wiesbaden biebrich

seltsamer vorort von wiesbaden. so ähnlich wie schierstein, wo unsere pension ist. wir stehen fünfhundert meter vom rhein entfernt – im zentrum (wenn man davon überhaupt sprechen kann). wir stehen der straߟe zugewandt in einer komischen drive-by-situation und von rechts kommt ein strom von autos. das wetter ist sehr schön, aber im schatten noch kühl. um mich diesen verhältnissen anzupassen, ziehe ich mich dauernd um und hole auch schon mal – wie jetzt bei meinem abendspaziergang – meinen legendären ledermantel hervor.

wir haben nur wenige gespräche, aber insgesamt eine freundliche und wohlwollende atmosphäre – und ich hatte heute mindestens drei wundervolle gespräche mit menschen, mit denen ich mich unvermittelt verbunden gefühlt habe (ohne groߟes argumentieren).

kolja hat experimente mit unseren neuen mikrobiellen reinigungsmitteln gemacht und auf der rückseite des omnibus die obere fensterreihe geputzt und die schiene eingesprüht und gewischt. jetzt können wir langsam vergleiche anstellen im hinblick auf dosierungen und häufigkeiten. und vor allen dingen mit der antibiotischen giftspritzerei, mit der wir vorher geputzt und schauderhaft die umwelt verschmutzt haben. es macht mir viel freude, völlig selbständig angewandte wissenschaften zu betreiben. auf menschen bezogen mache ich das ja sowieso die ganze zeit. jetzt beziehe ich ergriffen staunend unsere kleinen lieferanten mit ein, die uns immer schon fleiߟig versorgen. ich bin verblüfft, daߟ ich erst jetzt diese zusammenhänge wahrnehmen und würdigen kann, obwohl ich die maximale öffnung nach auߟen intuitiv schon immer für meine gesundheit erfolgreich zelebriert habe.

und jetzt erfahre ich, daߟ meine maximale auߟenfläche mein darm ist: voll ausgebreitet sind das 2.000 quadratmeter, mit milliarden, wenn nicht billionen von emsigen organismen. denen will ich jetzt mein volles inter-esse schenken. eine schöne umstülpung. und ein groߟes geheimnis.

   
 

stress

nach drei vollen und produktiven tagen sind wir dann heute abend nach wiesbaden-biebrich gefahren, wo für teures geld von einer firma halteverbotsschilder an dem für den omnibus vorgesehenen platz aufgestellt worden waren.

unterwegs gestaltete sich die wassersuche ziemlich umständlich – wir brauchten nach drei tagen unbedingt wasser: wir hätten morgens keinen kaffee mehr aufbrühen können …

… als wir an dem platz ankamen, war – wie immer bei solchen vorkehrungen – der abgesperrte bereich voll zugeparkt. wir haben auch keine besondere lust auf ein solches theater und sind den ganzen langen tag nicht zum essen gekommen. alle hatten einen bärenhunger. also haben wir den omnibus auf einem teil einer bushaltestelle gegenüber abgestellt und sind erst einmal essen gegangen, bei einem italiener hundert meter aufwärts.

dort erreichte uns auf kompliziertesten umwegen die nachricht, daߟ die polizei am omnibus sei und ihn abschleppen wolle (kostet etwa 3.000 euro). der verantwortliche polizist war ein sehr souveräner und friedlicher mensch, der auch keinen stress wollte. er hat das problem erkannt und nach der besten lösung gesucht. unmittelbar. als er nach und nach realisierte, wie ich lebe, haben wir uns immer besser verstanden. er hatte uns vorher schon eine knolle verpaߟt (davon hatte ich noch nichts mitbekommen) und hat nachher von sich aus gesagt, er müsse sich noch darum kümmern, daߟ diese knolle wieder gelöscht wird. am ende muߟten zwei autos abgeschleppt werden. zwei abschleppwagen sind zeitlich versetzt gekommen und haben die autos aufgehoben und huckepack genommen. alles in allem sind mindestens zwei stunden vergangen, bis wir auf diesem platz standen:

  

zauberei

jetzt haben die mikroorganismen unseren ramponierten alessi-wasserkessel restauriert und sogar das vögelchen ist uns wieder zugeflogen:

  

beim abendspaziergang

habe ich darüber nachgedacht, daߟ meine nomadische lebensweise gleichzeitig immer auch angewandte, handgreifliche, sinnlich erfahrbare geschichtsforschung ist, die nicht nur steinerne menschliche zeugnisse, sondern auch flüchtiges wie wetter, landschaften, stimmungen und formen einschlieߟt und die ganzen vielen menschen, die ich sehe. ohne theorie und auch ohne den geringsten wunsch nach theorie. 

nur reine er-fahrung

   

  

  

wie gern

würde ich in mikroorganismen lange & wohlig baden …

  

der tag

war bei strahlendem wetter und genau den richtigen schattenzeiten viel produktiver, oder besser gesagt weniger chaotisch als der erste. anna lydia und florian arbeiten sich richtig ein und hören aufmerksam und lernwillig zu – das gespräch gestern abend hat sehr geholfen.

mit dem haushalt klappt alles reibungslos – heute haben wir schon wieder gekocht. und den abend verbringen wir entspannt mit unseren jeweiligen lieblingsinter-essen. ich höre yas, die feurige arabische sängerin, die ich in „only lovers left alive“ gefunden habe. arabology heiߟt das album. alternierend höre ich dann den soundtrack des ganzen films, der vorwiegend von „sqürl“ gespielt wird – sehr eigenwillig, so eine art grunge metal, bei dem meines wissens auch der meister selbst hand anlegt: damit meine ich jim jarmusch, den begnadeten regisseur, dem ich in leichten schlangenlinien die treue gehalten habe.

ich fühle mich in meiner arbeit voll zuhause.

   
   

freya

war wieder mal balsam für meine seele – ich habe so viel freude an ihr! heute nach der arbeit ist sie hochbepackt von dannen gezogen. und ich werde sie wohl für eine weile nicht wieder sehen. aber auch wenn ich sie nicht sehe, mache ich mir nie sorgen um ihr wohlergehen …

ich hatte in einem schaufenster sechs oder sieben unterschiedliche blümchenblusen entdeckt und wollte freya eine davon schenken, die sie sich aussuchen sollte. sie hat gelacht und hätte mein geschenk auch angenommen … aber heute ist sie in den laden gegangen und hat mehrere anprobiert … und kam dann zu mir und sagt: „werner, mit der bluse, das wird wohl nichts, der schnitt ist mir zu männlich.“

ich muߟte sooo lachen.
  

erster tag auf der straߟe

wir stehen hier mitten im gewimmel – heute war ein schöner sonniger frühlingstag. und richtig harte arbeit. um zwanzig nach sechs haben wir die türen geschlossen.

und dann haben wir schon wieder lekker gekocht und sind danach noch ins kino gegangen: „10 milliarden – wie werden wir alle satt?“. das war hochinter-essanter dokumentarfilm über ernährung und landwirtschaft, über den ich schon in der letzten oya gelesen hatte. danach haben wir noch bis mitternacht in angeregten gesprächen im omnibus zusammengesessen und die fülle der tagesereignisse und den ersten arbeitstag für anna lydia und florian verdaut.

im „darmstädter echo“ von heute stand ein artikel über die veranstaltung in der waldorfschule und darunter ein deutlicher hinweis auf den omnibus in darmstadt, mo bis mi, 9:30 bis 18:00, auf dem luisenplatz.