ganz nach meinen wünschen

ladenburg ist ein bildschönes städtchen, das uns ganz herzlich willkommen geheiߟen hat – an dem modernen, voll mit der alten stadt verwaxenen rathaus war der omnibus auf einer anzeigetafel angekündigt:

überhaupt gab es schöne beispiele, alt & neu intelligent & fruchtbar zu kombinieren und das groߟe ganze lebendig zu halten.

die ganze altstadt besteht aus organisch gewaxenen einzelhäusern, die ihre unverwechselbaren stimmen in einer vielfältigen architektonischen sinfonie erklingen lassen.

dann gibt es noch den neckar, der hier besonders breit ist.

gestern abend war die band dort schwimmen. es herrscht eine affenhitze und ganz wenige menschen sind drauߟen unterwegs, aber vor dem omnibus habe ich fast den ganzen tag schatten. wir haben verstärkung bekommen von lisa & christopher, mit dem pia in den schrecklich kalten letzten wochen des letzten jahres mitgefahren ist.

die band gibt ihr bestes und wir nähern uns der 500er schwelle. abends kühlt es sich nicht ab und alle sind angenehm erschöpft & ermattet – wenn es sowas gibt.

morgen müssen wir um sechs uhr aufstehen, weil um acht der erste unterricht am carl benz gymnasium beginnt. herr benz hat hier die erste garage der welt gebaut.

bevor es zu spät ist

ich hinke mal wieder hinterher. jetzt haben wir schon zwei tage kampfsammeln hinter uns. pia & heinrich tun mir leid, weil sie plötzlich gezwungen sind, eine völlig andere art von arbeit zu machen – da bleibt die freiwilligkeit auf der strecke. ich kenne die schwelle zum kampfsammeln ganz genau. ich habe mich besonnen und die bezeichnung „kampfsammeln“ leuchtet mir mehr & mehr ein, wobei der kampf ein innerlicher ist – mit dem inneren schweinehund … weil ich nicht irgendwelche naseweisen algorithmen triggern will, nenne ich hier nicht das arabische wort dafür.

und wir hatten widrigste umstände – groߟstadt, massentourismus, massenstudenten: ahnungslose politikwissenschaftler, schnöselige juristen und eingetrocknete geisteswissenschaftler – die machen mich irgendwie wütend – ich hab weiߟ der himmel besseres zu tun, als mit denen zu verkehren. ich möchte die normalen heidelbergerinnen treffen und die sind hier nicht zu finden. also: nie wieder universitätsplatz.

bei dreiߟig grad im schatten standen wir in der prallen sonne – es war absurd. am ende des ersten tages hatten wir 103 unterschriften, vollkommen groggy sind wir nach der arbeit in ein kleines kino gegangen und haben „der pianist vom gare du nord“ angeschaut …

jeden abend sind wir ausgiebig durch die hübsche altstadt gebummelt und nachts hat es mich magisch zum neckar gezogen.

der zweite tag war noch heiߟer als der erste und wir haben uns auf 150 unterschriften gesteigert, besonders, weil pia ihrem herzen einen stoߟ versetzt hat. wir haben uns in der besten gelateria immer mal wieder eine kugel zitrone/basilikum geholt und am ende den stehtisch abseits vom omnibus in den schatten gestellt. als wir wegfuhren, wollten auf einmal mindestens fünf menschen noch schnell unterschreiben.

jetzt, um halb eins, bin ich froh, daߟ ich da weg bin …

im beschaulichen ladenburg, auf das ich mich schon länger gefreut habe …

LU:ST

könnte theoretisch ein autokennzeichen lauten in ludwigshafen, hauptstadt des kunststoffs. wir waren schockartig für einen tag da, winzig unter der prallen sonne.

ein härtetest, den die band lokker gemeistert hat – zuallererst sind wir zum rhein gelaufen …

das war der ausblick aus dem restaurant, in dem wir gegessen haben – untermalt von dramatischen wolkenformationen auf der mannheimer seite. der gröߟte teil der stadt besteht aus anlagen der chemischen industrie – in den wirtschaftswunderjahren ist die stadt total auf den autoverkehr zugeschnitten worden – mit hochstraߟen aus spannbeton, die inzwischen anfangen, zu zerbröckeln wie so viele autobahnbrücken aus dieser zeit. das ist eine interessante städtebauliche herausforderung und ich denke angeregt über lebensfreundliche umnutzungen nach …

unser ergebnis war nicht schlecht – wir haben unverdrossen das beste rausgeholt. auch weil wir uns die ganze zeit auf die comos gefreut haben, die alte dorfmühle in auerbach ist eine unserer lieblingskarawansereien.

astrid & toni haben uns mal wieder schlaraffenlandmäߟig verwöhnt – und am samstag abend zu einem lekkeren essen oben in ihrer wohnung eingeladen. wir konnten uns ganz in ruhe über alles austauschen. es freut mich ungemein, daߟ die beiden den betrieb der dorfmühle an ihren jüngsten sohn übergeben haben, der mit jugendlichem schwung eingestiegen ist. die freiräume, die sich astrid & toni damit geschaffen haben, tuen ihnen sichtlich gut. in früheren jahren haben sie rund um die uhr gearbeitet.

gut erholt und mit allem versorgt sind wir heute nachmittag nach heidelberg gefahren …

remix

dies ist mein remix einer datei, die pia mir geschenkt hat – das bildet schön die sinnliche dramatik meines alltags ab und ist gleichzeitig biografisch aufgeladen – der geliebte rhein, mein schicksalsfluߟ usw. usf.

vorigen herbst hat sie mir dieses regenbogenbild geschenkt – in meiningen, unter widrigsten umständen. dafür nenne ich sie „meinen sonnenschein“

die band ist in traumhaftem einklang. da kann die sonne noch so knallen. ich finde diese beiden „engel“ erstaunlich & bewundernswert: der 16-jährige heinrich ist übergangslos voll eingestiegen. ich erlebe bei ihm eine souveränität, die ich bei den meisten „erwachsenen“ bitter vermisse. und mir wird klar, daߟ souveränität ohne identität nicht zu haben ist. wer nicht bedingungslos für sich selbst gerade stehen kann, kann ja auch nicht seine volle verantwortung für das GANZE übernehmen. deshalb ist auch „identität“ so ein vergiftetes reizwort geworden, das alle möglichen gruppen für sich reklamieren. dabei ist „identität“ jeweils etwas einzigartig subjektives.

musikalisch gesehen ist heinrich für mich auch als saxofonist (?!) ganz besonders interessant.

hoch sollen sie leben!

theoretisch

hätte es in schifferstadt ganz furchtbar werden müssen – ein gänzlich unspektakuläres & gesichtsloses städtchen, platt wie eine flunder und ohne echte mitte. an langen parallelstraߟen reihen sich wie perlenschnüre gleichförmige zweieinhalbstöckige häuser in freudloser wiederholung. wir haben uns beim ersten anlauf festgefahren … heinrich hat mich auf weitläufigen umwegen um die ganze stadt herum zur einzigen zufahrt auf unseren platz gelotst.

von daniel, einem polen, den wir in neustadt kennengelernt hatten, waren wir ausdrücklich vor schifferstadt gewarnt worden. er lebt seit sieben jahren dort und hat uns alle mögliche hilfe angeboten, aber er sah schwarz. auf meinem ersten abendspaziergang habe ich das alte & das neue rathaus gefunden – die bilder sagen mehr als tausend worte:

dabei sind wir ganz freundlich & wunderfitzig empfangen & bestaunt. worden. ich habe nachts geschrieben und an meinen bildern gearbeitet. es war heiߟ und gestern gab es ein gewitter.

mit unserer arbeit waren wir in zwei tagen viel erfolgreicher als in den vier tagen in neustadt, dem von allen seiten reklamierten symbolort der demokratie. das artet schon in massentourismus aus.

ich hatte mir dieses städtchen ausdrücklich gewünscht und alle meine ahnungen sind in erfüllung gegangen. der feiertag heute hat dem ganzen aufenthalt eine besondere note gegeben. am liebsten wäre ich noch eine woche geblieben. pia & heinrich ging es genauso. in der hitze haben wir uns üppige salate einverleibt.

ein technisches problem mit dem ladewandler hat sich durch zauberei erledigen lassen und mich nicht aus der ruhe bringen können.

unser polnischer freund daniel hat viel zeit mit uns am omnibus verbracht und uns überschwänglich alle möglichen dienstleistungen angeboten. er war total überrascht von den resonanzen, die der omnibus in „seiner“ stadt ausgelöst hat. gestern abend hat er pia & heinrich an einen badesee gefahren.

ich bin rundum zufrieden mit diesem auftritt und danke freya dafür, daߟ sie meine wünsche erhört hat.

brüllende sonne

die letzten tage brannte uns die sonne auf die pelle, wenn wir keinen schatten hatten. die kleider klebten. jeden tag habe ich zwei kugeln bio blutorange mit sahne verspeist.

ich sehe märchenhafte bilder:

gute nacht allerseits

heinrich & helene

das sind meine eltern, heinrich & helene, freundlich & zuversichtlich dreinblickend – wenn ich an sie denke, versuche ich, mich in ihre vormalige gegenwart zu versetzen und ihre entwicklung wohlwollend nachzuvollziehen.

am anfang der diesjährigen tour habe ich die siebzehnjährige helene kennengelernt, die mir erzählte, daߟ sie in den wochen im hambacher forst mehr gelernt habe als in ihrer gesamten schulzeit. sie war mir ungemein sympathisch und ich habe mir auszumalen versucht, wie sie sich wohl unter den lebensumständen meiner siebzehnjährigen mutter (nazis & krieg & unangemessen viel verantwortung für den rest der familie einschlieߟlich der traumatisierten eltern) entwickeln würde. und umgekehrt …

jetzt kann ich dieses gedankenspiel im hinblick auf heinrich, meinen vater, vollziehen mit dem sechzehnjährigen heinrich aus saxen. das hilft mir sehr, jeglichen groll gegen meine eltern fahren und sie in frieden ruhen zu lassen.

die erlösung

kam dieses jahr erst am wochenende nach pfingsten …

am sonntag kam heinrich aus dem erzgebirge, sechzehn jahre alt. und mir fiel ein stein vom herzen. er erinnert mich sehr an christopher, der auch als sechzehnjähriger zuerst aufgetaucht ist und zur zeit in meinem zimmer wohnt. heinrich war sofort voll da, hellwach & wunderfitzig. im lauf der jahre werden mir die säxinnen & saxen immer sympathischermeine zeit mit yunus in saxen und meinen besuch der leipziger buchmesse habe ich in lieber erinnerung. als ich so alt war wie heinrich, waren die saxen für meine erfahrung unerreichbar wie auf einem anderen stern. mit heinrich lerne ich gerade ein wahres prachtexemplar kennen.

am montag abend kam pia und wärmte unsere herzen mit ihrem sonnigen gemüt. diese einmalige band hat einen brasilianischen groove. mir fällt dazu „the girl from ipanema“ ein und der bossa nova.

besser gehts nicht!

vollmond

das will ich zum anlaߟ nehmen, mich noch einmal ausdrücklich bei wilma zu bedanken für ihre mutige bereitwilligkeit & schnelle auffassungsgabe, was die praktischen notwendigkeiten des lebens angeht. sobald sie die abläufe verstanden hat, brauchte ich ihr nichts mehr zu erklären und konnte mich wunderfitzig dem leben & der welt überlassen. ich hätte sie am liebsten mal als viertes rad am wagen mit einer eingespielten band beim „praktischen sammeln“ (friedfertig für „kampfsammeln“) dabei und bin mir sicher, daߟ sie aufblühen und total hilfreich sein würde.

ich habe jedenfalls schwesterliche gefühle entwikkelt …

dieses mal ist michael für johannes eingesprungen und hat am freitag abend unter der überschrift „identität“ einen vortrag gehalten, der interessante turbulenzen hervorgelockt und veranschaulicht hat, wie ideologisch der begriff „identität“ besetzt ist – drei menschen haben lauthals protestierend den raum verlassen, obwohl michael vor aller augen ein aus vollem herzen kommendes lied gesungen hat. sie konnten ihn nicht hören.

ich bin immer froh, wenn michael mal im omnibus schläft – wir sind in fast komplementärer weise jeweils voll auf unseren posten, mit wenigen analogen berührungspunkten, die dann umso kostbarer sind. wenn wir gemeinsam entwürfe machen, sind wir gleich ein trio und im omnibus ist er sofort voll synkronisiert.

nach dem ringgespräch am samstag vormittag sind wir noch entspannt durch die altstadt gebummelt und haben in der besten gelateria ein lekkeres eis gegessen (ich zwei kugeln bio blutorange mit sahne). anschlieߟend hat michael wilma bis nach düsseldorf in seinem auto mitgenommen.

lebt wohl, ihr beiden & danke für alles.

sono solo

ich bin allein in neustadt an der weinstraߟe nach zwei prall gefüllten tagen und gebe mich einer seltsamen stimmung hin mit oszillierenden ambivalenzen.

im vorigen sommer war ich auch hier und habe stefanie, olaf & yonas kennengelernt (johannes hatte in der „kantine 16“ neben dem hauptbahnhof einen vortrag mit einem gespräch am nächsten tag). ich habe meinen aufenthalt – trotz widriger umstände – als anregend & lebendig in erinnerung. viele bilder sind entstanden und ich habe ausführlich über den eigenartigen bahnhof berichtet.

da stehen wir: der omnibus & ich, allein auf weiter flur. morgen kommt ein 16-jähriger schüler, den ich nicht kenne, um mich über die runden zu retten.

jetzt stehen mir noch drei tage bevor – der sonntag hier an der „kantine 16“, ein weiterer tag auf dem marktplatz und ein tag vor dem hauptbahnhof …