben ein feines schlangenhautartiges pflaster („erfurter passe“ sagen die galabauer dazu). das laufen darauf ist anregend wie eine fuߟreflexzonenmassage – das ultimative antideppressivum (ich schreibe das absichtsvoll mit zwei p). in templin ist mir das plötzlich in vollem umfang klargeworden. damit ich länger etwas davon haben konnte, habe ich mich auch prompt verlaufen und muߟte am ende mein eifohn zu hilfe nehmen, um mich zu orientieren.