nix wie weg

die drei tage in köpenick waren die einzigen halbwegs gelungenen arbeitstage dieser vermaledeiten und gründlich miߟlungenen berlin-tour. wehmütig sind carl & ich dort weggefahren und haben auf der fahrt durch die groߟe stadt getankt und bei der zweiten gelegenheit unseren wassertank aufgefüllt, um dann senkrecht in ein unbeschreibliches chaos abzustürzen …

… auf den eigens für viel geld abgesperrten platz am planufer, wo wir die letzten beiden tage arbeiten sollten, konnten wir überhaupt nicht auffahren, weil er zugeparkt war und zugeparkt blieb. kurt & maren & lucian haben dort auf uns gewartet und einen platz in einer kreuzburger seitenstraߟe freigehalten, wo wir verbotenerweise die nacht verbracht haben. über nacht gab es einen temperatursturz und immer mehr regen. ich war den ganzen tag über an den omnibus gefesselt, weil wir jederzeit von dort vertrieben werden konnten – maren hatte sich abends verabschiedet – und lucian & carl haben im umfeld vielleicht 20 unterschriften gesammelt.

wir haben alle lust verloren, hier noch weiter unsere zeit & unsere fähigkeiten miߟbrauchen zu lassen und beschlossen, morgen mittag von hier abzuhauen, um mal wieder frei & unbeschwert atem schöpfen zu können und keine bleibenden schäden davonzutragen.

den tag hat mir die schöne maria gerettet, als sie mich unverhofft an meinem letzten abend in berlin besucht hat – nach einem trauten gespräch im omnibus habe ich sie nach hause begleitet: sie wohnt mit ihrem freund, der auch ein musiker ist, auf der grenze zwischen neukölln & kreuzberg.

jetzt sitz ich hier und freu mich auf alles andere.

köpenick

hier macht die arbeit endlich wieder freude. unser dach ist voll in der sonne und wir waren nach einer woche und allerlei hilflosen experimenten wieder hundert prozent aufgeladen. das haben wir ganz allein bewerkstelligt.

hier im osten treten die schicksale klarer & vielfältiger zutage als im westen. wunderbar jung gebliebene achtzigjährige frauen, die lächelnd sagen: „ich hab zwar nichts davon, aber ich gönne es von herzen den nachkommen.“ in der jungen ddr haben sie ihre blütezeit erlebt. für mich blühen sie immer noch, denn sie haben intelligent & selbstbewuߟt überlebt und sind gesund geblieben. von der bundesrepublik deutschland sind sie nicht im geringsten beeindruckt. an ihrem beispiel kann ich mich laben.

carl hat in einem supermarkt einen automaten gefunden, der alle kleingeldröllchen, die regine so geduldig gepackt hat, geschluckt und in knisterndes papiergeld verwandelt hat. das hat ihm so gut gefallen, daߟ wir jetzt fast kein münzgeld mehr haben. ein lustiger fortschritt.

(suchbild aus der camouflage-serie & persönliche postkarte)

eine koreanische schneiderin hat mir zwei leinenkleider (rosa & weiߟ) gekürzt, die ich mir letztes jahr in bensheim in dem glauben gekauft hatte, es seien lange hemden mit taschen in den seitennähten (ganz wichtig für mich). im winter habe ich das rosa kleid mit vergnügen in meiner wohnung getragen, aber für die straߟe waren diese kleider nicht geeignet. also habe ich schon seit einiger zeit ausschau gehalten nach einer änderungsschneiderei, denn ich habe mich darauf gefreut, sie als lange hemden anzuziehen …

wir waren so erfolgreich wie gestern und abends haben maren & lucian ein lekkeres linsengericht und einen üppigen salat zubereitet. wir können ganz zufrieden sein.

tut mir leid

ich will hier nicht schimpfen & konnte es nicht lassen.

an unserem neuen standort tief im osten der stadt ging es mir gleich viel besser. wir standen schräg gegenüber vom essbahnhof berlin-köpenick. wenn schon berlin, dann am liebsten in die unspektakulären vororte, wo die menschen sich regelmäߟig für unsere arbeit bedanken.

zum ersten mal war ich mit dem ergebnis zufrieden – und – wir haben die tausenderschwelle überwunden. ich glaube, carl hat eine erste ahnung davon bekommen, wie „gutelaunesammeln“ funktioniert. ich leide immer mit meiner band, wenn die äuߟeren umstände das nicht erlauben.

nachts habe ich diesen tempel entdeckt.

il giro

sonntag mittag waren wir gezwungen, 100 kilometer um berlin herum zu fahren, mit einer anderen schalterstellung zu experimentieren, um unseren hauptspeicher so weit wie möglich zu laden. auf einer raststelle haben wir die beste zeit für die einfahrt nach köpenick abgewartet und uns ausgiebig darüber geärgert, daߟ von den installateuren und angeblichen fachleuten noch keine unserer fragen beantwortet wurde, obwohl sie groߟspurig verkündet hatten, sie könnten alles digital aus der ferne überwachen & steuern. können sie offensichtlich nicht. also lassen sie uns einfach in der luft hängen …

das illustriert so ungefähr meine gefühle, wenn ich an sie denke …

wir sind bei einer ladung von achtzig prozent gelandet. im vorigen zustand hätten wir für eine solche ladung nach adam riese mehrere wochen schönes wetter gebraucht. warum ist das passiert? wie kann es möglichst schnell repariert werden? was kann ich tun?

einfache fragen – keine antwort.

sex sells

die primitivste masche der werbefuzzis – diese fleier sollen wir verteilen – die anderes kuhlen sprüche sind auch nicht viel besser – und dann steht da auch noch grundfalsch „volksentscheid“. das bild soll eine klitoris darstellen. haha. so eine oberflächliche kampagne hab ich noch nicht erlebt – alles läuft digital und ohne menschen ab …

wir haben jetzt eine woche absurdes theater an diesem ungeeignetesten platz aller zeiten hinter uns – für mich mit den längsten arbeitszeiten und für die anderen endlose unnötige wege zu angeblichen sammelstellen. ich zitiere joseph beuys: „ich ernähre mich durch kraftvergeudung“ und erlebe leibhaftig, wie sich das anfühlt – gar nicht mal so schlecht, wenn ich aufhöre, an zahlen zu denken und meine sinne freilasse zum spinnen …

fänomenologisch hat dieser verrückte platz einiges zu bieten an menschlichen varianten & sozialen verhaltensweisen.

schwamm drüber !

eine heilende schrift

charles eisenstein hat mir mit den essays, die er – beginnend mit „the coronation“ – in seinem blog veröffentlicht hat, einen weg durch die coronawüste gebahnt, den ich erleichtert mitvollziehen konnte. ich bin sein dankbarer meisterschüler und habe mich sehr gefreut, als nun eine kommentierte zusammenfassung in einem sehr schönen buch erschienen ist, das ich mir gleich analog einverleibt habe. für meine kindlekinder habe ich es auch in digitaler form hochgeladen und will es allen wärmstens ans herz legen, die sich ihrer gesundheit vergewissern und ihr immunsystem stimulieren wollen. das hilft wirklich.

zwillinge

schräg gegenüber standen diese zwillinge – völlig unbekümmert um den quer durch sie hindurchlaufenden maschendrahtzaum.

dieser umgang der natur mit technologie fasziniert mich ungemein – gewaltlose überwältigung. das finde ich sehr schön. ich sinne öfter darüber nach, was wohl die archäologinnen der zukunft aus unseren spuren lesen werden – oder – andersherum – wie wohl eine hochkultur aussehen würde, deren heiliges ziel wäre, keine spuren zu hinterlassen und sich bereitwillig dem leben hinzugeben.

ich finde die gestik kraftvoll & geschmeidig und werde versuchen, das für mein leben praktisch zu üben und in meinen gesprächen geduldig den schutt der technologie wegzuabstrahieren, um zum kern einer person durchzudringen – das endet meist in schönstem einvernehmen.

am tempelhofer feld

wir stehen so nah am columbiadamm, daߟ ich schon wieder meinen rückspiegel reinholen muߟte. der platz ist auf absurde weise ungeeignet für unsere arbeit. ich bete vir mich hin: „immer schön lokker bleiben!“

ich stehe mit dikken füߟen zäh flieߟende stunden allein & analog vor dem omnibus – bis zur abenddämmerung (von zehn bis zehn) – davon haben die digitalen eingeborenen null bewuߟtsein. lisa & carl sorgen dafür, daߟ ich nicht durchdrehe. ich will frieden & gelassenheit & gute laune.

carl & ich rätseln – von allen guten geistern verlassen – an der geliebten solaranlage herum und sind zum beispiel gestern fünfzig kilometer über die stadtautobahn gefahren, damit die lichtmaschine wenigstens die starterbatterien auflädt – nebenbei haben wir unseren wassertank aufgefüllt – während der fahrt hat mir carl freudig verkündet, daߟ gerade 300 watt hereinkämen …

lisa haben wir mit den tischen & stühlen zurückgelassen und sie hat unseren platz mit den plakatständern & flatterband abgesperrt. als wir nach einer stunde wieder heimkamen, konnten wir nur enttäuscht diagnostizieren, daߟ unser hauptspeicher nicht aufgeladen worden war. ich versuche (krampfhaft), mir keine sorgen zu machen und meine mordgelüste zu zügeln.

wenigstens gibt es saubere toiletten in 700 metern entfernung. viele menschen sausen vor meinen augen mit zwei oder drei rädern aller art hin & her. nur ab & zu eine fuߟgängerin. vor dem eingang ballen sich alle möglichen digital gesteuerten scooter, roller, bikes und fahrräder, die von jugendlichen & digitalen eingeborenen routiniert per äpp betätigt werden. opi da lang hat davon keinen schimmer und beobachtet interessiert die menschen, die diese fahrzeuge, warten, reparieren, aufladen, wegräumen, abholen oder sonstwie mit der logistik beschäftigt sind:

ein suchbild zur nacht

unter den linden

sonntag nachmittag sind wir kreuz & kwer durch die stadt zu unserem standort am „haupteingang“ des tempelhofer feldes gefahren – in der vergeblichen .hoffnung, daߟ der für uns abgesperrte platz schon frei sei. weithin war alles zugeparkt und unsere irrfahrt ging erst richtig los auf der verzweifelten suche nach einem freien platz am straߟenrand, wo wir die nacht verbringen könnten. am ende habe ich mich daran erinnert, daߟ es früher „unter den linden“ neben der statue vom alten fritz einen omnibus-parkplatz gab, wo ich schon einige male die nacht mittendrin in berlin verbracht habe.

den platz, den ich gemeint hatte, gab es nicht mehr, aber wir haben tatsächlich einen freien platz schräg gegenüber vom cafe einstein gefunden, sind um die museumsinsel gebummelt und haben an der spree eis gegessen

montag sind wir um sieben aufgestanden und ohne frühstück im dicksten berufsverkehr zu unserem platz am tempelhofer feld gefahren:

von wegen „haupteingang“: vor unserer nase flitzten bunt gemischte menschen auf vielfältigen varianten von zweirädern vorbei und bogen mit abenteuerlichen manövern aus allen richtungen in alle richtungen ein. viele hatten knöpfe in den ohren. die meisten haben uns erst bemerkt, wenn sie schon hundert meter weiter waren.

mein traktorstrahl & die rosa bluse haben einige male ihre magie entfaltet: ich habe mich mit einigen menschen angefreundet, die aufgrund unseres gesprächs wiederkommen und den faden weiter spinnen.

uns war schnell klar, daߟ ich den „betrieb“ am omnibus ohne weiteres allein schaffen würde. die anderen sind auf die suche nach urbanem leben gegangen, das sich fuߟläufig eine halbe stunde entfernt abspielte. äuߟerst unerfreuliche verhältnisse, in die dann wie eine bombe die nachricht einschlug, daߟ die solarpeneele die batterieen nicht mehr luden und weniger strom hereinkam, als wir verbrauchten. der omnibus stand im schatten von bäumen und der himmel war teilweise bewölkt.

am abend ist carl schon wieder aufs dach geklettert und berichtete uns, daߟ die paneele mit einer klebrigen schicht überzogen sei.

wir standen sonntag nacht „unter den linden“ – das war der honigseim, den die ameisen bei den blattläusen melken. carl ist noch mal mit einem eimerchen mit warmer lauge hochgeklettert und hat alles so gut es ging abgewischt. die solaranlage, über die ich mich so freue, entwickelt sich zum sorgenkind und ich habe eine bange nacht verbracht.

die linde gilt im mitteleuropäischen raum als der menschenfreundlichste baum, der uns heilsames & nützliches schenkt. zur technologie hat er anscheinend nicht so eine freundliche beziehung.

so viele wörter – ich erinnere mich an: epistemologische askese.

also: nacht zusammen!

greifswalder straߟe

von freitag mittag bis sonntag nachmittag standen wir auf einem für uns abgesperrten platz vor dem haus der demokratie – so nah am fahradweg, daߟ ich den linken auߟenspiegel vorsorglich abmontiert habe.

enno ist tatsächlich mit einem schnellen motorroller über die autobahn von freiburg nach berlin gekommen und wir hatten gelegenheit uns mal wieder kurzzuschlieߟen. meine ode an maria habe ich ja schon geschrieben. nach vielen jahren habe ich rafael wiedergesehen, den ich seit früher kindheit kenne – er hat sein abitur gemacht und sich zu einem atemberaubend schönen jüngling entwickelt. helga, lisa und lucien sind für unsere sammelaktion beim volksbegehren angereist, das fatalerweise mit „volksentscheid grundeinkommen“ tituliert wird. auf dem nichtssagenden beizettel wimmelt es von qr-codes & asozialen medien …

wenigstens ist die kampagnenfarbe schweinchenrosa – da habe ich alle utensilien & kleidungsstücke für persönliche interpretationen, was sich schon als hilfreich für meinen auftritt erwiesen hat, denn ich habe mich gleich psssend umgezogen.

rechts vorn ist enno’s schnelle vespa zu sehen.

demnäxt in diesem theater !