nochmal rückwärts

nach dem langen wochenende waren wir in hückelhoven auf einem gut geeigneten platz, den uns wilma (omi da lang 2) besorgt hatte – oben ein suchbild. wir standen vor dem alten rathaus – und den ganzen tag fuhren autos & busse auf einer einbahnstraße im spaziergängertempo an uns vorbei. um meinen rücken zu schonen, bitten wir immer passanten, an unserem stehtisch anzupacken, was sie dann auch nutzen, um mit uns ins gespräch zu kommen. die menschen in diesen kleineren städtchen sind regelrecht dankbar, wenn wir mit dem OMNIBUS auftauchen …

in all den bisherigen orten waren wir zum ersten mal. nach hückelhoven waren zwei tage in erkelenz geplant, auf einem sehr zugigen platz in der nähe des bahnhofs, von dem aus es geradewegs ins zentrum führte, das zwar ganz hübsch, aber voller baustellen war. zu der zeit, als uns die sondernutzungserlaubnis erteilt wurde, konnte der bearbeiter noch nicht wissen, daß am zweiten tag genau auf unserem platz der wochenmarkt stattfinden würde, weil der marktplatz gerade umgebaut wurde. dem durchaus hilfsbereiten sachbearbeiter, der sich kleinlaut bei uns entschuldigt hat, ist es nicht gelungen, einen platz für den freitag zu finden …

und wir haben spontan entschieden, noch eine nacht auf unserem luxus-wohnmobilplatz zu verbringen, wo wir wie alte freunde begrüßt wurden.

am freitagnachmittag sind wir dann für das wochenende zur alanus hochschule in alfter gefahren, die im lauf der jahre schon eine richtige OMNIBUS haltestelle geworden ist. dort hatten wir eine eigens für uns programmierte schlüsselkarte, mit der wir auch über nacht zugang zu toiletten & dusche hatten. es ergaben sich neugierige gespräche mit dozenten, studenten & besuchern …

außerdem haben wir die gelegenheit genutzt, elias zu beschnuppern, einen studenten, der ab morgen (12.05.23 – joseph beuys‘ geburtstag) im OMNIBUS mitfährt und später auch für eine längere zeit mitfahren will. er scheint ein echter glückstreffer zu sein, denn wir sind sofort in einen interessanten groove geraten. mir ist ein stein vom herzen gefallen.

sonntag nachmittag sind wir am rhein entlang bei wolkenbruchartigem regen über koblenz ins schöne mayen gefahren und ich mußte die ganze zeit an eine ähnliche fahrt auf dieser strecke denken, während sich – wie wir später erfuhren – die katastrophale überschwemmung von rur, erft & ahr ereignet hat (also in der gleichen gegend, in der wir bisher unterwegs waren). in mayen haben wir dann erfahren, daß sich dieses mal tatsächlich im westerwald ein ähnliches unwetter ereignet hatte.

ja, kunst – ich meine das ernst

heute morgen habe ich einfach so ausprobiert, ob ich nicht wieder selbst hier in der vertrauten weise schreiben kann – und konnte mein glück nicht fassen …

… auch jetzt noch nicht, nachdem ich so viel geschrieben habe – und ich spüre, wie heilsam das schreiben für mich ist – da vergesse ich sogar meine rückenschmerzen …

und kann mich hoffentlich allmählich meinen anderen prioritäten zuwenden, die noch wie ein weites feld vor mir liegen …

heilige oase

nach einer reihe glücklicher zufälle sind wir – endlich regine & ich allein – am langen wochende vor dem ersten mai auf einem sehr komfortablen wohnmobilplatz gelandet, mit dem wir überhaupt nicht gerechnet hatten. vor einer schon für die nacht geschlossenen schranke. die betreiber hatten überstunden gemacht und waren noch auf dem gelände. sowas wie unseren OMNIBUS hatten sie noch nie gesehen und kamen mit kindlicher neugier gelaufen – und haben uns gleich reingelassen – es gab noch genau einen platz, auf den der OMNIBUS paßte.

wir waren mit allem versorgt einschließlich waschmaschine – wir hatten eine menge bettwäsche, denn wir waren eine woche zu fünft im OMNIBUS – aufgrund eines mißverständnisses – diese stressige woche gipfelte darin, daß ich in der nacht feststellte, daß die gasflasche leer war – und wütend im dunklen zwei leere flaschen entfesselt und herausgewuchtet habe und anschließend vor allem zwei sauschwere volle flaschen runtergeschleppt und umständlich hineingewuchtet habe – beleuchtet mit einer taschenlampe. dabei habe ich mir meine filetstücke gerissen und ungeahnte rückenschmerzen erlitten – zum ersten mal in meinem leben! ich vermute: wenn ich mein oft propagiertes motto: „immer schön lokker bleiben“ besser beherzigt hätte und nicht so wütend gewesen wäre, hätte ich mir das ganze elend sparen können – aber ich fühlte mich von allen guten geistern verlassen mit meinen oszillierenden prioritäten.

was besseres hätte uns nicht passieren können – die drei tage waren die ultimative kur für alle beteiligten wesen.

denn mit regine arbeite ich in perfekter einmütigkeit zusammen, obwohl wir oft völlig unterschiedlicher meinung sind. wir streiten nicht. allein ihr lachen ist gold wert. das symbiotische zusammenspiel mit dem OMNIBUS läuft mühelos und ohne viele worte. und wenn der OMNIBUS sein wohlbehagen ausdrücken könnte wie eine zufriedene katze, hätte er die ganze zeit geschnurrt: alles blitzt & strahlt in voller schönheit. wir dienen intrinsisch dem größeren ganzen und ernten die volle bandbreite des lebens …

das ist soziale praxis als kunst!

besser gehts nicht.

salto rückwärts

ans andere ufer der kronologie:

nach heinsberg waren wir in viersen-dülken – in der periferie meiner alten heimat. auch da war ich noch nie mit dem OMNIBUS – ich fühlte mich tief verbunden.

dort mußten wir uns umstellen, nachdem ich mich – für meine verhältnisse sehr früh ins bett gequält hatte mit höllischen rückenschmerzen.

aber wir ließen

uns nicht

verdrießen

salto mortale

ins jetzt & hier: drei tage mayen – 8. bis 10. mai – ein nettes städtchen in der eifel. ein schöner weitläufiger platz, auf dem wir uns bisher dreimal umstellen mußten – vor dem frühstück! und so von allen seiten zu sehen waren.

wie immer beim ersten mal sind die menschen gleichzeitig scheu und brennend neugierig. in weitem umkreis wird über den OMNIBUS geredet. mit den mutigsten ergeben sich die schönsten gespräche & unverhoffte verwandtschaften. die stimmung ist freundlich & gelassen. das wetter wexelhaft mit regen. ich kann kaum glauben, daß ich offenbar wieder selbst direkt hier schreiben kann – dies hier ist erst der richtige test …

lieber joshua,

danke – ich weiß noch nicht, ob ich die lükken überhaupt noch kronologisch füllen will – es passiert so viel und die lükken werden immer größer – wie wär’s, wenn immer dann, wenn ich nicht schreibe, wenigstens ein bild & datum von diesem standort eingefügt würde – ich würde dir die wahl lassen …

ich will dir nicht auf den wecker gehen oder dich bedrängen – mir ist klar, daß du auch einen harten streifen laufen hast, der dich schon so völlig in anspruch nimmt.

aber ich habe ja auch von meinen oszillierenden prioritäten gesprochen, zu denen noch hinzugekommen ist, daß ich mir unter höllischem stress böse den rücken gezerrt habe. die filetstücke rechts & links der wirbelsäule. ich hatte noch nie was am rücken. da kann ich ja nicht besonders lokker gewesen sein. ich bin wütend auf mich und humpele unter schmerzen herum wie ein alter mann – da bin ich nicht in der stimmung, menschen anzusprechen und um geld zu bitten. gleichzeitig muß ich ja nach außen hin voll dem publikum zugewandt sein und für gute laune sorgen. ich kann mir also überhaupt nicht leisten, krank zu sein.

da ist für mich das schreiben ein heilmittel, das mir über die runden hilft – und außer telefonieren auch das geeignetste medium – nach dem motto: so analog wie möglich.

ich schlage vor, daß du diesen ausführlichen brief, den ich dir von herzen gern geschrieben habe, einfach als schönes intermezzo in den blog einfügst, um allen zu zeigen, daß wir voll bei der sache sind und wunderbar zusammenarbeiten.

ein dreifaches hoch für joshua !

weizen statt kies zweiter teil

das wetter besserte sich – es hörte auf zu regnen und nach & nach kam immer mal wieder die sonne durch, was jedes mal ein rechter jahreszeitenhüpfer war, denn wenn sie wieder weg war, fing das große frieren wieder an.

obwohl unsere gastgeber in ihren normalen arbeitsalltag eingespannt waren, haben sie uns liebevoll betreut und immer waren mindestens zwei von ihnen am OMNIBUS, um ihren mitbürgern die hintergründe & auswirkungen des kiesabbaus zu erklären. es hat mir viel freude gemacht, mich mit allen einzeln anzufreunden, denn sie haben sich auch wirklich ernsthaft für unsere arbeit interessiert und mich neugierig begutachtet.

ich habe ehrlich über unseren finanzcrash gesprochen und eine unglaubliche großzügigkeit erfahren, die balsam für meine geschundene seele war: spontan sind jährliche förderbeiträge in höhe von 450 euro gezeichnet worden; einer hat mir ohne weiteres einen 100 euro schein in die hand gedrückt (neben einer ganzen reihe kleinerer beträge für unsere spendendose); wir haben für 40 euro bücher verkauft; claus hat nicht nur mit seinem auto aus dem baumarkt zwei neue gasflaschen besorgt, sondern einfach abgewunken, als ich ihm die 50 euro dafür zahlen wollte; und zu guter letzt wurde uns vor der abfahrt von der enkelin von claus ein briefumschlag überreicht, in dem eine schöne, von allen unterschriebene karte steckte und 190 euro in kleinen scheinen.

den krönenden abschluß bildete eine fahrt zum haus von suse & klaus, wo wir unseren wassertank auffüllen konnten. klaus & claus & seine enkelin sind im OMNIBUS mitgefahren und die anderen in ihren autos hinterher – unser auftritt hat in der nachbarschaft großes aufsehen erregt – und – wie wir inzwischen erfahren haben – viele neugierige fragen ausgelöst.

und der abschied hätte schöner nicht sein können – alle haben gewunken & gestrahlt … ich war mit diesen drei aktionstagen rundum glücklich & zufrieden.

weizen statt kies

das sind suse & klaus krenkers. klaus ist der bruder von brigitte, die vor 36 jahren die folgenreiche idee hatte, den OMNIBUS FÜR DIE DIREKTE DEMOKRATIE ins rollen zu bringen. nebenbei stellte sich heraus, daß beide in den universitätskliniken in düsseldorf arbeiten, wo ich vor über 50 jahren einen teil meines zivilen ersatzdienstes absolviert habe.

sie sind mitbegründer einer bürgerinitiative, die sich gegen einen plan richtet, auf über 100 hektar kies abzubaggern, was die umgebung von zwei ortsteilen von heinsberg vollständig und für immer brutal zerstören würde. das in einer landschaft, in der es sowieso schon viele baggerlöcher gibt. die roten kreuze auf ihren t-shirts sind die embleme ihres widerstands und stehen in den betroffenen ortsteilen vor jedem haus – und standen während unserer drei aktionstage auch vor dem OMNIBUS.

die aktion begann unter widrigsten umständen: es war scheußlich kalt und hat erbarmungslos geregnet. das hat sich insofern als vorteil erwiesen, als sich die aktivisten, zwei cdu-bezirksvorstände, ein sachbearbeiter aus der verwaltung, eine aufmerksam zuhörende redakteurin der tageszeitung und wir in den OMNIBUS quetschen mußten, daß alle scheiben beschlugen und eine anregend intime atmosfäre entstand, in der sich alle bangen erwartungen, was unsere arbeit angeht, leicht auflösen ließen. das ist eine erfahrung, die ich immer wieder mache – wenn die menschen den OMNIBUS endlich erleben und mich kennenlernen, fällt ihnen ein stein vom herzen.

es hat mich sehr beeindruckt, daß es der initiative gelungen ist, den stadtrat, der ursprünglich für den kiesabbau war, durch informationsveranstaltungen und eine unterschriftensammlung davon zu überzeugen, daß dieser abgehobene plan einen ewigkeitsschaden in der gemeinde verursachen würde. der bürgermeister hat inzwischen ausdrücklich erklärt, daß er keinem kiesabbau zustimmen würde. nun gilt es, zu verhindern, daß auf der übergeordneten ebene des regierungsbezirks und des landesentwicklungsplans keine tatsachen geschaffen werden, denn wenn eine schaufel abgebaggert wird, ist es zu spät.

für mich, der ich diese beiträge nur umständlich über joshua veröffentlichen kann, wird es jetzt auch zu spät, weshalb ich hier nur noch ein paar bilder von unserem standort in heinsberg anhänge, um hoffentlich morgen meinen bericht über die aktionstage fortzusetzen …