die erste nacht

heute verbringe ich nach tagelangem umzugsstreߟ die erste nacht im omnibus und wühle mich gleich nach hause (ich wollte schreiben: „und fühle mich gleich zu hause“). ich hab keine zeit für viele worte und will mich nur zurück zum dienst melden …

mein alter traum, scheiߟe in gold zu verwandeln, ist mit unserem neuen kompostklo in greifbare nähe gerückt:

unser dach ist mit solarfolie bedeckt (damit bin ich heute durch die waschstraߟe gefahren). das ist die steuerung, die ziemliche umbauten erforderte:

ich wage noch nicht zu hoffen, daߟ damit ein weiterer traum in erfüllung geht: den omnibus von steckdosen zu emanzipieren. gröߟere umbauten waren erforderlich, an die ich mich jetzt erst mal gewöhnen muߟ …

ich bin ganz wunderfitzig gespannt, den neuen alltag abzuschmecken und wünsch mir eine gute nacht.

aiuto !!!

endlich ist nach einem monat mein neues macbook bei mir eingetroffen und ich bin ziemlich verzweifelt dabei, es einzurichten und alle wichtigen daten & programme & accounts von meinem 13 jahre alten schnaufenden & zugemüllten macbook auf das neue zu überspielen und mit den anderen digitalen gerätschaften zu synchronisieren. das macht mich digitalen fremdling völlig fertig – unbeholfen & zaghaft unternehme ich erste schritte – und stoߟe sofort auf lauter ungereimtheiten.

als alter eingefleischter bücherwurm kann ich mir den zugang zu technischen geräten am besten analog mit ausführlichen bedienungsanleitungen verschaffen – am liebsten wär mir also, wenn ein dickes handbuch mitgeliefert würde …

handbücher sind aber in der digitalen welt abgelöst worden von abgehacktem multimedialem geschwätz, mit dem ich nicht umgehen kann & will (youtube, sms, chats, asoziale medien usw.).

wenn ich dann verzweifelt digitale eingeborene befrage (die nie handbücher oder analoge herangehensweisen kennengelernt haben), fühle ich mich sehr herablassend & unbefriedigend abgefertigt, ohne dabei einen tragfähigen, eigenen zugang zu den geräten zu finden – und die zuversicht, in zukunft selbstbewuߟt & gelassen mit meinen digitalen instrumenten umgehen zu können.

ich bin wie ein digitaler säugling und wünsche mir von herzen, auch so behandelt & genährt zu werden – mit geduld & spucke …

gibt es da drauߟen jemanden, der sich angesprochen fühlt ???

(telefon wäre wenigstens anatal)

mein befinden

in diesem zweiten winter der vermaledeiten volksverstümmelung habe ich mich noch tiefer nach innen fallen gelassen als sonst, nur um festzustellen, daߟ innen mindestens genauso viel los ist wie auߟen, zumal sich mein motto „immer schön lokker bleiben“ zu einer ernsten herausforderung auswäxt: wie soll ich nur gesund & bei laune bleiben, wenn drauߟen krieg ist ?

dem lieben jonas habe ich zu verdanken, daߟ meine therapeutin aus dem vorigen winter unverhofft schnell wieder bei mir einziehen konnte. freya hat zwar keine zeit, mir unterricht zu geben, aber ich kann nachts wild & leise improvisieren und alle düstopischen grübelknoten auflösen …

ich bin in einem kontrapunktischen zeitgefüge wohlig zuhause und gehe um fünf uhr morgens schlafen. diese asynchronizität ist meine heilige oase im infokrieg drauߟen. ich verlasse meine höhle nur für die nötigsten besorgungen und lese & lese & lese – es gab mal eine zeit, da wäre ich gerne in einzelhaft gegangen, wenn ich nur lesen könnte. jetzt fühle ich mich ähnlich …

die entdeckung des winters war juli zeh, von der ich inzwischen fast alles gelesen habe. sie hat 2010 ein sehr hellsichtiges theaterstück veröffentlicht, das wie angegossen zu unserer irrsinnigen zeit paߟt: „corpus delicti“ – kann ich herzlich empfehlen – ich könnte ins schwärmen geraten – je mehr ich von ihr lese, desto sympathischer wird sie mir.

weil der krieg drauߟen mit worten geführt wird, habe ich übrigens auch hier nichts mehr geschrieben und lieber in geduldiger kleinarbeit einen uralten ausgetrockneten montblanc-füllfederhalter gesäubert und mit rosa tinte eingeschrieben: damit wollte ich – wenn überhaupt – meine traditionelle weihnachtskarte schreiben, was jeden winter eine schöne kontemplative vergegenwärtigung der wunderbaren menschen ist, denen ich mein leben verdanke.

weil viele irgendwo in der weltgeschichte herumschwirren, will ich diese karte hier anatal anhängen und alle, die das lesen, können sich gemeint fühlen:

puh, das war jetzt keine epistemologische askese, aber ich wollte mal laut geben und ausdrücklich erklären, daߟ ich auch in meiner einsiedelei (ab mittags) immer auf empfang bin und menschliche kontakte schmerzlich vermisse.

wintergarten

die tour hat ein glückliches ende gefunden: der omnibus verbringt den winter in einem garten, auf eigens gemulchtem boden – kolja hat alles liebevoll vorbereitet. ich halte zauberhafte wirkungen dieser räumlichen nähe für möglich – zu gunsten aller beteiligten critter …

das resoniert aufs schönste mit „alle dörfer bleiben“, dem motto der diesjährigen tour, und mit den wundervollen dörfern, die ich dieses jahr kennengelernt oder wiedergesehen habe.

auch ich hab alles gut überstanden:

(ein anonymes selbstportrait)

finale

nach unserem letzten gemeinsamen frühstück durfte carl ein letztes mal den omnibus volltanken, bevor wir ihn am wiesbadener hauptbahnhof abgesetzt haben. er hat mir zum abschied meinen ur-caran d’ache-kugelschreiber geschenkt: den roten mit den schweizer kreuzen, den ich so passend für meine arbeit fand.

obwohl ich wuߟte, daߟ ein teil der strecke gesperrt war, wollte ich unbedingt vielleicht ein letztes mal meine lieblingsstrecke am rhein entlang fahren und sie lisa vorführen …

nach einer abenteuerlichen umleitung in rüdesheim auf die fähre nach bingen gefahren und dann auf der linken rheinseite bis zur nächsten brücke in koblenz, wo wir wieder die rheinseiten gewexelt haben, um auf die bundesstraߟe 42 zu kommen, die am ende zur autobahn 59 nach köln wird.

eine wundervolle fahrt bei schönstem wetter. ein landschaftsrausch, von dem auch lisa ganz begeistert war.

am nachmittag hat uns kolja in unseren von ihm liebevoll hergerichteten heimathafen eingeschleust – komplexe manöver waren erforderlich, den omnibus durch ein enge einfahrt zu fädeln. vor immer mehr zuschauerinnen. ich weigere mich erst mal, über die ausfahrt nachzudenken.

kolja & ich haben lisa dann mit dem auto zum bochumer bahnhof gefahren (sie hat mir eben geschrieben, daߟ sie wohlbehalten in berlin angekommen ist). anschlieߟend haben wir in einem vietnamesischen restaurant lekker gegessen und uns eingestimmt auf die nächsten tage.

jetzt sitz ich hier und meine tour ist zu ende.

lisa oben

auf der fahrt durch zauberhaftes niederbayern. so kann ich sie nie erleben – das ist mein remix eines fotos, das mir manfred mensch mayer geschenkt hat.

in vollem einklang bewohnt sie das prinzessinnenbett – wenn sie dabei ist, bin ich gleich beruhigt. mit carl zusammen die ultimative besatzung unserer rollenden heimat. wir sind einheimische einer seltsamen raumzeitkapsel und leben in schönstem frieden miteinander. alle sind voll bei der sache und amüsieren sich prächtig. wir brauchen keine unterhaltung und geben uns nicht mit nebensächlichkeiten ab. parallel folgen alle ihren eigenen spuren & rhythmen. alle zusammen & deutlich unterschieden. da kann sich ein gespinst sozialer praxis entfalten, das ich heilig nennen will, weil ich mich darin vollkommen aufgehoben fühle. mitten im leben.

dieses morfo möchte ich dieser unglaublichen band widmen und noch mal ganz laut rufen: „lieben dank für alles!“

interlude für carl

wer genau hinschaut, sieht vor dem omnibus einen werkstattwagen: am freitag mittag wurden wir freundlich gebeten, den omnibus wegzufahren, damit die beiden wartungsklappen für die brunnenanlage geöffnet werden konnten, die sich unter dem omnibus befanden.

ich habe den sorgfältig installierten omnibus um eine wagenbreite nach hinten versetzt – und es entspann sich ein schöner kontakt mit den beiden männern, die unsere wunderfitzigen fragen geduldig beantworteten …

… carl durfte mit dem ingenieur in die tiefe klettern und sich alles zeigen lassen. die beiden haben sich gleich in einer spezialterminologie verständigt, die carl uns übersetzt hat. er war ganz in seinem element und hat dieses kleine zwischenspiel sehr genossen.

carl ist ein echter wunderknabe: schon seit ewigkeiten hat niemand so lange am stück mit mir am omnibus gearbeitet. aus dem stand! ungemein fleiߟig & immer gut gelaunt. ich habe mich ganz geborgen gefühlt bei ihm und hätte ihn am liebsten immer dabei.

kontrapunkt

zwischen unserem jetzigen standort und tyrlaching liegen welten. ich bin noch mit der verdauung der letzten kulturwoche beschäftigt und schon mitten in der nächsten …

meta theater

ich habe eine wundervolle haltestelle gefunden und mich in ein gebäude verliebt – die bodenstation des meta theaters

mit axel tangerding, der das gebaut hat, habe ich mich spontan angefreundet. er hat mir eine ausgiebige baumeister führung geschenkt und geduldig meine vielen fragen beantwortet. ich bin begeistert von der sinnlichen vielseitigkeit des gebäudes und von der intelligenten konstruktion. eine groߟzügige interpretation von „small is beautiful“ mit japanischen einflüssen. macht vom potenzial her seinem namen alle ehre. eine bühne für ideen. da lacht mein herz.

passen wir nicht gut zueinander ?