im norden

wir sind jetzt für drei tage in rotenburg (wümme). am ersten tag hat es genieselt – ziemlich ungemütlich. am abend hatten wir eine veranstaltung im rathaus, die brigitte mit dem ziel organisiert hat, die aktiven der extrem von fracking betroffenen region mit reinhard knof, dem protagonisten der wunderbaren „volksinitiative zum schutz des wassers“ in schleswig holstein in verbindung zu bringen. wir waren vor ein paar jahren schon einmal hier und haben eine veranstaltung „gegen fracking“ in dem gleichen saal organisiert und dabei das aktionsbündnis und den bürgermeister kennengelernt, der in mustergültiger weise sein amt erfüllt hat und sich von der politik auf landes- & der bundesebene völlig allein gelassen fühlte. und er hieߟ auch noch „andreas weber“. wir haben uns mit sabine holsten angefreundet, deren zuhause die perfekte omnibus-haltestelle war. sie hat auch dieses mal unter ziemlichem zeitdruck eine beachtliche veranstaltung organisiert & moderiert, bei der reinhard ausführlich von seinen erfahrungen in schleswig-holstein und den manövern der parteien berichten konnte.

ganz organisch hat es sich ergeben, daߟ ich als letzter auf dem podium zu wort kam und voll auf sendung war – wie mir der schnabel gewachsen ist … im gehrock & mit nackten füߟen.

nachher wurden wir regelrecht bestürmt und einige menschen wollten sich unbedingt mit persönlichem händedruck bei mir bedanken.

ich gehe zu bett – hier noch ein bild vom abend unserer ankunft.

wunderfitzig

seit jahren suche ich nach einem wort für „neugierig“ ohne die gier. heute hat stephan, der sympathischste digitale eingeborene, den ich kenne und jederzeit alles fragen kann, ganz selbstverständlich auf digitalem weg das wunderschöne wort „wunderfitzig“ gefunden und mir damit einen alten herzenswunsch erfüllt.

wie jedesmal, wenn wir zusammen am omnibus sind, ist er ein archetypisches beispiel von intrinsischer motivation und wir können zusammen konzertant voll aufdrehen.

er ist ein künstler, wäre aber der allerletzte, der das von sich behaupten würde. deshalb nehme ich mir die freiheit, das bild, das er heute gemacht hat, zur allseitigen begutachtung vorzuzeigen.

dreifach salto

die ereignisse haben sich mehrfach überschlagen …

freitag nach der arbeit sind christopher & ich als wohleingespieltes trio bis in die nähe von würzburg gefahren und haben auf eine raststätte übernachtet. samstag früh weiter in die zweite etappe – zusammen fast 800 kilometer. gegen drei waren wir fast „zuhause“, als die dicke rote warnleuchte anzeigte: „fahrzeug nicht betriebsbereit“. das kühlwasser kochte und tropfte eifrig hinten links aus einem kaputten schlauch …

ich habe peter, den chef unserer werkstatt angerufen und um rat gefragt. wir haben dann mit flaschen 16 liter wasser eingefüllt, sind flugs über den berg von blankenstein die letzten kilometer gefahren und haben uns auf den heimischen hof gestellt. die werkstatt ist schräg gegenüber und peter hat den schaden in augenschein genommen und versprochen, gleich montag früh um halb acht einen mechaniker vorbei zu schicken …

brigitte hat christopher abgeholt, damit er endlich mal zu sich nach hause (in meine wohnung) kommen kann.

ich habe einen besinnlichen abend allein mit kramen & aufräumen verbracht und bin zu „maria“ gelaufen, einer dynastisch geführten pizzeria im industriegebiet. ich liebe das proletarische ambiente und haben „tortellini industriale“ gegessen.

nach & nach wurde mir bewuߟt, welches glück ich mit dieser panne hatte. ich malte mir die gleiche situation auf der autobahn im allgäu aus. der himmel war mir wohlgesonnen. besser gehts nicht.

am sonntag hat christopher stephan zum omnibus gebracht, den ich jederzeit freudig im omnibus willkommen heiߟe und der voriges jahr nur deshalb nicht am omnibus war, weil er in toronto war. gänzlich unverhofft hat er sich zwei wochen zeit genommen. wir hatten verabredet, das stirnband vom omnibus zu entfernen und den schmutz, der sich seit einem halben jahr dahinter gesammelt hat.

anschlieߟend sind wir in schönster eintracht nach bochum gefahren, haben lekker bei einem edel-vietnamesen gegessen und danach auf meine empfehlung „green book“ angeschaut, deutsch synchronisiert. ich hatte den film schon zweimal im original mit untertiteln gesehen und war positiv überrascht von der deutschen fassung. wir alle waren rundum zufrieden.

montag früh: sieben uhr aufstehen, coffee & cigarettes, und ab in die werkstatt, wo wir dann unser reguläres frühstück eingenommen haben, während unsere lady liebevoll & fachmännisch repariert wurde. eine ausgiebige probefahrt haben wir als gelegenheit genommen, durch die waschstraߟe zu fahren und voll zu tanken. christopher hat unsere fertige wäsche vorbeigebracht, frisch geduscht sind wir am frühen nachmittag nach norden aufgebrochen …

mit stephan bilde ich immer sofort ein trio.

prezzemolo

noch nie habe ich so vitale petrasilie am omnibus gehabt wie die, die ich vor zwei wochen in ingolstadt in thomas‘ garten mit meinem winzigen opinelmesser selbst geschnitten habe. keine gelblichen verfärbungen, keine aufgeweichten stengel – immer noch lekker.

also widme ich dieses bild in dankbarer erinnerung thomas zur freien verfügung.

am neptunbrunnen

wir erwachten bei wolkenlosem himmel – und dann ging hinter uns die sonne auf. im windigen schatten war es bitter kalt, aber gegen mittag reichten zwei schritte nach vorn, um wärme zu tanken.

wir hatten wenig publikum und haben zu zweit alles lokker geregelt. ein mann, der die hoffnung für deutschland vollkommen aufgegeben hatte, hat uns voller sympathie 20 euro in die hand gedrückt. und eine frau, der ich zwei oya-hefte geschenkt habe (nr. 50 & 51 – meine lieblinge), hat mir 50 euro gegeben.

die fetten schlitten sind mir weiterhin auf den

gegangen – für mich paߟt das mit dieser satten landschaft überhaupt nicht zusammen. die ureinwohner halten diese schönheit & fülle wohl für selbstverständlich und die natur für unverwüstlich.

und ich bin schon wieder ganz woanders.

zum abschied

heute morgen sind chiara & yunus – bepakkt wie kamele – weitergezogen. mit diesen multilingualen turteltauben klang unsere band ziemlich exotisch.

bei mörderischer kälte & widrigen umständen – der alltag lief ganz lokker nebenbei. ich hab mir unplanmäߟige freiräume gelassen und an meinen bildern gearbeitet. ich hab mich früher ins bett gelegt – ohne plan.

in vollem vertrauen auf diese einmalige band – herzlichen dank, ihr lieben!

die kalte soffi

am neptunbrunnen in kaufbeuren mit schwankungen zwischen 4 und 8 grad. brrr. wir waren mit allem versorgt und es ist sogar ein team von der „allgäuer zeitung“ gekommen. ich bin mit vielen jahren abstand zum zweiten mal hier und habe mir wahrscheinlich diesen platz ausgebeten, auf dem wir beim letzten mal nicht stehen konnten. jetzt hat es sich ergeben, daߟ wir jeden abend des platz wechseln müssen, da am donnerstag rund um den neptunbrunnen der wochenmarkt ist.

am markttag stehen wir auf dem platz, auf dem ich beim ersten mal gestanden habe – direkt neben einem niedlichen zollhäuschen:

direkt hinter dem häuschen verläuft eine viel befahrene ringstraߟe mit ampelanlagen & fuߟgängerübergängen. jetzt habe ich den ganzen tag auf protzige autos geschaut und mir kam in den sinn, daߟ alle diese tdi’s, bluetec’s, eco’s dreiste kriminelle betrugsfälle sind. je fetter, desto mehr. wer sich solche karren leisten kann, steht vom status her wenigstens in der mitte der gesellschaft – häufig auch mit unlauteren mitteln. jedenfalls sind sie eher täter als opfer. es ist so viel die rede von der auto-nation – angeblich ist das identitätsstiftend – da wundert es mich sehr, daߟ die stolzesten autofahrer es einfach hinnehmen, mit dem objekt ihres stolzes so betrogen zu werden. die müssen doch eine stinkwut haben …

heute war es ein grad wärmer gewesen. es ist ein irreales gefühl, bei dieser kälte im vor grüner vitalität sprühenden allgäu zu sein. routinen helfen da nicht weiter – ich lasse so viel wie möglich bleiben und denke an die meditierende kugeltaube:

und gehe früh ins bett.

tausend kilometer

von seiner heimat entfernt, hängt hier direkt neben dem omnibus ein plakat von patrick, vertrauensperson der trinkwasser-initiative in schleswig-holstein, die das erfüllteste omnibusjahr so schön eingeleitet hat. er ist ein richtiger mensch – uneitel & voll aktiv. anscheinend ist er der spitzenkandidat der piraten für die europawahl.

beim wählen kann es ja höchstens darum gehen, möglichst viele vertrauenswürdige menschen in die parlamente einzuschleusen. ich kann so viel vertrauen nur menschen schenken, die ich kenne & erlebt habe – so habe ich susanne wiest vorbehaltlos gewählt, als sie bei der bundestagswahl angetreten ist. und so hätte ich auch joseph beuys gewählt, wenn das möglich gewesen wäre.

patrick ist auch so ein mensch und ich erwäge, ihm bei der europawahl meine stimme zu geben.

ohne strategische hintergedanken.

wexelbad

in marktoberdorf war ich zum ersten mal – eine kleine kreisstadt mit wohl proportionierten, voluminösen häusern, die am schönsten mit einer dicken schneehaube aussehen – eine assoziation, die bei der dräuenden, dunkelgrauen wolkendecke des ersten tages wie von selbst auftauchte.

am zweiten tag war dann die sonne da und strahlend blauer himmel – single cashmere & nackte füߟe. wir haben die gelegenheit ergriffen, yunus für den omnibus zu taufen:

dann war der himmel plötzlich wieder ganz schwarz und eine art schnee-graupel-schauer kam hernieder. zur rettung von yunus‘ arbeit haben die jungs huckepack die schiene abgewischt:

und heute morgen, in kaufbeuren, sind wir fassungslos bei vier grad celsius aufgewacht …

unsere rettung

an den beiden abenden in marktoberdorf war dieses wunderschöne kino unsere rettung vor der kälte (die gasflaschen flutschen nur so durch). christopher hat es während der fahrt digital ausgekundschaftet. es ist denkmalgeschützt und lag jahrzehnte im dornröschenschlaf. eine kinoenthusiastin hat es wachgeküߟt – es wird von freiwilligen in betrieb gehalten – ein saal und fast jeden tag ein anderer film. am ersten abend lief ein film über renzo piano und ein meisterhaftes ensemble, das er in santander in die mitte der uferpromenade gebaut hat. mein inter-esse war voll entflammt, besonders weil renzo piano, der inbegriff eines eleganten, kultivierten italieners, in italienischer & englischer sprache ausführlich über seine arbeit und seine künstlerische entwicklung geredet hat – das war ein ohren- & augenschmaus.

am zweiten abend lief „yuli“, die geschichte eines schwarzen kubanischen ballettänzers, der ein weltstar wird und am ende als choreograf nach kuba zurückkehrt … schöne, sinnlich aufregende menschen, traumhafte bilder von havanna – da könnte ich mich sehr wohl fühlen.