alumni

ich bin sowieso hoffnungslos aus der kronologie gefallen – also will ich gern über die gelungene überraschung erzählen, die mir heinrich & nora & mia vor zwei wochen in freiburg mit ihrem unverhofften besuch bereitet haben, obwohl sie mitten in ihren abschluߟarbeiten steckten. heinrich, mein lieblingssaxe, ist vor drei jahren mitgefahren (da lebte er noch in saxen und war 16 jahre alt) und die beiden mädels waren zeitlich versetzt im vorigen jahr dabei. alle drei haben die gesellinnenprüfung mit bravour gemeistert. jetzt sind sie zusammen auf einem internationalen ausleseinternat, mit dessen abschluߟ auch armer leute kinder in harvard oder stanford studieren können.

evolutionäre neuigkeiten

ich habe jetzt in meiner reichweite zwei usb-anschlüsse, mit denen alle möglichen digitalen gerätschaften betrieben werden können. das war sofort hilfreich, weil der akku meines eipätts sich immer schneller entlädt, aber zum navigieren immer vorn in der kajüte gebraucht wird. jetzt kann es auf seinem stammplatz liegen bleiben und gleichzeitig geladen werden. danke, kolja.

ein gespenstisches fänomen tritt immer wieder mit unserem trinkwasserkasten auf: auf langen fahrten höre ich weit hinten ein klirrendes „ping“ und carl stellt mal wieder fest, daߟ eine wasserflasche zersprungen ist. manchmal ist ganz sauber der boden abgetrennt. zuerst haben wir an einen materialfehler bei diesen speziellen flaschen gedacht und mehrere marken ausprobiert und den kasten sogar in die obere etage getragen – „ping“ – zurück auf start. inzwischen haben sich zwei kästen wasser in den omnibus ergossen – verschiedene marken, verschiedene flaschentypen, verschiedene ortswexel. ich begreife: das ist eine schrulle des neuen motors, die ich ihm gern verzeihe, da wir ansonsten gute freunde sind – er braucht sechs liter weniger als der alte. also werden wir einvernehmlich auf mit keramik-pipes bestückte plastikflaschen ausweichen. problem gelöst, lösung gespeichert.

seit den umbauten im winter hatten wir keine möglichkeit, unsere postkarten zu präsentieren und viel darüber nachgesonnen – wir wollten eine elegante verfeinerung – eine ästhetische weiterentwicklung an unserem gemeinsamen „haus mit rädern“. wir haben gegugelt & palavert & alle möglichen leute gefragt.

in freiburg kam ein mann in den omnibus, weil er plakate der veranstaltung in seinem laden aufhängen wollte und ich habe ihm das problem geschildert. er hat mit seiner handspanne die von uns favorisierte stelle ausgemessen und versprochen, daߟ er versuchen würde, aus einem karussellständer etwas herauszuschneiden. am nächsten tag kam er mit zwei ungleichen stücken, von denen eins wie angegossen paߟte. das andere stück haben wir erst mal unter dem prinzessinnenbett gelagert.

einige tage später ging mir ein licht auf und ich habe carl gebeten, das andere stück wieder hervorzuholen und es einer ganz speziellen stelle anzuprobieren, die perfekt geeignet wäre und platz für weitere sechs postkarten bot, vor allem für die karte mit den kühen, die wir so gern an kinder verschenken. die sind jetzt immer griffbereit.

mal ehrlich: grenzt sowas nicht an zauberei ? mich lehrt es geduld & vertrauen.

volles leben & dikke füߟe

am sonntag nachmittag sind wir mit einer spendierten vignette schnurstracks über die autobahn nach lörrach gedüst, nur um vor einem automatischen poller zu stranden. am ende habe ich die polizei gerufen und hätte als nächstes die feuerwehr probiert. für die nachfolgenden amtlichen prozeduren haben wir mindestens so viel zeit verbraucht wie für die fahrt von dornach nach lörrach.

mit lisa & carl kann ich solche hindernisse lokker wegstecken und die ereignisse naseweis auf mich wirken lassen – mit weit offenen sinnen. alles ist interessant. wenn die beiden da sind, fühle ich mich mütterlich geborgen. wir sind voll im einklang. unsere „soziale praxis“ würde ich als virtuos einstufen. besser gehts nicht. alle sind zufrieden. in allem trubel haben wir versäumt, ein band-foto zu machen – das bild oben ist das einzige, das ich diesmal habe – und jetzt ist lisa weg …

obwohl es in lörrach ein gewitter gegeben hat, standen wir bei der arbeit – wie auch zuvor in freiburg & dornach – die meiste zeit in der prallen sonne. ich leide dann immer sehr unter geschwollenen füߟen. die geschwollenen füߟe waren der anlaߟ dafür, daߟ ich jetzt schon seit sechs oder sieben jahren keine schuhe mehr angehabt habe. ich bin glücklich mit dem barfuߟlaufen, viel glücklicher, als ich mit schuhen jemals war. und ich weiߟ ja, wie schön meine füߟe bei niedrigeren temperaturen sind. ich tue alles mögliche und lege bei jeder gelegenheit die füߟe hoch – manchmal auch nachts an der fuߟwand meiner kajüte. weil mir nichts mehr einfiel, habe ich gandalf, den ultimativen podologen & älteren bruder angerufen, den ich in den letzten fünf jahren zwei oder drei mal leibhaftig gesehen habe. am telefon begrüߟen wir uns mit solcher selbstverständlichkeit, als hätten wir beide nichts wichtigeres zu tun, als miteinander zu telefonieren. er überragt mich um haupteslänge, hat einen wallenden weiߟen bart mit zöpfchen, ist höchst elegant gekleidet, inzwischen 81 jahre alt und hat den unschuldigen blick eines kindes. und ein gefährt, das mit unserem omnibus ein traumpaar bilden könnte.

das gespräch war wundervoll & einvernehmlich. mindestens ne prall gefüllte stunde haben wir vergnügt gezwitschert, was in unserer eigenen zeitrechnung etwa einem jahr entspricht. was anamnese & diagnose der dikken füߟe angeht, erwiesen sich meine laienhaften physiologischen ahnungen als nicht verkehrt: ich bin den ganzen tag – meist stehend – auf den beinen und mein alter, die schwerkraft, die hitze & mein eigenartiger lebensstil sind die ganz normalen ursachen.

gandalf konnte mir auch nur raten, die ganze zeit auf der stelle zu tänzeln. das will ich den menschen, mit denen ich spreche, nicht zumuten – ich bemühe mich immer um eine einladende ausstrahlung.

wenn ich mich darauf besinne, fällt mir auf, daߟ diese symptome bei frauen weitverbreitet sind. vielleicht sollte ich mich geschmeichelt fühlen – frauen – und besonders solche, die viel auf den beinen sind, sind ja viel näher dran am leben. ich könnte noch carmen, meine persönliche frauenärztin, um rat fragen.

hier verschwistere ich mich gerade mit „meinem sonnenschein“ (im winter).

es ist spät – und ich bin sowieso schon ganz woanders …

lokker & gelassen in frei burg

insgesamt waren unsere tage in freiburg nämlich feiertage der analogen kommunikation – allseitige wiedersehensfreude mit jonathan, johannes, michael, kurt, enno & so weiter … alles in einem entspannten groove mit den schönsten synkopen. volle bandbreite.

jonathan hat aus der ferne alles wunderbar organisiert und sich zwischendurch immer wieder blikken lassen. er hat die datei mit unserer standgenehmigung ausgedruckt und frühmorgens unter unsere tür geschoben. er hat mir ausführlich den neuen standort des „grünhof“ gezeigt und ist am vorletzten abend mit uns allen (johannes, lisa, carl & mir) essen gegangen. wir fühlten uns wie ein vergnügtes omnibus-quintett.

johannes hat mir sehr geholfen, mein neues meckbuck startklar zu machen und mir verblüffend mühelos microsoft office installiert. er hat elegant ein problem gelöst, das ich seit monaten mit mir herumschleppte – ich hab mir vorgenommen, geduldig auf den richtigen moment zu warten und mehr vertrauen zum leben zu üben.

in drei nächten habe ich für lisa & johannes ein kleines feines filmfestival kuratiert, das wir alle sehr genossen haben: „koyaanisqatsi“ & „powaqqatsi“ & „stop making sense“ (johannes kannte david byrne und die talking heads noch nicht und hat sich gerne infizieren lassen). nebenbei konnten wir die neuen digitalen gerätschaften ausprobieren.

also: ich bin glücklich & zufrieden mit unserem auftritt in freiburg, obwohl die sonne brüllte und dieses dumme arschloch unseren omnibus beschmiert hat.

die verstümmelten eliten

lisa & carl hatten gerade bienenfleiߟig den omnibus von allen schwarzen schlieren befreit – da fanden wir vorige woche in freiburg morgens diese unsägliche schmiererei vor – nichts am omnibus lieߟ irgendwelche schlüsse zu unserer haltung zu corona zu.

vor meinem inneren auge tauchte sofort so ein bildungsschnösel auf – die ballen sich am & im todesstern zusammen und zeichnen sich dadurch aus, daߟ sie sich freiwillig selbst mit diesen giftigen kaffeefiltern verstümmeln, bevor sie den todesstern betreten, während sich in den cafß©s die leute küssen.

die kommenden eliten – zu feige, selbst zu leben. ich gehe immer ohne maske in den todesstern und warte darauf, angesprochen zu werden. auch dazu sind sie zu feige. die toiletten sind ordinärer beschmiert als in der schäbigsten bierkneipe. das paߟt.

gggrrr – das muߟte ich unbedingt loswerden, um diese wunde zu heilen und mein mütchen zu kühlen.

carl hat stundenlang mit scharfen reinigungsmitteln geschrubbt, um die fläche leidlich weiߟ zu kriegen – wir sehen die verwundeten stellen immer noch und löschen die erinnerung an diesen tückischen hinterhalt aus unserem arbeitsspeicher.

puh

ich war mal wieder im „der mann, den sie pferd nannten“-modus. nach einem vollen arbeitstag in der prallenden sonne bin ich „über“ den schwarzwald gefahren, nämlich über den feldberg, immerhin 1.240 meter hoch. in der ersten gangstufe – da kann mensch zu fuߟ nebenher laufen. in den serpentinen fängt das kühlwasser an, zu köcheln. vorbei am titisee, wo ich zum ersten & einzigen mal den mond als kugel gesehen habe:

blutmond – das hat mein eifohn gesehen. ein wohlproportioniertes bakterium – oder vielleicht auch ein virus ?

– das nur nebenbei –

die fahrt war ein wahrer landschaftsrausch – leider leider leider muߟte ich auf die straߟe achten und für mein laufendes experiment, durch augenblinzeln bilder zu speichern und zu digitalisieren, fehlen noch die entsprechenden schnittstellen.

dann eine traumstraߟe am ganzen bodensee entlang – im hintergrund die schweizer berge …

ab überlingen wurde es dunkel und mangels landschaft sehr anstrengend – die zeit floߟ zäh dahin. gegen halb zwölf in der nacht sind wir in memmingen angekommen. ohne abendessen. ich bin ganz benommen. dabei gibt es – dreimal salto rückwärts – über freiburg noch viel zu erzählen.

nacht zusammen

das beton massiv

das goetheanum ist ein schwer auf der erde lastendes gebirge aus beton, einem werkstoff, der möglichst sparsam eingesetzt werden sollte. das konnte herr steiner vielleicht noch nicht wissen. ich sehe es als auswirkung einer posttraumatischen streߟerkrankung, die vom feuertod des ersten goetheanum ausgelöst wurde.

auch im inneren eine pompöse materialschlacht …

ich fand es ganz erstaunlich, wie friedfertig & gelassen sich der omnibus diesem gebilde anschmiegen konnte – die bilder kann ich gleich in meine camouflage-serie aufnehmen:

joseph beuys hätte seine freude daran gehabt, wie sich parallele welten symbiotisch zu einem gröߟeren ganzen miteinander verbinden konnten. in seiner historischen bedeutung finde ich das goetheanum ja durchaus faszinierend.

es hielt auch eine völlig unverhoffte überraschung für mich bereit: die herzliche & respektvolle art & weise, mit der uns gerald häfner willkommen geheiߟen und gleich zu beginn des symposions gebührend angekündigt hat. so etwas erlebe ich nur selten bei solchen veranstaltungen. zum abschied hat er noch ein 45-minütiges gespräch mit der band für goetheanum tv aufgenommen und sich dabei aktiv für unsere arbeit interessiert.

insgesamt war unser abstecher in die schweiz also ein bereicherndes unterfangen.

heimkehr

weil ich mich in den dornacher nächten sehr intensiv mit meinen bildern beschäftigt habe, konnte ich mich beherzt zu einem lange fälligen schritt entscheiden: ich bin schon lange diffus unzufrieden mit dem bildformat meines eifohns – trotz sorgfältiger komposition bleibt ein vages unbehagen. also habe ich nach einer möglichkeit gesucht, grundsätzlich & standardmäߟig zum altvertrauten kleinbildformat der analogen fotografie zurückzukehren, mit dem ich jahrzehnte lang gearbeitet habe. alle bilder, die ich dann versuchsweise umformatiert habe, gefielen mir so viel besser. hier zu anschauung mal ein beispiel, das weiter unten auch im eifohn-format zu sehen ist:

wie bei fast allen schwellenschritten bin ich erleichtert & zufrieden mit dieser prinzipiellen entscheidung …

offline im goetheanum

seit ich in meiner geliebten schweiz bin, lösen die digitalen geräte ihre groߟspurigen versprechungen nicht ein – ich kann jedenfalls nicht (wie fast jeden abend) die erlebnisse des tages durch mich flieߟen lassen, indem ich hier hinten auf dem rücksitz mit einer kanne tee & vielen zigaretten diesen blog schreibe. im licht einer kabellosen tischlampe, die einen intimen lichtkegel auf den schreibtisch wirft. meist noch mit wilder / schöner musik in den ohren.

das hat mir schmerzlich gefehlt. also habe ich naseweis & wunderfitzig den vatikan der anthroposophen auf mich wirken lassen und viel positive resonanz erhalten.

ich habe hundert geschwister getroffen und mich blitzschnell mit dem trompeter markus stockhausen angefreundet, der mit seiner zarten frau das massive treppenhaus ausgesucht hat, um uns dort mit einem wunderbaren konzert zu bezaubern. wir hatten uns gleich viel zu erzählen und haben kontrapunktische geschenke ausgetauscht: ein dreieralbum von seinem jazzquartett gegen „warum haben wir eigentlich immer noch kapitalismus“ – mein schmales buntes lieblingsbüchlein – und die oya ausgabe, in der mein text zu joseph beuys ansprechend abgedruckt ist.

markus kam zu mir mit zwei (prüfungs)fragen:

„haben wir demokratie?“

ich: „nein – und nie gehabt.“

„sind wir ein souveräner staat?“

ich: „nein“

damit hatten wir schnell eine gemeinsame basis für einen bedingungslosen austausch mit allem drum & dran und ohne überflüssige wörter. motivation & gute laune strömten hin & her.

„zarte frau“ habe ich übrigens gesagt, weil mich sehr beeindruckt hat, welch monumentalen klang diese schmale, feingliedrige frau mit ihrer baߟklarinette entfaltete

die kronologie ist mal wieder wild durcheinander geraten – ich werde also von ast zu ast hüpfen müssen.

salto rückwärts

bei meinem abendspaziergang habe ich das „moderne“ wohnviertel durchstreift, das rund um den grünhof aus dem boden gestampft wird. das gegenteil des weltberühmten vaubon-viertels. ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, dort zu leben und es fühlt sich kalt & tot an.

ganz anders geht es im dorf der analogen sklaven aus aller welt zu, die die ganz arbeit machen: da sind menschen zu sehen – da ist musik & lachen zu hören – da ist leben im container.

ironischerweise sind das die gleichen container, die in der lokhalle von digitalen nomaden mit neuer betriebsamkeit erfüllt werden.